Kein Anschluss unter dieser Nummer:Stromlos glücklich

Lesezeit: 4 min

Der Zornedinger Michael Lenz kämpft weiter für E-Auto-Ladesäulen in der Garage eines Mehrfamilienhauses. Neben gesetzlichen Vorgaben stockt das Vorhaben aber auch deshalb, weil er keine Installationsfirma findet

Von Andreas Junkmann, Zorneding

Michael Lenz ist einigermaßen zufrieden, obwohl er eigentlich allen Grund dazu hätte, unzufrieden zu sein. Der Zornedinger fährt seit Ende vergangenen Jahres ein Elektroauto und das, wie er selbst sagt, bisher ohne jegliche Zwischenfälle. Das ist der positive Teil der Geschichte. Die Kehrseite allerdings ist, dass es ihm trotz langem Bemühens und eines ausgeklügelten Plans nach wie vor nicht gelungen ist, eine Ladestation in seiner heimischen Garage zu errichten. Anzeichen dafür, dass sich das so schnell ändern wird, gibt es bislang keine - im Gegenteil. Der 67-Jährige tüftelt deshalb nun an einer Alternativmöglichkeit, um seinen CO₂-Fußabdruck zu reduzieren.

"In den letzten sechs Monaten bin ich 9000 Kilometer gefahren. Auch weitere Strecken, etwa nach Berlin, Graz, Villach und Padua. Und es gab nie ein Problem", sagt Michael Lenz. Das öffentliche Netz an Ladesäulen reicht dem Zornedinger zufolge aus, um mit dem Elektroauto gut an das jeweilige Ziel zu kommen. Und auch im Stadtverkehr habe der Elektroantrieb so seine Vorteile. "Ich habe heute immer einen kostenlosen Parkplatz an vielen Lade-plätzen. Gerade München ist da deutschlandweit vorbildlich", sagt der Rentner, der deshalb ein durchweg positives Fazit nach den ersten Monaten Elektromobilität zieht: "Ich kann keinen Nachteil zum Verbrenner finden. Im Gegenteil: Das Fahrvergnügen ist deutlich höher."

Dass es unter Umständen eher kein Vergnügen sein kann, sich für sein E-Auto auch eine eigene Lademöglichkeit zu errichten, musste Lenz in den vergangenen Monaten feststellen. Wie die Ebersberger SZ bereits berichtete, kämpft er schon seit Längerem dafür, seine heimische Tiefgarage am Zornedinger Herzogplatz mit einer entsprechenden Infrastruktur auszustatten. Auf dem Papier fertig ausgearbeitet hat der ehemalige Elektrotechnik-Ingenieur - der sich beruflich unter anderem mit der Chip-Entwicklung für E-Autos beschäftigt hat - die Pläne bereits vor einigen Jahren, einen Anschluss für Elektrofahrzeuge gibt es in der Garage aber nach wie vor nicht. Dabei könnten Lenz zufolge recht problemlos an bis zu 96 Stellplätzen Stromanschlüsse installiert werden.

Insgesamt etwa 96 Stellplätze könnten in dieser Tiefgarage am Zornedinger Herzogplatz mit E-Ladesäulen ausgestattet werden. Für dieses Vorhaben kämpft Michael Lenz schon seit Langem - bisher allerdings ohne Erfolg. Sein Elektroauto (hier im Bild) jedenfalls möchte der 67-Jährige nicht mehr missen. (Foto: privat)

Das alles bleibt aber weiterhin Theorie, denn die Hürde, an der Lenz' Pläne bislang stets gescheitert sind, existiert nach wie vor. Nun kommt sogar noch eine zweite hinzu. Bisher machte ihm ein Passus im Wohneigentumsgesetz (WEG) einen Strich durch sein Vorhaben. Dieser nämlich macht es nach wie vor leicht, eine private Lade-Infrastruktur in Mehrfamilienhäusern zu verhindern. Denn wer in einer Miet- oder Eigentumswohnung lebt und eine Ladesäule installieren möchte, braucht dafür die Zustimmung der Vermieter oder der Eigentümergemeinschaft - und zwar von ausnahmslos allen Beteiligten. Genau das ist auch der Knackpunkt in Zorneding: "Einige Leute sagen eben, wir wollen das nicht. Und wenn nur einer blockt, dann verhindert er das Ganze", sagte Lenz bereits Ende vergangenen Jahres.

Zwar wird seit August 2019 im Bundesjustizministerium an einem Gesetzesentwurf gefeilt, der Erleichterungen im Wohneigentumsrecht vorsieht, doch dessen eigentlich für Mitte Juni dieses Jahres geplante Verabschiedung im Bundestag verzögert sich. Wann die WEG-Reform in Kraft tritt, ist deshalb völlig offen. Diese jedenfalls soll es für Mieter und Eigentümer unter anderem künftig einfacher machen, private Ladesäulen zu installieren. Das neue Gesetz soll demnach Bewohnern einen Anspruch auf eine entsprechende Infrastruktur einräumen, die Kosten sollen vom Wohneigentümer oder vom Mieter getragen werden. Auf dieser Basis könnte Michael Lenz in der heimischen Garage dann einen neuen Vorstoß wagen - bei dem er sich aber auch auf eine neue Hindernis einstellen müsste, wie sich nun zeigt.

Um die Machbarkeit seiner Pläne - insgesamt drei verschiedene Konzepte mit unterschiedlicher Ladeleistung und Stellplatzanzahl - abzuklopfen, hat der Zornedinger mehrere Installateure aus der Region wegen entsprechender Kostenvoranschläge kontaktiert. Das Ergebnis ist eher ernüchternd: "Es stellte sich heraus, dass nur sehr wenige sich überhaupt zutrauen, solche Anlagen zu bauen. Bis heute habe ich kein Angebot erhalten." Eigentlich wolle er den Auftrag gerne an lokales Unternehmen vergeben, lasse sich im Ebersberger Raum aber niemand finde, müsse er eben nach München ausweichen.

Für Lenz selbst sind seine Pläne inzwischen fast schon zu einer Art Prestige-Projekt geworden. Denn er selbst könnte trotz E-Auto auf die heimische Zapfanlage eigentlich verzichten, oder wie er sagt: "Der Bedarf von meiner Seite hält sich in Grenzen." Das liegt daran, dass sich der Rentner mit dem öffentlichen Ladenetz inzwischen gut arrangiert hat. Über seine Tankstopps sagt er: "Aussteigen, Ladestecker einstecken und Kaffee trinken beziehungsweise den körperlichen Boxenstopp machen." Dennoch sei die Infrastruktur freilich bei Weitem noch nicht so ausgebaut, wie man sich das wünschen würde. Und Lenz weiß auch: "Ich bin Rentner. Man muss aber auch an die anderen Leute denken, die nicht so viel Zeit haben." Immerhin in seiner eigenen Gemeinde tut sich nun etwas: War im vergangenen Jahr aus dem Zornedinger Rathaus noch zu erfahren, man wolle kein eigenes Zapfsäulen-Netz errichten, seien Lenz zufolge nun doch zwei Ladestationen am Ort geplant.

Und auch bei sich zu Hause will Michael Lenz weiter daran arbeiten, seinen eigenen CO₂-Fußabdruck zu verkleinern. Auf das Dach seines Hauses will er eine Photovoltaikanlage installieren und die alte Brennwertheizung soll durch eine neue sauber verbrennende ersetzt werden. Der 67-Jährige sieht das auch als Ausgleich für den Strom, den er sich für sein Elektroauto an den öffentlichen Zapfsäulen holt. Er wolle im Gegenzug für diese "graue" Energie die von ihm selbst erzeugte "grüne" Energie ins Netz einspeisen. "Als Technik-Nerd im Unruhestand gibt es für mich sicher einiges zu programmieren, reparieren und zu verschlimmbessern", sagt Lenz über sein neues Projekt. Die Pläne für eine Lade-Infrastruktur in der Tiefgarage will er deshalb aber trotzdem weiterverfolgen, denn so grün der Strom vom heimischen Dach auch ist, "ich kann ihn nicht in mein Auto reinbringen".

© SZ vom 04.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: