Jeremiah & Friends:Ausgekünstelt

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Der Münchner Martin Lidl ist Musiker und Kabarettist. (Foto: Veranstalter)

Am Donnerstag geht in der Ebersberger Alten Brennerei die Reihe "Kunst und Musik" zu Ende

Thorsten Rienth, Ebersberg

Irgendwann am Donnerstagabend, nach ungeschminkter improvisierter Mucke, einer womöglich strapazierten Loopmaschine und natürlich ein paar Bieren, geht noch einmal der Hut herum. In Schlangenlinien werden sie ihn durch die Alte Brennerei reichen, entlang weiß bezogener Bierbänke und flackernden Teelichter, Leute werden Münzen und Scheine reinwerfen, auf dass sie sogleich jemand unter den Musikern verteilt. Dann kann das große Wehklagen beginnen, weil nach viereinhalb Jahren Schluss ist mit "Jeremiah & Friends", weil eben nicht immer alles so weitergehen kann, auch wenns noch so schön, so verwunschen, so aufregend, ja so verwegen ist. Dabei hatte sich das Projekt "Jeremiah & Friends" ohnehin bewegt und gewandelt, wo es nur konnte: Gestartet im "Artesano" am Marktplatz als eine aufgemotzte, regelmäßig wiederkehrende Jamsession. Im Mittelpunkt, zumindest organisatorischer Art, stand dabei das Gitarrengenie Jeremy Teigan.

Jener Mann, der Instrumente in den Händen hält, seit er laufen kann, kennt ohnehin die halbe Musikwelt. Wie sollte es auch anders sein? Geboren in Schweden, mit der Familie ausgewandert nach Australien, dann über die Bahamas nach München gekommen, schließlich in Ebersberg die familiären Wurzeln geschlagen. Mehr als einen Griff zum Telefon brauchte Teigan nie. Irgendein "Friend" fand sich immer.

Dieser Freund spielte also meist ein paar Lieder aus seinem aktuellen Musikprojekt. Dann ging Teigan auf die Bühne und experimentierte ein bisschen herum, indem er die Alte Deutsche Welle halt mal mit dem Banjo spielte. Einzige Prämisse dabei: "Lieder so zu spielen, wie ich sie davor noch nie gespielt hab'." Den großen Rest des Abends jammte Teigan mit seinem "Friend", Christian Schatz zum Beispiel, One and a half man, Franzl und Günter Beutel oder der Ebersberger Band Sunspiration. Wenn es gut zu passen schien, dann gesellte sich auch noch ein DJ dazu.

Der Bogen wurde vom Klangerlebnis zum Kunstgenuss gespannt

Als das Konzept etabliert war, zog es mit neuem Fokus und in Kooperation mit dem Ebersberger Kunstverein in dessen "Alte Brennerei" am Theaterhof weiter. Seither hieß die Reihe "Kunst und Musik". "Das hob die Trennung auf zwischen Kunst und Musik, die es doch eigentlich ohnehin nie brauchte", erklärte Kunstvereinsvorsitzender Andreas Mitterer. Tatsächlich kam der Verein über "Kunst und Musik" an Publikum heran, das sich am Abend andernfalls anderswo herumgetrieben hätte. Denn nach dem Konzert schlenderte es freilich noch durch die aktuelle Ausstellung und spannte so den Bogen vom Klangerlebnis zum Kunstgenuss.

Zuletzt hatten Teigan und Mitterer das Ebersberger "Alte Kino" mit an Bord geholt. Für besondere Gäste standen damit auch die Bühne in der Eberhardstraße und sogar der große "Alte Speicher" nebenan zur Verfügung. Warum ist trotzdem Schluss? Ein paar mehr Leute hätten sicher nicht geschadet, sagt Teigan. "Außerdem muss man aufpassen, dass sich eine Sache nicht totläuft. Es kommt halt nach viereinhalb Jahren nichts Superneues mehr raus." Bevor das Konzept langsam einschlafe, höre man lieber mit einem anständigen Finale auf - und trinke danach gemeinsam einen drauf.

Am Donnerstag ist "Friend" Martin Lidl Teil des Plans, ein in der Münchner Kabarett- und Weltmusik-Szene längst etablierter Musiker. Derzeit ist er mit seinem aktuellen Soloprojekt "Lidloop" unterwegs, einem Nischenwerk mit E-Gitarre, Kinderkeyboard, Percussion und Voice-Art. Tanzbare, träumbare und flirtbare Klangwelten seien es, so heißt es. Sie dürften alles, müssten aber wenig.

Einen kleinen Trost von Teigan gibt es, immerhin: Irgendwas werde sicher nachkommen. "Ohne Musik pack' ich die Welt doch eh nicht!"

"Kunst und Musik" mit Martin Lidl am Donnerstag, 2. November, in der "Alten Brennerei" im Ebersberger Klosterbauhof. Einlass 20 Uhr, Beginn 21 Uhr. Kein Eintritt, es geht ein Hut herum.

© SZ vom 28.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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