Immobilien:Geballte Nachfrage

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Eine Marktanalyse der Kreissparkasse fordert, die Zahl der Neubauten deutlich zu steigern. Um den Bedarf zu decken, müssten jährlich 1200 Wohneinheiten im Landkreis entstehen

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Wer nach dem drängendsten Problem des Landkreises gefragt wird, liegt mit der Antwort "Wohnungsmangel" sicher nicht falsch. Schwieriger zu beantworten sind da schon die Fragen, wie groß dieser Mangel tatsächlich ist, wo er sich am stärksten bemerkbar macht, und wie sich das Problem vielleicht lösen lässt. In einem neuen Marktbericht versuchen Sparkasse und LBS diese Antworten zu finden.

Vorgestellt wurde der Bericht nun von Erwin Bumberger, Vorstandsvorsitzender der LBS Bayern, Andreas Frühschütz, Vorstand bei der Kreissparkasse und seinen Kollegen von der Immobilienabteilung Dominik Winter und Franz Tuscher. Wie gravierend die Wohnungsknappheit in der Region München geworden ist, lässt sich an den Preisen für Immobilien ablesen. Zwar ist Bayern insgesamt Zuzugsgebiet, wie Bumberger erläuterte, doch der Großraum München ist ein Sonderfall. So liege der bayernweite Durchschnitt für neu gebaute Häuser bei 500 000 Euro, gebrauchte gibt es für 300 000. Im Landkreis kann ein neues Reihenhaus, beziehungsweise eine Doppelhaushälfte, dagegen zwischen 600 000 und einer Million Euro kosten, sagt Frühschütz, gebrauchte sind im Durchschnitt etwa 50 000 Euro billiger. Bei freistehenden Häusern wurden nur Altbauten untersucht, die Preise hier liegen bei 700 000 bis zu 1,25 Millionen Euro.

Preise, da sind sich die Sparkassenleute sicher, die wohl noch weiter steigen werden. Wenn auch wohl etwas langsamer und vor allem nicht überall gleich. Grundsätzlich gelte zwar, sagt Tuscher, dass die Preise umso höher werden, je näher man an München herankommt. Doch es zeigt sich auch, dass sich diese Grenze nach Osten verschiebt. Während hohe Preise in Vaterstetten oder Poing schon länger üblich sind, hat nun in Kirchseeon eine Steigerung eingesetzt. Um bis zu 40 Prozent seien hier die Grundstückspreise in den vergangenen fünf Jahren angestiegen. Diese Entwicklung nach außen werde sich fortsetzen, sagt Frühschütz, schon heute liege die Fahrtdauer mancher Pendler bei zwei Stunden - für die einfache Fahrt. "Die Menschen folgen den Arbeitsplätzen", sagt Bumberger, und solange die Region München diese anbiete, werde der Zuzug weitergehen, auch und gerade ins Umland. Wo darum mehr Wohnraum geschaffen werden müsse, so die Experten. Sie verweisen auf eine Berechnung des Institutes der Deutschen Wirtschaft, welche den Baubedarf für Städte und Landkreise ermittelt. Für den Landkreis Ebersberg ergibt sich daraus bis zum Ende des Jahrzehnts ein Bedarf von 1180 Wohnungen - pro Jahr.

Zwar wird im Landkreis viel gebaut, wie im 2017 fertiggestellten neuen Wohngebiet an der Bucher Straße in Eglharting. Die Preise für Immobillien steigen dennoch weiter, besonders stark war in den vergangenen Jahren Kirchseeon betroffen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Tatsächlich müsste aber weit mehr gebaut werden, denn in den vergangenen Jahren hat die Errichtung von neuen Wohnungen mit dem Bedarf kaum Schritt gehalten. Am Nächsten kam man im Landkreis noch im Jahr 2015, damals wurden 797 sogenannte "Baufertigstellungen" verzeichnet. Ein Jahr zuvor wurden 571 Häuser fertig, ein Jahr danach sogar nur 349. Wobei die Zahlen nur indirekt Auskunft über neuen Wohnraum geben, schließlich erfasst die Statistik auch Gewerbebauten und Mehrfamilienhäuser. Trotzdem sei 2016 "ein Durchhänger" auch beim Wohnbau gewesen, sagt Frühschütz, was auch an den Planungszyklen der Kommunen liege. Wenn dann ein großes Neubaugebiet fertig werde - wie aktuell etwa Vaterstetten Nordost -, stiegen die Zahlen wieder. Für 2017 gibt es zwar noch keine belastbaren Daten, Frühschütz schätzt die Zahl der fertiggestellten Gebäude aber auf etwa 700.

Neben der Ausweisung neuer Wohngebiete durch die Kommunen, sieht man bei Sparkasse und LBS auch die Bundesregierung in der Pflicht. Die Ankündigung, die seit 25 Jahren unveränderte Wohnungsbauprämie anzuheben und ein "Baukindergeld" einzuführen, gehe in die richtige Richtung, sagt Bumberger. Denn fehle es oft an genug Eigenkapital für die potenziellen Bauherren. Und von denen gebe es eigentlich viele: Laut einer Umfrage im Auftrag der LBS hielten 68 Prozent eine eigene Immobilie für die beste Geldanlage, 63 Prozent für die beste Altersvorsorge. Allerdings besäßen derzeit weniger als die Hälfte aller Bundesbürger ein Haus oder eine Wohnung, so Bumberger.

Erwin Bumberger von der LBS Bayern, Andreas Frühschütz, Dominik Winter und Franz Tuscher von der Kreissparkasse haben die Immobilientrends nun vorgestellt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die künftigen Hausherren könnten ebenfalls etwas tun, um ihr Eigenkapital zu erhöhen, etwa durch Bausparverträge. Auch diese passten sich der Marktsituation an, sagt Bumberger. So lag die durchschnittliche Bausparsumme bei der LBS 2010 bayernweit noch bei 34 000 Euro und im vergangenen Jahr bei 56 400 Euro. Im Landkreis Ebersberg ist ein Bausparer im Schnitt sogar 88 000 Euro wert. Wobei, da macht sich auch Frühschütz keine Illusionen, es mit Ansparen alleine nicht getan ist. Er nennt als Beispiel eine Wohnung mit 90 Quadratmetern für 600 000 Euro. Etwa 400 000 muss der künftige Eigentümer als Eigenkapital mitbringen, "da scheidet ein großer Teil der arbeitenden Bevölkerung aus". Wichtig sei daher, auch an anderen Punkten anzusetzen, sagt Bumberger. Etwa sozialgerechte Bodennutzung flächendeckend einzuführen, wonach Kommunen von Bauträgern einen Teil des Profits für soziale Zwecke, wie günstige Wohnungen kassieren. Oder Ballungsräume durch Digitalisierung zu entlasten, so dass nicht jeder jeden Tag nach München fahren müsse.

© SZ vom 03.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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