Kirchseeon:Beispielhaft

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Die ehemalige Eisenbahnersiedlung in der Koloniestraße wird als 18. Baudenkmal in Kirchseeon ausgewiesen. Sie ist ein wichtiges Zeugnis des Wohnbaus im frühen 20. Jahrhundert.

Von Katharina Blum

Noch heute sind Sprossenfenster, Erker, Balkone und Holzverkleidungen aus der Bauzeit der Eisenbahnersiedlung erhalten. Christian Endt (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Ein Schloss oder vielleicht noch eine Burg, unter einem Denkmal hat sich Kirchseeons Bürgermeister Udo Ockel eigentlich immer solche Gebäude vorgestellt. Groß, mächtig, pompös. Wer die Liste der Baudenkmäler der Marktgemeinde durchforstet, findet dort zwar auch repräsentative Gebäude, Adel oder Ritter gibt es dort vermutlich aber schon lange nicht mehr, wenn sie dort überhaupt residiert haben sollten. Stattdessen sind in der Liste unter anderem der Kirchseeoner Wassertum und das frühere Betriebsgebäude des Schwellenwerks notiert, die ehemalige Badstube und der Taubenkobel in Eglharting, die "Pestsäule" am Fuß des Spannleitenbergs oder das Sühnekreuz an der Straße nach Deinhofen. Nun ist mit der ehemaligen Eisenbahnersiedlung in der Kolonie-straße das achtzehnte Baudenkmal in die Liste nachgetragen worden. Und in diesem Fall findet auch der Bürgermeister: "Die machen schon was her."

Zu der Kolonie gehören sieben einzeln stehende Mehrfamilienhäuser, die bis heute ohne wesentliche Veränderungen erhalten sind. Erbaut wurde sie 1905/06 für die Beschäftigten der Eisenbahn beziehungsweise des Kirchseeoner Schwellenwerks. Die Siedlung sollte den Eisenbahnerfamilien Wohnen mit viel Licht, Luft und Sonne ermöglichen, zu jeder Wohnung gehörte ein eigener Garten zur Selbstversorgung. "Damit sollte dem beengten Wohnen in den damals rasant wachsenden Großstädten ein Gegengewicht entgegengesetzt werden", erklärt Dorothee Ott, Sprecherin beim Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege. Für ihre Behörde handelt es sich bei den Gebäuden mit den Hausnummern 1, 5, 8, 10, 11, 14 und 24 um Baudenkmäler nach Artikel 1 des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes. Das bedeutet: eine von Menschen geschaffene Sache aus vergangener Zeit, deren Erhaltung aufgrund ihrer besonderen geschichtlichen, wissenschaftlichen, künstlerischen, städtebaulichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt. Im Oktober 1973 wurde die erste Denkmalliste erstellt und bis heute immer wieder erweitert oder aktualisiert.

Die Eisenbahnersiedlung hat für das Denkmalamt vorwiegend eine "besondere künstlerische Bedeutung", weil sich die Gestaltung der Häuser mit Sprossenfenstern, Erkern und Balkonen zu einem geschlossenen Gesamtbild verbindet. Die Grundrisse sind großenteils unverändert, Holzverkleidungen und Balkone, Türen und Fenster sind zudem weitgehend noch aus der Bauzeit erhalten - sie prägen das äußere Erscheinungsbild der Siedlung. Zudem zeigt laut Denkmalamt die Innenausstattung mit ihre historischen Treppen, Zimmertüren und Bodenbelägen ein authentisches Bild der Erbauungszeit. "Die traditionelle Bauform und die Gestaltung sind dem so genannten Heimatstil zuzuschreiben und ein wichtiges Zeugnis des Wohnbaus im frühen 20. Jahrhundert", so Ott.

Und auch wenn die Eigentümer der neuen Denkmäler keine Burgen oder Schlösser besitzen, so gilt für die Mehrfamilienhausbesitzer künftig trotzdem: Sie müssen den Bau instand halten, so will es Artikel 2 des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes. Und: Für eine Veränderung am Denkmal ist eine denkmalrechtliche Erlaubnis notwendig. "Maßnahmen an Denkmälern", sagt Dorothee Ott, "können mit öffentlichen Fördergeldern unterstützt werden und sind zudem steuerlich absetzbar."

© SZ vom 18.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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