Grafing:Lärmschutz bleibt auf der Strecke

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Heftige Diskussionen an der Grafinger Stellwand: Roozbeh Karimi (rechts) erläutert Anwohnern die geplanten Verbesserungen. (Foto: Christian Endt)

Die Bahn informiert in der Stadthalle über anstehende Lärmschutzmaßnahmen entlang der Strecke Richtung Brenner. Zufrieden sind Anwohner und Lokalpolitiker damit nicht

Von Barbara Mooser, Grafing

Irgendwann verkündete Josef Emberger grantig seinen Abschied: "Das ist doch hier alles Larifari", schimpfte der frühere Grafinger CSU-Stadtrat, bevor er aufbrach. Andere Besucher, die am Montagnachmittag in die Grafinger Stadthalle gekommen waren, um sich über den künftigen Lärmschutz entlang der Bahn zu informieren, äußerten ihre Meinung dazu nicht ganz so ungeschminkt.

Dass sie fürchten, dass der Lärm entlang der Strecke zum Brenner gewaltig zunimmt, wenn der dortige Basistunnel eröffnet ist, machten sie den Vertretern der Bahn und des zuständigen Planungsbüros aber durchaus klar. Diese mühten sich, in zahlreichen Einzelgesprächen den Besuchern die anstehenden Verbesserungen nahezubringen. Doch am Ende standen sich wie am Anfang zwei Positionen gegenüber: die der Bahn-Fachleute, die unterstrichen, dass ohnehin mehr getan werde als gesetzlich vorgeschrieben - und die der Anlieger und örtlichen Politiker, denen das noch lange nicht genug ist.

Es war die erste öffentliche Informationsveranstaltung der Bahn im Landkreis Ebersberg über die geplanten Lärmschutzmaßnahmen entlang der Strecke Richtung Rosenheim. Bislang waren die Treffen den lokalen Politikern vorbehalten gewesen. Einen Vortrag zu den Plänen gab es dabei in der Grafinger Stadthalle nicht, stattdessen konnten sich die Besucher an großen Stellwänden über die geplanten Maßnahmen informieren.

Man habe festgestellt, so Bahn-Sprecher Michael-Ernst Schmidt, dass in dieser Form die Berührungsängste geringer seien und auch diejenigen ihre Fragen stellten, die das in einer Diskussionsveranstaltung mit großem Publikum und Mikrofon eher nicht wagten. Ziel der Veranstaltung sei es, die Einwände und Vorschläge der Bürger aufzunehmen und sie in die Planungen einfließen zu lassen. Auch wenn sich die Veranstaltung an alle Bürger entlang des nördlichen Teils der Strecke wandte - von Trudering bis Rosenheim - herrschte aus nachvollziehbaren Gründen vor allem vor den Stellwänden, auf denen es um die Grafinger Streckenabschnitte ging, Gedrängel.

Dass es immer lauter wird, nervt die Anwohner schon jetzt

"Ich bin an der Strecke München-Nürnberg mit der Bahn aufgewachsen, damals gab es sogar noch Dampfzüge. Ich bin also einiges gewohnt. Aber trotzdem werde ich hier manchmal nachts vom Lärm der Züge wach", berichtete eine Schammacherin. Und es werde immer lauter, sagte auch Angela Imhoff, Anwohnerin in Grafing-Bahnhof. Der Lärm habe in den vergangenen zweieinhalb Jahren, seit sie in die Nähe der Gleise gezogen sei, stetig zugenommen: "Die Schiebetüren vom Wintergarten kann ich nur sonntagnachmittags aufmachen, an allen anderen Tagen ist es zu laut." Neue Schallschutzwände sind aber weder in Schammach noch in Grafing-Bahnhof geplant; lediglich in Elkofen wird es eine neue, 400 Meter lange und drei Meter hohe Wand entlang der Gleise geben.

Kritik übten mehrere Anwohner an den von der Bahn verwendeten Daten: Etliche Gebäude nahe der Gleise wurden als Gewerbebetriebe eingetragen, obwohl dort auch Menschen leben. "Da kann doch wohl nicht sein", stellte etwa Stefanie Ederer, Geschäftsführerin des CSU-Ortsverbandes Vaterstetten-Parsdorf, beim Blick auf die Kartendarstellung des Baldhamer Marktplatzes fest: Das dortige Hotel wurde ebenfalls als Gewerbebetrieb markiert, dass dort Menschen leben, fiel unter den Tisch. Man habe die Daten vom Land Bayern erhalten, sagte Roozbeh Karimi, einer der zuständigen Planer. Fehler werde man aber korrigieren und in weitere Berechnungen einbeziehen: "Das ist schließlich immer noch ein Entwurf."

Ein Tunnel ist für Zornedings Zweite Bürgermeisterin zu schnell verworfen worden

Ohnehin wird das Thema die Menschen noch lange beschäftigen. "Ich denke, die Mehrzahl der Leute hat noch gar nicht auf dem Schirm, was zeitnah auf sie zukommt", vermutete Stefanie Ederer. Bianka Poschenrieder, Zweite Bürgermeisterin in Zorneding, hingegen bekommt jetzt schon viele Klagen der Bürger mit, vor allem auf Pöringer Seite, wo die Anwohner doch sehr auf eine Lärmschutzwand gehofft hätten. Die Verlegung der Strecke in einen Tunnel, die echte Entlastung gebracht hätte, war für die SPD-Politikerin viel zu schnell wieder vom Tisch: "Für alles haben sie Geld, aber dafür nicht", sagte Poschenrieder.

© SZ vom 19.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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