Kommentar:Das Land der 80 Millionen Virologen

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Die Impfkampagne läuft auch im Landkreis Ebersberg eher schleppend. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Niemand ist sich in diesen Tagen über irgendetwas einig, die Bedingungen mehr als schwierig. Trotzdem geben die Verantwortlichen im Landkreis Ebersberg ihr Bestes.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

80 Millionen Bundestrainer fordern defensiveres, offensiveres, schnelleres und ruhigeres Spiel: So hat das Satiremagazin Der Postillon mal die verschiedenen Meinungen recht gut zusammengefasst. Das Interesse an Fußball ist ja nun zeitweise etwas in den Hintergrund getreten, weil seit gut einem Jahr etwas anderes Kugelförmiges das Weltgeschehen dominiert: das Coronavirus. Auch viele der 80 Millionen Bundestrainer konzentrieren sich jetzt gern auf dieses Thema und wissen genau: Man müsste mehr wagen! Oder viel weniger! Schulen öffnen! Oder auf jeden Fall schließen! Der Impfstopp für Astra Zeneca ist ein Skandal - oder doch eher, dass dieses Vakzin jemals zugelassen wurde? Die 80 Millionen Virologen sind sich da nicht ganz einig.

Eins ist klar, in einer völlig neuen Situation wie dieser Pandemie werden Fehler gemacht, viele Fehler. Umso beeindruckender ist es, was die Akteure vor Ort leisten. Das war am Anfang beim Aufbau der Test-Infrastruktur so - und ist jetzt, wenn es ums Impfen geht, ähnlich. Denn die Lage ist, um es freundlich auszudrücken, unübersichtlich: Impfstoff kommt oder kommt nicht, und welcher letztlich geliefert wird, überrascht immer wieder. So mancher Landkreisbürger verlässt pöbelnd die Impfkabine, weil er nicht sein bevorzugtes Vakzin erhält. Die Mitarbeiter der Telefonhotline werden beschimpft, wenn sie manchmal schlicht keine verlässlichen Auskünfte geben können - weil sich einfach alles ständig ändert. Mal soll diese Personengruppe bevorzugt geimpft werden, dann rutscht auf einmal wieder eine andere nach vorn.

Alle diese Herausforderungen müssen mit Hilfe von IT-Programmen bewerkstelligt werden, denen man anmerkt, dass sie hastig und nicht mit dem nötigen Fachwissen entwickelt wurden. Wer angesichts dieser Lage als Verantwortlicher einen Wutausbruch bekäme wie einst Giovanni Trapattoni, dem könnte man das wirklich nicht verübeln. Spritze leere!

Stattdessen machen die Verantwortlichen im Impfzentrum, in den Teststationen, im Landratsamt, bei den sozialen Organisationen einfach immer weiter, versuchen ihr Bestes, werden kreativ, suchen täglich nach Lösungen für immer neue Probleme. Auf diese Weise haben inzwischen immerhin schon zehn Prozent der Landkreisbürger mindestens eine Impfdosis erhalten, das liegt über dem deutschlandweiten Schnitt von 8,2 Prozent. Zumindest in der Kreisklasse ist Ebersberg also ganz gut dabei.

© SZ vom 18.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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