Grafing:Haben die Absperrungen den Notarzt behindert?

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Poller und Gitter sollen das Grafinger Bürgerfest vor Verrückten schützen, die mit einem Fahrzeug das Gelände stürmen wollen. Ob diese Maßnahmen auch den Notarzt aufhalten, wird in Grafing gerade diskutiert. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Grafing diskutiert gerade über einen Todesfall beim Bürgerfest - und spekuliert über Fehler beim Aufstellen der Barrieren.

Von Wieland Bögel, Grafing

Zu viel Sicherheit geht nicht. So könnte man die aktuelle Stimmungslage zusammenfassen, egal auf welcher Ebene lautet das Motto: mehr von allem. Mehr Kontrollen, mehr Absperrungen, mehr Sicherheit eben. In Grafing diskutiert man allerdings gerade darüber, ob die Sicherheit nicht vielleicht selbst ein Risiko darstellt und möglicherweise einen Menschen das Leben gekostet hat.

Passiert ist der Vorfall bereits vorvergangenen Samstag auf dem Bürgerfest. Dieses findet in Grafing traditionell immer zum Beginn der Sommerferien Ende Juli oder Anfang August statt, gerne kommen Gäste aus der Partnerstadt Saint-Marcellin in Frankreich zu Besuch - heuer dürften sie sich ganz wie zu Hause gefühlt haben. Denn wie in Frankreich seit Monaten, war am Festsamstag auch in Grafing Ausnahmezustand - zumindest ein bisschen.

Zwar gab es keine bis an die Zähne bewaffneten Fremdenlegionäre, dafür aber schwere Betonblöcke auf allen Zufahrtsstraßen vor dem Marktplatz. Diese sollten den Besuchern Schutz bieten, indem sie Amokfahrer fernhielten. Stattdessen, so zumindest sagen es einige Grafinger, hätten die Barrieren den Rettungswagen von einer akut kranken Besucherin ferngehalten, so dass die Frau letztlich starb.

Zumindest dieser Teil der Geschichte ist sicher: Beim Bürgerfest brach eine Besucherin plötzlich zusammen. Der Rettungsdienst konnte der Frau nicht mehr helfen. Woran sie genau gestorben ist, ist aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht zu erfahren, lediglich, dass sie wohl schon eine Vorerkrankung gehabt habe, die dann zu dem Zusammenbruch geführt hat. Nun spekulieren einige Grafinger, dass die Hilfe nicht erfolgreich war, weil der Rettungsdienst durch die Straßenblockaden behindert worden sein soll - so zumindest das Stadtgerücht.

"Das ist natürlich nur Klatsch"

Welchem Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) entschieden widerspricht: "Das ist tatsächlich nur Klatsch." Sie sei selbst Augenzeugin des Vorfalles geworden, die Retter seien so schnell an Ort und Stelle gewesen wie immer, trotz der Barrieren. Die ohnehin für die Sanitäter, die - wie immer auf größeren Veranstaltungen - auch rund um den Marktplatz in Bereitschaft waren, kein Hindernis darstellten.

Die Sanitäter seien darum sofort samt Ausrüstung und Transportbahre bei der Patientin gewesen. Genau wie der wenig später eintreffende Notarzt. Zudem habe sich der Vorfall in der Nähe einer der Zufahrten zum Marktplatz ereignet. Deshalb hätte der Krankenwagen gar nicht weiter als zu den Absperrungen fahren müssen, sei durch diese daher also auch nicht behindert worden, stellt Bürgermeisterin Obermayr klar.

Dafür spricht auch, dass bei der zuständigen Kriminalpolizei in Erding zwar der plötzliche Tod der Besucherin auf dem Bürgerfest untersucht wird - dies geschieht immer in solchen Fällen. Aber, so heißt es ausdrücklich bei der Kripo, es gebe keine Ermittlungen wegen möglicher Behinderungen von Rettungskräften, dafür gebe es keine Anhaltspunkte. Beim übergeordneten Polizeipräsidium Oberbayern Nord gibt es zum Bürgerfest zwar einen Eintrag - der betrifft aber eine Schlägerei am Bahnhof. Dass Rettungskräfte im Einsatz behindert wurden, ist auch dort nicht bekannt, so eine Sprecherin.

© SZ vom 09.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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