Hegeschau in Grafing:Sau tot

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Afrikanische Schweinepest bereitet den Jägern im Landkreis Ebersberg Sorgen

Von Rita Baedeker

Beim Hornsignal "Hirsch tot" mit seinem ruhigen Schlussakkord wird einem doch etwas feierlich zumute, viel munterer klingen die Fanfaren für Reh, Hase und Wildsau. Immer wieder wird Konrad Metzgers Bericht über das in den Revieren der Kreisgruppe im Landesjagdverband Bayern erlegte Wild anlässlich der Hegeschau in der Grafinger Stadthalle vom Schall der Jagdhörner unterbrochen.

Zum Thema "Sau tot" hat Peter Wilken vom Veterinäramt Ebersberg später allerdings noch eine schlechte Nachricht zu vermelden. "Die afrikanische Schweinepest ist vor unseren Toren", sagt er. Tiere, die sich damit anstecken, sterben innerhalb von zwei bis drei Tagen. Die Seuche, die bisher noch nie in Europa aufgetaucht sei, breite sich derzeit im kaukasischen Raum von Georgien in Richtung Norden aus und komme über Litauen und Polen auch zu uns. "Sie wandert etwa 350 Kilometer pro Jahr", sagt Wilken. Von der EU sei nun die Aufforderung zur Prophylaxe gekommen. Der Erreger halte sich ungewöhnlich lange - etwa hundert Tage im Kot, in Rohschinken sogar länger als ein Jahr. "Wenn dann mal eine kontaminierte Wurstsemmel einen blöden Weg geht, im Wald weggeworfen oder in einem Gehege verfüttert und von einem Allesfresser, wie es ein Wildschwein ist, vertilgt wird, dann könnte das Virus eingeschleppt werden."

Wilken bittet daher darum, eine im Urlaub gekaufte Salami lieber an Ort und Stelle zu essen, als sie nach Hause mitzubringen. Für den Menschen bestehe zwar keinerlei Gefahr, Schweine in Freilandhaltung, wie es sie auch im Landkreis gibt, aber könnten gefährdet werden. "Jäger sind die ersten, die feststellen, ob in der Wildschwein-Population etwas Ungewöhnliches passiert", erklärt Wilken bei der Hegeschau, wenn zum Beispiel Tiere einfach umfallen oder ein Kadaver kleine Blutungen und vergrößerte Lymphknoten aufweist. Eigentlich brauche es den Appell an die hiesige Jägerschaft aber nicht. "Die sind immer sehr wachsam und verhalten sich vorbildlich", betont Wilken.

Bei der "Jahresstrecke", wie das Abschussregister der fünf Hegegemeinschaften des Landkreises genannt wird, bekommt jede Wildart von den Jagdhornbläsern sein Requiem. Die Zahl der Füchse habe sich drastisch verringert, berichtet Metzger, bei den Hasen fand ein Viertel den Tod im Straßenverkehr. Er lässt nicht unerwähnt, dass keine einzige Schnepfe getötet wurde. Die Trophäen der 751 erlegten Rehböcke sind in der voll besetzten Stadthalle nach Revieren geordnet ausgestellt. Manche der Geweihe, darunter ein paar Hirsch-Trophäen, erzählen eine Menge. Deformationen weisen auf Krankheiten hin, Brüche auf Wildunfälle. Auch Anke Falge, "Jungjägerin" aus Baldham, studiert die Exponate. "Mich interessieren an der Jagd die Hege und Pflege", sagt sie. "Ich möchte gern mehr lernen über die Natur. Es ist wichtig, sich im Wald mit Bedacht zu bewegen. Viele Leute wissen gar nicht, was sie anrichten können, wenn sie zum Beispiel ihre Hunde frei laufen lassen." Im August wird sie ihre Jagdprüfung machen.

Auch Martin Otter, erster Vorsitzender der Ebersberger Kreisgruppe, sieht den Sinn und Zweck der Jagd in einem flächendeckenden Naturschutz. "Es ist unsere Aufgabe, die Lebensbedingungen für die frei lebende Tierwelt zu verbessern." Kritiker der Jagd meinten zwar, es gehe darum, sonntags Tiere totzuschießen, sagte Otter. Die Jagd sei aber keine Kulisse für ein Freizeitvergnügen, sondern Notwendigkeit.

Beispiel Wildschweine. Die vermehren sich überall, auch in ihrem angestammten Landkreis. Die meisten gebe es im Bereich des Reviers Sauberg bei Hohenlinden, wie Franz Tuscher vom "Arbeitskreis Schwarzwild" erläutert. Um die Rotten im Auge zu behalten, hat der Arbeitskreis ein digitales Netzwerk entwickelt. Dieses neu geschaffene Monitoring versetze Jäger und Bauern in die Lage, sich in kürzester Zeit auszutauschen und den Bestand engmaschig zu überwachen. "Die Schweine drücken aus Südwesten und Nordosten rein, wir sind quasi eingekeilt", sagt Peter Wilken.

Nun aber die gute Nachricht: Bei Abschüssen, erklärt Tuscher, habe man festgestellt, dass die durch Tschernobyl ausgelöste Belastung der Tiere durch Cäsium zurückgegangen sei, neunzig Prozent lägen unter dem Grenzwert von 600 Becquerel pro Kilogramm.

© SZ vom 01.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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