Kirchseeon:Griechische Wirte erhalten Drohbriefe

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Gemischte Gefühle: Die Kirchseeoner Wirtsleute Elza Athanasiou und Paskalis Hatzopoulos wurden beschimpft, erfahren aber auch viel Unterstützung. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Sie werden als Lügner, Betrüger und Steuerhinterzieher beschimpft: Seit drei Wochen erhalten Elza Athanasiou und Paskalis Hatzopoulos anonyme Schreiben. Die Polizei ermittelt. Am Donnerstag findet eine Solidaritätsveranstaltung statt.

Von Anja Blum, Kirchseeon

Es ist offenbar ein Einzelfall, aber ein besonders trauriger: Die Wirtsleute des "Athos" in Kirchseeon sind mehrmals anonym bedroht und beschimpft worden, per Post und Telefon - einfach, weil sie Griechen sind. Doch Elza Athanasiou und Paskalis Hatzopoulos stehen beileibe nicht alleine da: Freunde haben eine Solidaritätsbekundung organisiert, die an diesem Donnerstag, 19. März, von 18 Uhr an im Athos stattfindet. Es werden weit mehr als hundert Kirchseeoner erwartet.

Den ersten Drohbrief haben Athanasiou und Hatzopoulos vor etwa drei Wochen erhalten. Darin stand, dass Griechen "Schwindler, Lügner, Betrüger und Steuerhinterzieher" seien. "Wir brauchen solche Leute nicht bei uns!"

Wenig später flatterten zwei weitere, ausführlichere Briefe mit konkreteren Drohungen ins Haus. Der Verfasser schreibt, dass er und "viele andere" bezweifelten, dass die Kirchseeoner Wirtsleute ihre Einnahmen "auf Euro und Cent" versteuerten. "Ich jedenfalls und gewiss fast alle Kirchseeoner werden künftig einen großen Bogen um Ihr Lokal machen." Außerdem gab es, wie Wirtin Athanasiou erzählt, mehrere anonyme Anrufe, teils spätabends. Mal habe sie jemand als "Schweine" beschimpft, mal sei nur ein seltsames Pfeifen zu hören gewesen.

"Wäre es nur ein einziger Brief gewesen, hätten wir sicher darüber hinweggesehen, aber das war einfach zu viel", sagt die Wirtin, die seit elf Jahren in Deutschland lebt und arbeitet. Das "Athos" betreiben sie und ihr Mann seit drei Jahren. "Jemand mag uns nicht, weil wir Griechen sind - das ist nicht fair", so Athanasiou. "Wir investieren hier unser Geld, haben Angestellte, zahlen Steuern - wir sind die Falschen."

Konkrete Ängste habe sie wegen der Drohungen zwar nicht, doch eine gewisse Unsicherheit verspüre sie doch. "Dabei war gerade die Sicherheit in Deutschland immer sehr wichtig für uns." Nun begleitet die 46-Jährige ihren Sohn wieder zur Schule: "Ich bin einfach lieber bei ihm."

Außerdem hat das Paar mittlerweile die Polizei und einen Rechtsanwalt eingeschaltet. "Wir tun alles, um der Täter habhaft zu werden", verspricht Anwalt Helmut Magis. Über den Stand der Ermittlungen will er keine Auskunft geben, genauso wie die Polizei. Aus der Ebersberger Inspektion ist nur zu erfahren, dass bislang keine weiteren vergleichbaren Fälle bekannt sind.

Das bestätigen auch andere griechische Restaurantbesitzer aus dem Landkreis. Sie berichten von etlichen Diskussionen über die Euro-Krise und die Verwerfungen zwischen Deutschland und ihrer Heimat, aber von Streit oder Anfeindungen könne keine Rede sein, so der Tenor.

"Das sind alles friedliche, ganz normale Gespräche", sagt etwa Konstantinos Manassis vom "Afrodite" in Poing. Er lebt seit 33 Jahren in Deutschland und kann die Argumente beider Seiten gut verstehen. Mit einer großen Einschränkung: "Was haben die griechischen Bürger, was haben unsere Restaurants mit der Politik zu tun?" Gar nichts, meint Manassis, weswegen er für persönliche Angriffe wie in Kirchseeon absolut kein Verständnis habe.

Ähnlich geht es Konstantinos Akrivis vom Restaurant Orfeas in Grafing Bahnhof, der ebenfalls schon lange in Deutschland lebt. "Ich habe es schwer, denn in Griechenland muss ich die Deutschen verteidigen - und umgekehrt. Und jeder schimpft auf mich", sagt er. "Unsere Gäste und das deutsche Volk sind unsere Freunde", sagt auch Konstantinos Pathekas vom "Mythos" in Markt Schwaben, aber Idioten und Betrüger gebe es eben überall. "Leider, leider, leider."

Die Solidaritätsbekundung an diesem Donnerstag organisiert hat Nadine Chamberlain, eine Freundin der Wirtin. "Wir haben die Idee auf verschiedenen Kanälen im Internet verbreitet, so dass wir den Überblick verloren haben, wie viele kommen wollen", sagt sie. "Doch es werden sicher weit mehr als hundert." Mit so einer Resonanz haben weder die Organisatoren noch die Wirte gerechnet. "Aber es ist ein sehr schönes Gefühl, so viel Unterstützung zu erfahren", sagt Athanasiou.

© SZ vom 19.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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