Glonn: Stadel verliert Denkmalschutz:Von der Liste gestrichen

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Ein rund 200 Jahre alter Stadel bei Glonn verliert seinen Denkmalschutz - weil im Laufe der Jahre zu viel daran verändert wurde. Jetzt muss das Gebäude einem Wohnhaus weichen.

Anja Blum

Um neuen Wohnraum zu schaffen, müssen manchmal altehrwürdige Gebäude weichen, auch wenn sie den Ort um eine historische Note bereichern - so wie jetzt in Glonn: Im Ortsteil Schlacht wird ein Stadel abgerissen, der bisher Denkmalschutz genossen hat.

Dieser Stadel bei Glonn soll abgerissen werden - bislang stand er unter Denkmalschutz. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Weil der Eigentümer bauen will, hat das Landesamt für Denkmalpflege das Objekt überprüft und ist dabei zu dem Schluss gekommen, dass es nicht mehr schutzwürdig sei: "Im Laufe der Jahre ist zu viel an dem Gebäude verändert worden, vor allem im Inneren haben einige Umbaumaßnahmen stattgefunden. Das hat in der Summe nicht mehr gereicht", erklärt Bernd-Peter Schaul vom Denkmalamt. Die Folge: Der Schlachter Stadel wurde aus der Denkmalliste gestrichen und damit zum Abriss freigegeben.

Für Schaul kein Grund zu Besorgnis: "Das ist kein außergewöhnlicher Vorgang, damit müssen wir leben." In die Entscheidung gefügt hat sich auch Kreisheimatpfleger Markus Krammer. Wenn ein Gebäude nur noch zu 20, 30 Prozent aus Originalteilen bestehe, dann mache der Denkmalschutz einfach keinen Sinn mehr. "Dann muss ich einverstanden sein." Zu den Originalelementen des Stadels zählen laut Krammer nur die Grundmauern aus Tuffstein sowie Teile des Dachstuhls. Im Laufe der Zeit sei der Stadel immer wieder umgebaut und den Bedürfnissen angepasst worden.

Glonns Bürgermeister Martin Esterl scheint mit dem Abriss ebenfalls einverstanden zu sein: Es seien sowieso nur noch einzelne Elemente erhaltenswert gewesen. Außerdem, erklärt Bauamtsleiter Reinhard Brilmayer, habe die Gemeinde in Sachen Denkmalschutz nichts zu melden. Man sei informiert worden, dass der Stadel keinen Auflagen mehr unterliege, und habe jetzt nur noch den Neubau an gleicher Stelle zu prüfen. In der Sitzung des Hauptausschusses wurde denn auch nicht über den Abriss diskutiert, sondern lediglich über die Schallschutzwand, die das neue Wohngebäude abschirmen soll.

Umringt von neuen Wohnhäusern

Der Schlachter Stadel liegt am nord-westlichen Ortsrand, direkt an der Straße Richtung Oberpframmern. Das Gebäude gehörte zu einem landwirtschaftlichen Betrieb, wird aber laut Brilmayer schon lange nicht mehr genutzt. Heute ist es umringt von neuen Wohnhäusern. Der Kreisheimatpfleger datiert die "Grundzüge" des Gebäudes auf den Zeitraum um 1800. Laut Anita Langer von der Unteren Denkmalbehörde in Ebersberg ist nur gesichert, dass der Stadel 1973, als die bayerische Denkmalliste erstellt wurde, in diese aufgenommen wurde: "Aber über diese Eintragung gibt es keine Unterlagen."

Ergiebiger sind die Auskünfte des Glonner Heimatpflegers Hans Obermair: Der Stadel war Teil des Urban-Anwesen, das einmal der größte Hof in Schlacht gewesen sei. Bis 1803 habe das Anwesen zum Kloster Weyarn gehört, dann sei es im Zuge der Säkularisation in Staatsbesitz gelangt. Seit den 1860-er Jahren gehöre es einer Glonner Familie. Martina Wimmer, die heutige Besitzerin, wollte sich zu der Angelegenheit allerdings nicht äußern.

Grund für die Freigabe des Stadels sind laut Landesamt bauliche Veränderungen aus der Vergangenheit - die allerdings genehmigungspflichtig gewesen wären. Für deren Überprüfung zuständig ist die Ebersberger Behörde. "Es sind wohl vor einiger Zeit Baumaßnahmen an dem Stadl vorgenommen worden, aber es kann sein, dass damals kein Antrag gestellt wurde. Dann können wir nichts machen", erklärt Anita Langer. Krammer bestätigt dies - und verweist auf die Frage nach nachträglichen Sanktionen auf das Prinzip der Verhältnismäßigkeit: "Wenn es um ein Denkmal von überörtlicher Bedeutung geht und die Veränderungen noch nicht allzu lange her sind, wird man sicher an Strafen denken." Doch bei dem Stadel sei beides nicht der Fall. Es sei sogar wahrscheinlich, dass die Umbauten noch vor der Eintragung in die Denkmalliste geschehen seien.

Für die Aufnahme in die Liste ausschlaggebend war laut Krammer wohl ein Bundwerk an der Außenfassade, das heute noch zu sehen ist. "Damals hat man vor allem nach äußeren Merkmalen geurteilt", erklärt der Kreisheimatpfleger. Bundwerk ist ein Begriff aus der Zimmermannskunst und bäuerlichen Baukultur vor allem des 19. Jahrhunderts in Bayern und Österreich. Dabei werden Balken teilweise in Gitterform oder schräg über Kreuz verbunden. Seine Blüte erlebte das Bundwerk zwischen 1830 und 1860, als neben Zimmerern auch Maler und Schnitzer die Holzfassaden künstlerisch gestalteten, oft mit Fabelwesel oder christlichen Symbolen. Derart Kunstvolles findet sich am Schlachter Stadel jedoch nicht.

© SZ vom 02.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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