Kabarett in Glonn:"Na, Wahnsinn! Ham's jetzt auch die Preißn kapiert!"

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Musikkabarettistin Edeltraud Rey mischt das Glonner Publikum auf. Die besten Momente vom Auftritt der Jakobneuhartingerin.

Von Clara Lipkowski, Glonn

Eins ist klar: Wer auf ein Konzert von Edeltraud Rey geht und es drauf anlegt, kriegt sein Fett weg. Die Musikkabarettistin nimmt jeden aufs Korn, egal ob Mann oder Frau, gerne auch sich selbst, Prominente oder eben ihre eigenen Zuschauer. "Bei mir läuft nie Playback", kündigt sie am Freitagabend im Steinbergers Marktblick an, entsprechend flexibel ist sie im Programm. "Wenn hier jemand mal aufs Klo muss, kann es sein, dass ich dazu einen Kommentar abgeb'." Rey lacht, aus dem Publikum kommen Lacher, nur wer die Künstlerin zum ersten Mal sieht, fragt sich jetzt vielleicht, mit wem man es hier eigentlich zu tun bekommt.

Es geht dann niemand aufs stille Örtchen, aber gefrotzelt wird trotzdem. Irgendwann in einem ruhigen Moment räuspert sich ein Mann. Darauf Rey: "Is' irgendwas?". Es sind zwei Dinge, die Rey ausmachen: Sie stichelt gerne und ohne Unterlass - später zeigt sich: auch unterhalb der Gürtellinie - und sie liebt den bayerischen Dialekt. Er ist ihr Markenzeichen. Wenn sie auf der Bühne ihre kurzen Lieder zu ein paar Akkorden auf der Akustikgitarre singt, wird sie selten nachdenklich oder romantisch, aber immer, wenn sie jemanden durch den Kakao zieht, macht sie das in weicher und fließender Mundart - und kann so auch Skeptiker für sich gewinnen.

Zum Beispiel textet Rey die Liedzeile "Für mich soll's rote Rosen regnen" um in: "I woid in Rosenblatl boadn". Beim Lied "Schachtlwirt" erzählt sie auf der kleinen Bühne, barfuß und in Schwarz gekleidet, wie sie direkt neben dem Ebersberger Forst groß geworden ist. Dort hätten sie immer Schwammerl gesucht, sie dann geputzt und gegessen. "Deswegen strahl' ich auch so", sagt sie. Und lacht. (Edeltraud Rey lacht immer leicht dreckig über ihre eigenen Witze, aber nicht, weil sie sie für besonders genial hält, sondern für ziemlich deppert.)

Heut' aber würden die "junga Leit" so etwas gar nicht mehr kennen, das Selber-Pilzesammeln, stattdessen gingen sie ständig zum Schachtlwirt, den gebe es ja auch hier in der Gegend überall. Schachtlwirt?, fragt eine Zuhörerin. Sie wird sich später auch nach "hudeln" und "Lätschn" erkundigen. "Ja, wissen's scho", sagt Rey. Die Frau denkt laut, "Schachtelwirt...", Rey verdreht die Augen. "Ach so, Essen aus Schachteln!", ruft die Frau. "Na, Wahnsinn! Ham's jetzt auch die Preißn kapiert!", ruft Rey.

Die Preißn sind zwei Hannoveraner und sitzen gleich vor der Bühne. Sie sind in die Gegend gezogen, aber noch nicht des Bayerischen mächtig - trotz Sprachkurs, den sie bei Rey genommen haben, denn die Musikerin lehrt nicht nur ihr Publikum den Dialekt, sondern auch abseits der Bühne. Wer das Wort Schachtlwirt bis dahin immer noch nicht kapiert hat, kann spicken - die Künstlerin hat Übersetzungsblätter ausgelegt, und fast hätte man in Rey'scher Manier gesagt: für die "ganz Bläden".

Auch die geringe Zahl der Zuhörer bleibt nicht unkommentiert. Rey ist in Kirchseeon aufgewachsen, lebt mit ihrem Mann in Jakobneuharting und reist zu Auftritten durch ganz Deutschland. Oft spielt sie vor mehreren hundert Leuten. In Glonn, bei ihrem Quasi-Heimspiel, steht sie vor nur etwa 30. "Ja mei, i hätt' eh nix anders zum doa g'habt", sagt sie. Dann fragt sie, wer denn unter 40 sei. Niemand meldet sich. Ein paar sind älter als 50 und 60. Aber so schlimm wie im Altersheim, wo sie auch singe, sei es nicht, "da hoff' i bloß, dass mir koaner wegstiabt".

Rey geht nicht zimperlich mit dem Publikum um, fängt es aber immer wieder ein mit Anekdoten aus ihrem Leben, die viele mit einem Nicken verfolgen. Sie erzählt und singt, wie sie eine steife Vernissage aufmischt ("Also moderne Kunst versteh' i wirklich ned. So a Gebatzl ko do koa Kunst ned sei"). Dort, wo die "Häppchen" gereicht würden, habe sie erst einmal allen erklärt, das heiße "Broderl".

Dass der bayerische Dialekt erhalten wird, ist Rey ein echtes Anliegen, das wird deutlich. Wie ein roter Faden ziehen sich auch Spitzen gegen Prominente durchs Programm. Julia Roberts bezeichnet Rey als "Breitmaulfrosch", Paris Hilton bescheinigt sie ein "Vakuum im Hirn" und irgendwann kommen auch Daniela Katzenbergers Brustimplantate zur Sprache. Wenn dann einer im Publikum die Hände vorm Gesicht zusammenschlägt, muss auch Rey wieder ein bisschen lachen.

© SZ vom 28.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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