Grafing:"Wir müssen gemeinsam für unsere Höfe kämpfen"

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Kreisbäuerin Barbara Kronester, Landesbäuerin Anneliese Göller und die stellvertretende Kreisbäuerin Franziska Pfluger beim Landfrauentag in Grafing. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Sympathisch, bairisch, locker - aber auch eine Frau für klare Worte: Ebersbergs neue Kreisbäuerin Barbara Kronester appelliert bei ihrem ersten Auftritt an die Landfrauen, ihre Stimme zu erheben.

Von Anja Blum, Grafing

Das Kuchengeschirr klappert, der Kaffee fließt in Strömen und der ganze Saal ist erfüllt von angeregtem Geplauder. Wie könnte es auch anders sein, bei einer Stadthalle voller Frauen? Und doch, eine Kleinigkeit ist an diesem Dienstagnachmittag anders, als man es von einem fast durchgängig weiblichen Publikum erwarten würde: die Köpfe. Kaum ein Zopf oder Dutt ist hier zu sehen, geschweige denn eine offene, wallende Haarpracht. Hier dominiert der Kurzhaarschnitt. Gelockt oder gerade, grau oder in voller Farbenpracht. Doch warum nur?

Ganz einfach: An diesem Tag sind die Landfrauen in Grafing zu Gast, Bäuerinnen, die es gewohnt sind, mit anzupacken und "Verantwortung zu tragen", so das Motto des diesjährigen Treffens. Und zu diesem Selbstverständnis gehört offenbar auch eine möglichst praktische Frisur. Was nun allerdings beileibe nicht heißen soll, dass diese Frauen nicht auf ihr Äußeres achten oder ihre Weiblichkeit verneinen würden. Ganz im Gegenteil: Allenthalben entdeckt der aufmerksame Beobachter hübsche Ohrstecker, bunte Tücher, fesche Janker und sogar ein paar Röcke. In Schürze und Gummistiefeln ist jedenfalls niemand erschienen.

In Bayern auch immer eine gute Wahl: das Dirndl - ein solches trägt Barbara Kronester, die neue Kreisbäuerin. Ein wenig merkt man ihr die Nervosität an, beim ersten großen Auftritt in neuer Funktion, doch das hindert die 54-Jährige nicht daran, das Publikum im Handumdrehen für sich zu gewinnen. Schon ihr erstes herzliches Grüßgott an alle lässt das Eis schmelzen.

Kronester ist einfach so sympathisch, bairisch, locker, dass man ihr selbst bei der langwierigen Begrüßung aller Ehrengäste aus Nah und Fern gerne zuhört. Der Ebersberger Landrat freue sich schon ganz lange auf den Landfrauentag, verrät sie dem Publikum augenzwinkernd, "weil er sich hier immer wie der Hahn im Korb fühlt". Die Abteilung Hauswirtschaft der Ebersberger Landwirtschaftsschule hingegen habe sich leider entschuldigen müssen. "Die sind alle verletzt." Leises Gekicher.

Die neue Kreisbäuerin kann nicht nur locker

Doch die neue Kreisbäuerin aus Oberpframmern kann nicht nur locker sein, sondern auch ernste Töne anschlagen. Mit wenigen, aber umso kämpferischeren Sätzen hält Kronester, die selbst von einem Bauernhof im Tölzer Land stammt, ein Plädoyer für bäuerlich-politisches Engagement. In Zeiten, die immer rauer würden und immer weniger Landwirten immer mehr abverlangten, müsse man "die Stimme erheben und so Meinung bilden".

Der Dialog zwischen Erzeugern und Verbrauchern in diesem Sinne sei essenziell, sagt die neue Kreisbäuerin und wünscht sich "ein gutes Miteinander aller Bauern", egal ob zum Beispiel in der Milchviehhaltung oder der Energieerzeugung tätig. "Wir müssen gemeinsam für unsere Höfe, für unsere Heimat kämpfen - damit die Tradition weiterleben kann."

Der Landrat gibt sich charmant und nennt die neu gewählte Mannschaft um Kronester ein sehr sympathisches Team, "außerdem ist es wohl das jüngste, das es je gab", so Robert Niedergesäß. Und überhaupt seien die Landfrauen mit ihrem vielfältigen Engagement - auf dem Hof, im Dorf, in der Politik oder in der Kirche - eine wichtige Stütze der Gesellschaft. "Das sind Damen, die uns stark machen."

Aber auch der Landkreis seinerseits versuche, die Landwirtschaft zu unterstützen, so Niedergesäß weiter, vor allem, in dem er regelmäßig zu Gesprächen einlade und die Regionalvermarktung voranzutreiben helfe. Die gute Zusammenarbeit mit dem Landratsamt, aber auch die Bedeutung regional erzeugter Lebensmittel bestätigte Franz Lenz, Kreisobmann des Bauernverbandes. Darüber hinaus gebe es allerdings nicht viel zu sagen. "Die Preise sind schlecht, das wissen wir alle - aber wir tun, was uns möglich ist."

Dass es gerade in einer immer komplexeren Welt Menschen brauche, die sich engagieren, war das Thema von Anneliese Göllers Vortrag "Landfrauen tragen Verantwortung". Schließlich sei Ehrenamt der Kitt einer Gesellschaft. Daher appellierte Göller an ihre Zuhörerinnen, die Mitgestaltung nicht anderen zu überlassen, sondern "gemeinsam nach Antworten auf die Fragen unserer Zeit zu suchen".

© SZ vom 01.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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