Max Mannheimer:Die Vermählung der Farben

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Von Kandinsky inspiriert: Einige seiner Gemälde und Hinterglasbilder stellt Max Mannheimer im Rathaus Ebersberg aus. Die stilistische Vielfalt ist riesig.

Von Rita Baedeker, Ebersberg

Wer Max Mannheimers spätes Tagebuch, seine Berichte über Demütigung, Qual und Tod in den Lagern Theresienstadt und Auschwitz gelesen hat, kann schier nicht glauben, zu welch menschlicher Größe, versöhnlicher Haltung und tiefem Humor der heute 96-Jährige fähig ist. Fast seine gesamte Familie wurde 1943 in Auschwitz-Birkenau ermordet. Überlebt haben nur er und sein Bruder.

Ob als Zeitzeuge und Mahner vor jungen Menschen, die oftmals nichts mehr über diese dunkle Zeit wissen - oder nichts wissen wollen -, ob als Präsident der Lagergemeinschaft Dachau: Als einer, der durch die Hölle gegangen ist, leistet er bis heute auf seine liebenswert-weise Art Widerstand gegen das Vergessen, gegen die dunklen Mächte von Hass, Rassismus und Gewalt; für zahlreiche Menschen ist er zum Vorbild geworden.

Gemälde und Zeichnungen in der Rathausgalerie Ebersberg

Getragen haben ihn über Jahrzehnte nicht nur Humor und Lebensmut, sondern auch die Kunst. Er begann zu malen, um die Schrecken zu verarbeiten, die er während des Holocaust erlebt hat. Unter dem Künstlernamen "ben jakov" ("Sohn Jakobs") als Erinnerung an seinen ermordeten Vater hat er ein umfangreiches, häufig ausgestelltes und facettenreiches Werk geschaffen. Von diesem Donnerstag an werden Gemälde, Zeichnungen und Hinterglasbilder von Max Mannheimer auch in der Rathausgalerie Ebersberg gezeigt.

Allerdings macht der Haarer aus seinem Kunstschaffen keine große Sache. "Ich bin kein Maler, bloß ein Kleckser", hat er einmal gesagt. Auch dieses Mal tritt er bescheiden auf. "Ich male nicht, ich vermähle nur die Farben." Einen entscheidenden Anstoß zur Malerei gab ihm das Werk von Wassily Kandinsky. Wie dieser wandte sich auch der Autodidakt Mannheimer der Abstraktion zu, später inspirierte ihn das action painting eines Jackson Pollock, einer durch Intuition und Bewegung entstehenden, mit dem Zufall spielenden Malweise.

Da durchziehen rote, schwarze und blaue Farb-Gerinnsel und -spritzer eine graue Fläche. In Aquarellfarben gemalte abstrakte Formen lösen sich an den Rändern auf. In einem bedrohlich wirkenden Armageddon aus Grau und Schwarz mit einer wie gefroren aussehenden Brandung, "leuchtet" eine schwarze Sonne oder ein Mond. Ein schwarzes Liniengeflecht erinnert an Zäune, Baumskelette. Das Bild atmet Chaos und Zerstörung.

Ausstellung bis Ende Juni

Ganz anders, eher skurril und Paul Klee-artig, das optisch verzerrte Gitter aus Tintenstrichen. Darin, wie in einem Setzkasten, allerlei Figuren - Flammen, Schlangen, Noten, Fische, Blumen, Sterne und andere rätselhafte Chiffren. Wer Max Mannheimers Geschichte kennt, wird in den Bildern nach Spuren des erlittenen Schreckens suchen und in einigen Fällen - vielleicht - auch finden. Von Lebenslust und Fröhlichkeit künden dagegen bunte Kreidezeichnungen und minimalistische Motive auf Karton.

An rundbogige Glasfenster erinnern mehrteilige, akkurat gemalte vielfarbige Kompositionen aus geometrischen und amorphen Fragmenten. In Ebersberg werden Arbeiten aus mehreren Jahrzehnten gezeigt. Daher ist die stilistische Vielfalt der Bilder, welche Kuratorin Antje Berberich zusammen mit Schwester Elija Boßler vom Dachauer Kloster Heilig Blut, Mannheimers Managerin, ausgesucht hat, riesig. Dazu sind in der Kleinen Galerie einige Hinterglasbilder zu sehen, manche ein leuchtendes Beispiel von Farb- und Lebenslust.

Die Ausstellung wird eröffnet an diesem Donnerstag, 18.30 Uhr, im Rathaus Ebersberg. Dazu wird ein Film von Peider A. Defilla gezeigt. Der Künstler ist anwesend. Zur Einführung spricht Schwester Elijah Boßler. Es moderieren Antje Berberich und Angelika Otterbach. Bis 30. Juni

© SZ vom 14.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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