Neue Schau in Grafing:Mit der Kamera auf Spurensuche

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Der Fotoclub "Blende 85567" stellt im Grafinger Heimatmuseum sowie im Internet aus. Wegen Corona sind diesmal nicht nur aktuelle Aufnahmen zu sehen, sondern auch Schätze aus den Archiven der 22 Mitglieder.

Von Katrin Kastenmeier

Begibt man sich auf Spurensuche, richtet man den Blick meist in die Vergangenheit. So ist leicht zu erkennen, woran die Zeit nicht spurlos vorbeigegangen ist. In der Gegenwart muss man schon etwas genauer hinschauen, um sie nicht zu übersehen, die kleinen Wegweiser, die den schnelllebigen Alltag dokumentieren. Genau das aber haben die Mitglieder des Grafinger Fotoclubs " Blende 85567" zum Thema ihrer neuen Ausstellung im Museum der Stadt gemacht - und Ausschau gehalten. Nach Spuren, die oftmals mehr sind als vergängliche, alltägliche Fußabdrücke.

Aus rund 30 Vorschlägen ist für die Ausstellung des Vereins das Thema "Spuren" gewählt worden. Auf 64 Bildern zeigt sich nicht nur die Bandbreite zeitgenössischer Fotografie, sondern vor allem das große kreative Spektrum an Interpretationsmöglichkeiten durch die einzelnen Mitglieder. "Ein Motiv muss nicht per se schön sein, sondern vor allem eine Geschichte transportieren", sagt Ulrike Hohnheiser. Sie ist bei der Blende traditionell für die Hängung der Fotografien zuständig und hat die erneut im gesamten Erdgeschoss des Museums nach künstlerischer Ästhetik inszeniert. Ihr sei wichtig, dass die Bilder ihre volle Wirkung entfalten können und "dem Auge schmeicheln". So lassen sich in den Räumen unter anderem thematische Kategorien wie Spuren des Lichts, des Gebrauchs oder der Natur erkennen.

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(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Spuren eines Verbrechens, des Menschen in der Landschaft sowie des Verfalls:...

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(Foto: Fotos: Anke Heinrich/Alfons Brückl/Franz Vielhuber(oh))

...Die Mitglieder des Grafinger Fotoclubs "Blende 85567" haben wieder ein Thema ausgewählt,...

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(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

...das sich aus zahlreichen Perspektiven belichten lässt.

Es ist bereits die zehnte Ausstellung der Blende seit ihrer Gründung 2015, zum fünften Mal ist der Fotoclub nun im Museum der Stadt Grafing zu Gast. Da pandemiebedingt keine klassische Vernissage mit Gästen stattfinden konnte, wurde die Schau nur im kleineren Mitgliederkreis eröffnet. "Wir haben es trotzdem sehr genossen und ziehen viel aus diesem kulturellen Erlebnis", sagt Hohnheiser. Der Verein lasse sich jedenfalls auch in Zeiten, in denen persönlicher Kontakt oft fehle, nicht unterkriegen. Geht es nach dem Vorsitzenden Johannes Schmieg, darf im kommenden Jahr aber alles gerne wieder normal ablaufen - "mit Sonderöffnungszeiten, Buffet und viel Gelegenheit zum Austausch". Etwas Gutes kann man den Corona-Bestimmungen mit Blick auf die Schau dennoch abgewinnen: Wegen der eingeschränkten Reisefreiheit haben diesmal nicht nur aktuelle Aufnahmen Eingang gefunden, sondern auch Schätze aus den Fotoarchiven der 22 Vereinsmitglieder.

Für die Ausstellung ausgewählt wird ein Motiv in erster Linie, "wenn's einen in den Bann zieht und man zweimal hinschauen muss", erklärt Schmieg. Genau das ist bereits im ersten Ausstellungsraum der Fall, in dem laut Hohnheiser "eher unkonventionelle und spezielle Spuren" zu sehen sind. So fängt beispielsweise Anke Heinrichs Aufnahme das Thema "Spuren" auf kriminalistische Weise ein: Sie zeigt, wie Blutspuren an einer Steckdose gesichert werden. Mit Hilfe des sogenannten genetischen Fingerabdrucks kann diese kleine Spur zum Täter und schließlich zur Aufklärung führen. "Kriegsspuren" wiederum hat Anna Singer festgehalten: An einem friedlich wirkenden Wohnhaus mit Balkon und gelben Fensterläden erkennt man Dutzende Einschusslöcher. Ohne weiteren Kontext wie eine spezifische Ortsangabe kann das Bild laut Hohnheiser stellvertretend für die fotografisch eingefangen Spuren in vielen Krisengebieten stehen.

Johannes Schmieg und Ulrike Hohnheiser freuen sich, dass ihr Fotoclub "Blende 85567" trotz Corona im Grafinger Museum ausstellen kann. (Foto: Christian Endt)

Spuren können aber auch Mengenangaben sein. Gerade Allergiker werden damit häufig konfrontiert. Der Hinweis: "Kann Spuren von Nüssen enthalten" findet sich auf zahlreichen Lebensmittelverpackungen. Die drei Spuren in Form von Wal- und Haselnüssen, in Szene gesetzt von Doris Dietze, sind aber ganz und gar unbedenklich für den Betrachter. Dass es aber auch immer auf die subjektive Auslegung ankommt, beweist ein Motiv von Johannes Schmieg: Kündet rote Unterwäsche auf einem ungemachten Bett von einer vergangenen Nacht zu zweit - oder dokumentiert die lediglich die Unordnung einer Studentenbude? "Ohne Worte", so der Titel des Werks, lässt es offen.

Ansonsten dominiert das Motiv der natürlichen Verfallsspuren. Ob Architektur oder Technik, besonders deutlich erkennt man hier, wie sich die Natur alles zurückholt. So macht sie weder vor einem kroatischen Kirchturm halt, noch vor zwei ausrangierten "Jumbo Jets" auf einem Bangkoker Flugzeugfriedhof, festgehalten von Franz Vielhuber. Auch das Erscheinungsbild der Erde wurde geprägt durch diverse Spuren der Erosion. Mächtige Flüsse wie der Antelope Canyon in Arizona oder der Tauglbach im Salzburger Land graben sich durch die Landschaft, sie wurden von Carsten Heinelt und Alfons Brückl kunstvoll in Szene gesetzt. "Ich finde die unterschiedlichen Sicht- und Herangehensweisen unserer Mitglieder immer wieder spannend", sagt Hohnheiser. Denn egal, ob mit ausgefeilter Fototechnik oder ganz spontan in Passion, die Ergebnisse seien stets eine tolle Überraschung.

Spuren eines Verbrechens, des Menschen in der Landschaft sowie des Verfalls: Die Mitglieder des Grafinger Fotoclubs "Blende 85567" haben wieder ein Thema ausgewählt, das sich aus zahlreichen Perspektiven belichten lässt. (Foto: Fotos: Anke Heinrich/Alfons Brückl/Franz Vielhuber(oh))

Nichts desto trotz dürfen bei dieser Vielfalt an Motiven auch die klassischen Fußabdrücke im Sand nicht fehlen. Mal von Menschen, mal von einer frisch geschlüpften Meeresschildkröte im Oman, die von Carsten Heinelt auf ihrer ersten anstrengenden Reise Richtung Wellen festgehalten wurde. Noch häufiger finden sich aber ausdrucksstarke Landschaften mit Straßen aller Art und aus aller Welt. Von Ebersberger Feldern über den Burj Khalifa bis hin zu Bergen in Frankreich kann man sich auf Spurensuche begeben. Und wer sich nicht sattsehen kann an all den kreativen Werken der Blende 85567, darf getrost aufatmen: Die Ausstellung sowie eine Tonbildschau können auch jederzeit online auf der Webseite des Fotoclubs besichtigt werden. Hier erhält man neben Mitgliederpräsentationen auch Einblicke in Praxistreffen und die Wettbewerbserfolge des Vereins.

Ausstellung des Fotoclubs "Blende 85567" im Museum der Stadt Grafing; geöffnet donnerstags von 18 bis 20 Uhr und sonntags von 14 bis 16 Uhr, zu sehen bis 12. September. Außerdem online unter www.blende85567.de.

© SZ vom 15.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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