Glonn: Ärger mit Jugendlichen:Anonymes Anprangern

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Die Glonner sind sauer: Jugendliche würden sich am Bahnhof betrinken und Drogen nehmen. In einem Schreiben beschweren sie sich. Der Bürgermeister kritisiert eine "Unkultur des Motzens".

Anja Blum

Jugendliche, die sich an öffentlichen Plätzen betrinken, laut Musik hören, Passanten belästigen, fremdes Eigentum zerstören und jede Menge Müll hinterlassen: Dieses Problem gibt es nicht nur an sozialen Brennpunkten, sondern offenbar auch in beschaulichen Orten wie der Marktgemeinde Glonn. Mehrere Glonner Bürger haben sich in einem anonymen Schreiben mit der Bitte um Intervention an die Gemeinde gewandt.

In Glonn gibt es Ärger um die Szene am Wartehäuschen dse Busbahnhofs. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

"Mit Bestürzung" habe man festgestellt, dass Jugendliche an der Bushaltestelle am Bahnhofsplatz Alkohol und andere Drogen - man nehme an Marihuana -, konsumierten. Die Wartehäuschen seien jeden Tag "sehr schmutzig". Die Verfasser des Schreibens rufen die Gemeinde und die Polizei auf, etwas dagegen zu unternehmen. "Es sind unsere Kinder - minderjährig die meisten, die durch den Konsum massiv gefährdet sind", heißt es.

Am Bahnhof finde ein "regelrechter Handel" statt, weswegen man um verschärfte Kontrollen und Prävention bitte. Zwar wisse man, dass sich derartige Probleme oft nur an andere Orte verlagerten, aber anfangen müsse man eben dort, wo es aktuell sei. "Nehmen sie bitte dieses Problem sehr ernst", schreiben die Verfasser und fügen ihrem Aufruf noch eine Drohung hinzu: "Sollte nichts geschehen, wenden wir uns an die Presse."

Glonns Bürgermeister Martin Esterl bedauert, dass sich die Verfasser hinter der Anonymität verstecken: "Hätten sie das direkte Gespräch mit mir gesucht, so hätte ich ihnen sagen können, was ich bereits gegen den Missstand unternommen habe. Und noch wichtiger: Ich hätte die betroffenen Bürger sogar mit in die Problemlösung einbinden können." Außerdem sei anonymes Anprangern immer auch ein Stück Resignation - und die sei alles andere als angebracht, schreibt Esterl im aktuellen Gemeindeblatt.

Bereits seit Jahren gebe es auch in Glonn Probleme mit kleinen Gruppen Jugendlicher an wechselnden Orten, so der Bürgermeister. Die jungen Menschen suchten sich immer wieder neue Treffpunkte, wo sie unter sich seien, Angebote wie Jugendtreffs interessierten sie nicht. "Leider kommt es dabei immer wieder zu untragbaren Auswüchsen." Im konkreten Fall heiße das: Vermüllung des Platzes, Belästigungen durch Lärm sowie mutwillige Zerstörungen. Bezüglich des angeblichen Drogenhandels gebe es allerdings "keine konkreten Feststellungen".

Er selbst suche zunächst immer den Kontakt mit den Jugendlichen, erklärt Esterl, im vergangenen Jahr habe er zum Beispiel einer Gruppe Platzverbot erteilt. Zusätzlich arbeite er mit den Schulen und der Ebersberger Polizei zusammen, es gebe einen regelmäßigen Informationsaustausch. Kürzlich habe er erstmals mehrere Namen von betroffenen Jugendlichen erhalten, so dass er zusammen mit der Schule direkt reagieren und die Genannten habe ansprechen können. Der Erfolg solcher Unterredungen sei aber freilich schlecht messbar.

"Wir nehmen die Bestürzung der Bürger sehr ernst", sagt Glonns Bürgermeister, doch die Drohung mit dem Gang zur Presse kanzelt er ab: Sie führe nur zu Konfrontationen zwischen denjenigen, "die ihre Energie eigentlich darauf verwenden sollten, die Probleme zusammen mit den Jugendlichen anzugehen". Anstelle einer Unkultur des Motzens, Unterstellens, Denunzierens und Kriminalisierens solle man alle Energien mobilisieren, um zu einer Lösung zu kommen.

In diesem Sinne ermuntert Esterl alle Glonner dazu, genau hinzuschauen, sich nicht wegzudrehen, sondern die Missstände anzusprechen. Man solle auf die Jugendlichen zugehen, mit den Eltern, den Verantwortlichen in der Schule oder Gemeinde sprechen und notfalls die Polizei verständigen. "Wir brauchen ihre Zivilcourage." Man dürfe und müsse Respekt und Rücksichtnahme einfordern, notfalls mit dem entsprechenden Nachdruck. "Aber wir sollten auch Vorbilder sein für eine offene Kultur der Konfliktbewältigung."

© SZ vom 10.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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