Hohenlinden:Ein Vorwort mit Nachspiel

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"Nehmen Sie teil, sonst stellen die Befürworter die Mehrheit": Hohenlindens Bürgermeister bezieht im Gemeindeblatt Position zum Bürgerentscheid - und erntet dafür heftige Kritik.

Christoph Giesen

Hat Hohenlindens Bürgermeister Ludwig Maurer (ÜWH) am Ende die Nerven verloren und bewusst einen Rechtsbruch in Kauf genommen oder hat er einfach nur seine Kompetenzen geschickt genutzt? In Hohenlinden ist man derzeit uneins, ob Maurer das Recht hatte, im Editorial des Amts- und Mitteilungsblattes der Gemeinde Stellung gegen den geplanten Bürgerentscheid Mitte Dezember zu beziehen. "Nehmen Sie unbedingt teil, um ein wirkliches Stimmungsbild zu erzielen. Sonst wird es wie bei ähnlichen Abstimmungen ausgehen: Nur die Befürworter nehmen teil und stellen die entscheidene Mehrheit", heißt es in dem Vorwort.

Ludwig Maurer ist gegen den Bürgerentscheid, der in Hohenlinden Mitte Dezember ansteht. (Foto: Renate Schmidt)

Am 12. Dezember sind die Hohenlindener aufgerufen, über die Lage eines Seniorenwohnhaus im Ort abzustimmen. Der Gemeinderat hatte im Frühjahr beschlossen, das Gebäude auf der Abtwiese zu bauen. Kritiker bemängeln, dass die Lage des Grundstücks für ältere Menschen ungeeignet sei. Das Areal grenzt an eine Schreinerei und eine Reifenfirma, in unmittelbarer Nähe befindet sich auch der gemeindeeigene Sportplatz mit einer Flutlichtanlage.

Außerdem, argumentieren die Gegner, sei die Abtwiese zu weit von der Ortsmitte entfernt. Eine Initiative um den Hohenlindener Chef der Senioren-Union, Peter Speckmaier hatte in den vergangenen Wochen Unterschriften gegen das Projekt gesammelt und einen Bürgerentscheid erwirkt. Statt der Abtwiese schlägt die Bürgerinitiative ein Grundstück am Kronacker Weg als Baugrund vor.

Für Peter Speckmaier hat der Bürgermeister mit seinem Aufruf klar gegen die Gemeindeordnung verstoßen. "Bei Veröffentlichungen zum Bürgerentscheid müssen beide Seiten exakt gleich viel Platz eingeräumt bekommen", sagt das CSU-Mitglied Speckmaier. "Maurer hat unser Bündnis unterschätzt und bekommt jetzt Panik." Denn immerhin gelang es der Initiative, 379 Unterschriften zu sammeln; das entspricht einem Anteil von fast 18 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung.

Der Entscheid gilt als angenommen, wenn es mehr Ja- als Nein-Stimmen gibt und wenn ein Quorum von 20 Prozent aller Wahlberechtigten erreicht wird. Der Gemeinderat wäre dann ein Jahr lang an den Entscheid gebunden und dürfte während dieser Zeit keinen dem Entscheid widersprechenden Beschluss fassen.

Bürgermeister Maurer kann in seiner Wahlempfehlung keinen Rechtsbruch erkennen: "In einem Vorwort ist es mir als Bürgermeister gestattet, meine Meinung zu schreiben." Außerdem werde man in den kommenden Wochen eine Informationsveranstaltung abhalten, auf der beide Seiten den Hohenlindenern ihre Argumente vorstellen könnten. Geplant sei außerdem auch eine Postwurfsendung an alle Haushalte in Gemeinde, in der beide Seiten die Möglichkeit eingeräumt bekämen, gleichberechtigt ihre Standpunkte vorzubringen.

Beim Bayerischen Gemeindetag, teilt man die Position des Bürgermeisters. "Bei einem Bürgerentscheid darf der Bürgermeister im Amtsblatt Stellung beziehen, denn seine Politik wurde vorher vom Gemeinderat demokratisch legitimiert", sagt Wilfried Schober, Sprecher des Gemeindetages. Anders sähe es hingegen bei einer politischen Wahl aus. "Während des Wahlkampfes ist es dem Bürgermeister einer Gemeinde nicht gestattet, für sich zu werben."

© SZ vom 09.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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