Kinderbetreuung:Auf die Plätze, fertig, los

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Rinder statt Kinder: Auf diesem Grundstück in der Forellenstraße soll Grafings neue Kita entstehen - geredet wird darüber bereits seit sechs Jahren. (Foto: Christian Endt)

Grafings Kindergärten sind voll belegt. Wer neu in die Stadt ziehe, sei chancenlos, heißt es aus den Einrichtungen. Bürgermeisterin Obermayr spricht von einer "angespannten Lage". Jetzt will der Bauausschuss das Problem lösen

Von Anna Horst Und Thorsten Rienth, Grafing

"Wenn man 100 Leute zu einer Party einlädt, aber nur 20 Plätze hat, dann kann das natürlich nicht klappen." Die Grafinger Kita-Leitung, der dieser Satz in der vergangenen Woche über die Lippen kam, sprach nicht etwa von einer Adventsfeier im Kindergarten. Dort wäre ein solcher Planungsfehler noch verschmerzbar. Die Aussage bezog sich auf die Anzahl von Grafinger Kindergartenplätzen. Und auch da heißt es bei der Problematik: Alle Jahre wieder. Zumindest etwas Entlastung könnte mit der Sitzung des Bauausschusses an diesem Donnerstag entstehen.

Der Vergleich mit den Partyplätzen mag ein zugespitztes sein. In der Tendenz scheint es jedoch zu passen. Bereits im Sommer hätten sie nurmehr einen freien Platz gehabt, berichtet eine der kleineren Grafinger Einrichtungen. Seit dem Start des neuen Kindergartenjahres habe man drei Kinder notgedrungen ablehnen müssen. Es stimme, dass längst nicht alle, die gewollt hätten, auch aufgenommen werden konnten, erklärt eine andere Einrichtung auf Nachfrage. Ein weiterer Kindergarten berichtet von "mehreren Anfragen pro Monat, manchmal sogar einige in der Woche". Es bleibe nichts anderes übrig, als die Eltern auf gut Glück an die nächste Kita zu verweisen. "Wir sind randvoll."

Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) will nichts beschönigen. "Die Lage ist wirklich angespannt." Die Stadt erhebe gerade die aktuelle Anzahl der fehlenden Plätze. Wie hoch die Dunkelziffer ist, lässt sich allerdings kaum seriös abschätzen. "Es gibt Eltern, die melden gar keinen Bedarf an", erklärt eine Grafinger Leitung, "weil sie sowieso wissen, dass sie keinen Platz bekommen."

Inwieweit die politischen Entscheidungsträger die Brisanz erkannt haben, steht auf einem anderen Blatt. Die Überlegungen zur Neubau-"Kita" an der Forellenstraße sind mittlerweile sechs Jahre alt. Die Beschlüsse für den Bebauungsplan bekam der Stadtrat trotzdem erst im vergangenen Jahr zusammen. Das, obwohl die Angelegenheit im sogenannten beschleunigten Verfahren läuft. Aktuell peilt die Stadt das Jahr 2021 für die Eröffnung zumindest eines Teils der Gruppen an.

Im konservativen Stadtratslager stellt man zusätzliche Kita-Gruppen bisweilen sogar generell in Frage. Als es angesichts nochmals gestiegener Platz-Prognosen aus dem Landratsamt im Juli um eine weitere Straußdorfer Kindergartengruppe gegangen war, hielt sie etwa CSU-Fraktionschef Max Graf von Rechberg für "überhaupt nicht notwendig".

Stattdessen sollten die elf damals noch nicht untergebrachten Kinder auf andere Grafinger Einrichtungen verteilt werden. Dass schon zu dieser Zeit praktisch alle Einrichtungen auf ihre Komplettbelegung verwiesen hatten, spielte keine Rolle.

Bleiben noch all jene Familien, die innerhalb des laufenden Kindergartenjahres nach Grafing ziehen, etwa, um eine neue Arbeitsstelle anzutreten. "Die haben ein echtes Problem - aber was sollen wir machen?", fragt eine Kita-Leitung.

Doch nicht in jeder Einrichtung ist man so auskunftsfreudig. Namentlich genannt werden möchten die meisten Gesprächspartner lieber nicht, konkrete Zahlen wollen nur die wenigsten nennen. Wohl aber bestätigen sie: Die Kommunikation mit der Stadt funktioniere, die Ansprechpartner im Rathaus seien durchaus engagiert und arbeiteten lösungsorientiert. Es gebe Fälle, in denen eigentlich abgelehnte Kinder schließlich doch noch hätten vermittelt werden können.

Rein rechtlich gesehen ist die Stadt auch dafür verantwortlich, ausreichend Plätze bereitzustellen. "Aber ohne Räumlichkeiten können die halt auch wenig machen." Eben diese Problematik könne sich an diesem Donnerstagabend ändern. Gleich zwei Themen stehen rund um die Betreuungsproblematik auf der Tagesordnung: Einmal die zweite Gruppe im Straußdorfer Kindergarten "Sankt Margareth". Hier muss das Gremium die Gesamtkostenabrechnung des Umbaus billigen. "Ziel ist, dass die Gruppe im Januar eröffnet", erklärte Bürgermeisterin Obermayr.

Die zweite Adresse ist der Dobelweg 23. Dort hatte die Stadt für gut 300 000 Euro ein Werkstattgebäude inklusive Betriebsleiterwohnung erwerben können. Ein Umbau zur zweigruppigen Kindertagesstätte biete sich Obermayr zufolge geradezu an. Die Frage ist, ob die Mehrheit im Bauausschuss das genauso sieht. Beginn der Sitzung im Rathaus ist um 17 Uhr.

© SZ vom 29.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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