Kirchseeon:Verhaltener Frohsinn

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Der Markt Kirchseeon könnte finanziell doch besser durch die Corona-Krise gekommen sein, als zunächst befürchtet. Grund zur Erleichterung ist das aber nicht, denn die schwierigen Entscheidungen stehen erst noch an

Von Andreas Junkmann, Kirchseeon

Die Corona-Krise hat nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen, sondern auch auf das Ansehen einzelner Berufsstände. Während etwa Virologen in der Pandemie zu wahren Superhelden stilisiert wurden, kam kommunalen Finanzexperten zunehmend die Rolle der Unglücksboten zu. Insofern dürfte dem ein oder anderen im Kirchseeoner Gemeinderat Böses geschwant haben, als in der jüngsten Sitzung am Montagabend mal wieder Christiane Prosser den Platz neben Bürgermeister Jan Paeplow (CSU) einnahm. Doch die Kämmerin überraschte das Gremium mit halbwegs positiven Nachrichten.

"Die Entwicklung ist gar nicht so schlecht, wie befürchtet. Wir sind sehr gut weggekommen", sagte die Kirchseeoner Finanzchefin mit Blick auf die aktuelle Haushaltslage des Marktes. Diese ließ sich nun erstmals grob einschätzen, da die vorliegenden Zahlen eine Hochrechnung für das restliche Jahr möglich machen. Und da sieht es für die Marktgemeinde unterm Strich tatsächlich nicht allzu schlimm aus. Prosser zufolge liege die erwartete Einkommenssteuer etwa eine halbe Million Euro unter dem Planansatz. Bei der Grunderwerbssteuer betrage das Minus rund 400 000 Euro, und von ursprünglich eingeplanten 2,2 Millionen Euro Gewerbesteuer könnte die Gemeinde nach jetzigem Stand rund 1,6 Millionen Euro einkassieren. Man erwarte sich hier aber einen Ersatz vom Freistaat, so Prosser. Der Fehlbetrag in der Kasse dürfte also geringer ausfallen. Das Fazit der Kämmerin deshalb: "Das Rechnungsergebnis 2020 wird gut ausschauen."

Soweit war es das am Montagabend aber mit den guten Nachrichten, denn Prosser musste auch wieder das Bild der Unglücksbotin bedienen. Man dürfe sich nicht, schränkte die Finanzexpertin ein, von dem Ergebnis täuschen lassen. Immerhin seien im laufenden Jahr auch viele Maßnahmen nicht umgesetzt worden. "Deswegen ist das Geld noch da." Klar sei deshalb, dass man die Ausgaben nur verschoben habe. Wirkliche Einsparung hingegen seien nur schwer umzusetzen, vor allem mit Blick auf den Verwaltungshaushalt. Dieser dürfte nach derzeitigem Stand der Dinge in 2021 um 1,5 Millionen Euro geringer ausfallen, als in diesem Jahr. Die laufenden Kosten aber werden nicht weniger werden. Wie Prosser erklärte, würden dabei vor allem die Kreisumlage, Zuschüsse und Zuweisungen, Personalausgaben sowie Verwaltungskosten zu Buche schlagen - alles Ausgaben, auf die die Gemeinde nur wenig Einfluss hat. Oder wie Prosser sagte: "Wir können ja nicht einfach im Rathaus die Leute ausstellen."

Gespart werden muss also an anderer Stelle. Wo das der Fall sein wird, das müsse man sich in der Verwaltung genau anschauen, um diejenigen Bereich zu identifizieren, die am wenigsten schmerzen, wie Christiane Prosser sagte. Auch Bürgermeister Paeplow versicherte, dass er stets ein wachsames Auge auf die Ausgaben in seinem Haus habe. Gleichzeitig müsse man sich aber auch Gedanken um die Einnahmen machen. Er werde deshalb Kontakt mit dem Landratsamt aufnehmen, um gemeinsam einen Weg zu finden, wie man möglicherweise Gewerbe besser am Ort platzieren könne. Auch Dinge, die früher gut gelaufen sind, müssten in diesen Zeiten hinterfragt werden, so Paeplow.

Dazu zählen, wie sich am Montag in der Sitzung zeigte, auch Anträge von Vereinen und Institutionen, die vor Corona ohne großes Hinterfragen abgenickt worden wären. So hatte die Marktkapelle um einen Zuschuss für die Anschaffung von Blasinstrumenten gebeten, das evangelische Pfarramt wollte eine kleine Unterstützung zur Sanierung der Johanneskirche. Vor allem letzterer Antrag hatte sich bis zur Sitzung im Grunde genommen bereits erledigt, weil das Pfarramt genügend Spenden gesammelt hatte, um die Wiederherstellung des Kirchendaches selbst zu bezahlen. Dennoch plädierten Bürgermeister Paeplow und Kämmerin Prosser dafür, beiden Gesuchen - insgesamt rund 3500 Euro teuer - zuzustimmen. Das sei nur fair, schließlich habe man vergleichbaren Anträgen bisher immer stattgegeben. Aber auch hier musste Prosser ein letztes Mal als Unglücksbotin auftreten: Im Zuge der Haushaltsplanung müsse man darüber nachdenken, solche Zuschüsse künftig runterzufahren.

© SZ vom 18.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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