Gastronomie:Eine Schwager-Wirtschaft für die Grafinger Stadthalle

Lesezeit: 3 min

Wirt Sebastian Ott und Intendant Sebastian Schlagenhaufer wollen die Gäste der Stadthalle an Leib und Seele verwöhnen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Sebastian Schlagenhaufer bekommt Unterstützung: Gastronom Sebastian Ott will helfen, den Ruf des Hauses zu verbessern.

Von Anja Blum, Grafing

Ein wenig inspiriertes Programm, fehlendes Ambiente, schlechter Service: Die Stadthalle Grafing hatte lange einen ziemlich schlechten Ruf. Vor zwei Jahren aber ist Sebastian Schlagenhaufer als neuer künstlerischer Leiter angetreten, das zu ändern. Mit Erfolg: Er konnte die Turmstube als Kleinkunstbühne etablieren, schuf mit den Mixed Shows ein äußerst beliebtes Format, lockte die Jazzinitiative unter sein Dach und stellte auch für die Halle ein ansprechendes Programm auf die Beine.

Nun aber sind die Zeiten des Alleingangs vorbei: Schlagenhaufer hat ab sofort Unterstützung bei seiner Mission, und zwar von Sebastian Ott, einem Grafinger Wirt. "Da ist noch viel Luft nach oben", sagt dieser über das Potenzial des Hauses - und die Vorfreude auf viele "schöne Veranstaltungen" steht ihm ins Gesicht geschrieben.

Ott kennt sich bestens aus in der gastronomischen Landschaft in Grafing, er führte fünf Jahre lang den Sirtl, eine beliebte Weinstube. "Aber wenn die Leute nach einer Veranstaltung in der Stadthalle zu mir kamen, ging es meist nur darum, wie schlecht das Essen und der Service wieder waren - über die Qualität des Theaters hat keiner geredet." Das soll sich in Zukunft ändern. Ott will alle Möglichkeiten nutzen, das Vertrauen der Grafinger in die Bewirtung ihres großen Saals wiederherzustellen. "Das ist jetzt am Anfang mal das Allerwichtigste", sagt er.

Ott ist 33 Jahre alt, gelernter Koch und hat drei Kinder - ein Glücksfall für Schlagenhaufer. "Ich wusste, dass die viele vor allem späte Arbeit im Sirtl mit der Familie nur schlecht vereinbar war", erzählt er, "also habe ich ihm die Kooperation angeboten." Und Ott ließ sich gerne auf das "Teilzeitprojekt" ein. Den Vorwurf der Vetternwirtschaft - Ott ist Schlagenhaufers Schwager - weisen die beiden Männer jedoch weit von sich: Die Stadt habe schon lange nach einem neuen Pächter gesucht, es hätten immer wieder Gespräche mit diversen Gastronomen stattgefunden, leider ohne Erfolg, sagt Schlagenhaufer. "Es wollte einfach keiner machen."

In Zukunft gibt es Szegediner Gulasch und böhmische Knödel

Ott aber ist nun regelrecht beflügelt. Eine feste Speisekarte wird es unter seiner Regie nicht geben, sondern jeweils ein auf die Veranstaltung zugeschnittes Angebot. Saisonal und regional, versteht sich, aber auch - so weit möglich - geleitet von kulinarischen Assoziationen. Beim Tag der Heimat etwa, Otts Premiere in der Stadthalle, servierte die Küche Szegediner Gulasch und böhmische Knödel, beim Gartenbauverein dagegen soll es Kürbissuppe geben.

Jazz aus der Mongolei, ein Kabarettabend mit dem Titel "Meine Kresse! Ein Mann sieht grün" - Ott und Schlagenhaufer sehen schon viele Anknüpfungspunkte für kreatives Kochen. "Ich glaube, das sind Details, die ankommen", so der Programmchef. Und sollte er das passende Menü einmal nicht gleich vor Augen haben, so will Ott Kontakt aufnehmen, sei es mit Künstlern oder Vereinen.

Ist der Ruf der Stadthallengastronomie dann erst einmal wiederhergestellt, kann sich Ott auch durchaus vorstellen, selbst als Veranstalter aufzutreten: Gourmetabende, private Veranstaltungen - all das schwebt ihm schon vor Augen. Allerdings müsse man dabei mit viel Fingerspitzengefühl vorgehen, sagt Ott mit Blick auf die Nachbarn der Stadthalle und die Stadt. Gleichwohl diese als Hausherrin derzeit hoch motiviert sei, betont das neue Duo: Sogar neues Geschirr habe man zur kulinarischen Wende bekommen, sowie schicke Sektgläser mit Stadthallen-Logo. "Man muss bedenken: Das ist alles schon 30 Jahre alt", sagt Schlagenhaufer.

Aus der neuen Kooperation erwachsen ist auch "der Höhepunkt der Saison": ein Krimi-Dinner. "Da sind Kunst und Kulinarik so eng verzahnt wie sonst nirgends, das wird total spannend", freut sich Schlagenhaufer. Das Setting - Mord auf einem Fest des schottischen Adels - findet jedenfalls seine Entsprechung in einem Menü mit Champagnerkraut, Portweinjus und Minzsahne, so viel sei verraten.

Doch auch darüber hinaus hat das neue Programm einiges zu bieten: Neben den bewährten Formaten gibt es diverse Neuerungen. So beteiligt sich die Stadthalle erstmals am Kneipenfest, wenn das Wetter es zulässt, soll eine Bühne unter freiem Himmel aufgebaut werden. Außerdem hat Schlagenhaufer den bayernweiten "Tag der offenen Gartentür" für sich entdeckt: Vier Grafinger konnte er gewinnen, in ihren privaten Gärten wird je ein Künstler auftreten.

Und in der Stadthalle soll es ein Kinderprogramm geben - vom Basteln eines Insektenhotels über selbst gemachte Kräuterlimo bis hin zum Barfußparcours. Die Betreuung übernimmt die Jugendpflege. Ein völlig neues Projekt ist außerdem in Zusammenarbeit mit dem Gymnasium entstanden: ein P-Seminar, dessen Ziel es ist, eine Talkshow auf die Beine zu stellen. Man darf also gespannt sein auf die nächste Saison.

Infos und Vorverkauf: Buchhandlung Braeuer und Rathaus in Grafing, Bücherladen in Aßling oder www.stadthalle-grafing.de

© SZ vom 22.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: