Gewerbegebiet Pöring:Kein neues Einkaufszentrum für Zorneding

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Das Pöringer Gewerbegebiet soll erweitert werden, da sind sich Gemeinderat und Bürgermeister einig - aber nicht darüber, welche Firmen einziehen. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Der Gemeinderat entscheidet sich gegen zusätzliche Geschäfte im Gewerbegebiet Pöring. Nur einer stimmt für das Projekt.

Von Viktoria Spinrad, Zorneding

Im Pöringer Gewerbegebiet wird es in naher Zukunft kein größeres Einkaufszentrum geben. Bürgermeister Piet Mayr (CSU) blieb in der Gemeinderats-Sondersitzung am Dienstag der einzige Verfechter des im Jahr 2012 angestoßenen Projekts. Dieses hatte aus Sicht vieler Gemeinderäte eine unliebsame Gestalt angenommen: Zusätzlich zu den ursprünglich geplanten Umzügen der bestehenden Rossmann- und der Penny-Filiale auf die andere Straßenseite, die erst den Abschub für das Projekt gegeben hatten, standen nun auch ein großer Bio-Supermarkt, eine Apotheke, ein Küchenstudio und Show-Rooms auf der Liste der möglichen Bezieher.

Pläne, die die Gemeinderäte so sehr verärgerten, dass sie selbst eine erläuternde Stellungnahme des Planers ablehnten. Stefanie Berndlmeier (CSU) sprach von "Wahnsinn" und "zuramschen"; Helmut Obermaier (Grüne) stellte infrage, ob es überhaupt zulässig ist, gegenüber des bestehenden Gewerbegebiets ein Gewerbegebiet West II in der vorgelegten Form zu schaffen. "Das ist eine große Fläche", sagte er mit Blick auf die Stellungnahme der Regierung von Oberbayern. Nach ihrer Einschätzung würde das Einkaufszentrum zusammen mit dem Gewerbegebiet West I eine überörtlich raumbedeutsame Ansammlung von Einzelhandel, also eine Ballung bilden.

Ein potenzielles K.o.-Kriterium für das Einkaufszentrum - was die Gemeinde in ihrer Abwägung aber anders sieht: Demnach trenne der zwischen den beiden Gebieten verlaufende Georg-Wimmer-Ring die Areale in zwei Gewerbegebiete, sodass kein einheitlicher Einzelhandelsstandort und damit keine Agglomeration vorliege. Zudem verweist die Gemeinde auf die Oberste Landesplanungsbehörde und ein vom Planer in Auftrag gegebenes Gutachten - beide kommen zur selben Einschätzung.

Dieses Gutachten der bayerischen Handelsberatung (BBE), das wie die Oberste Landesplanungsbehörde kein Agglomerat sah, kritisierte Obermaier: "Die BBE versucht das zu kaschieren." Für ihn blieb ebenfalls offen, ob die Anbindung der Gemeinde an den öffentlichen Nahverkehr ausreicht, damit der Standort am Rande des Ortsteils Pöring noch als "städtebaulich integriert" gilt. Auch unter dieser Prämisse hatte die Regierung von Oberbayern das Projekt als "städtebaulich integriert" und die Flächenausweisung als zulässig eingestuft. "Wir haben keinen ÖPNV für ein so großes Zentrum", sagte Obermaier.

"Das ist gelaufen"

Auch die anderen Gemeinderäte kritisierten die vorgeschlagene Zusammensetzung des Einkaufszentrums. "Das haben wir alles schon", sagte Franz Lenz (Freie Wähler); Peter Pernsteiner (FDP) bezeichnete den recht klein geplanten Schuhmarkt als "Witz". Johannes Schott (CSU) monierte, dass man solche Konzerne behalten oder anlocken wolle, die in Zorneding Gewerbesteuern zahlen und "nicht solche, die ihre Steuern verschieben."

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Zwar ließ der Bürgermeister seine Mitarbeiterin Diana Saiger vom Bauamt vor der Abstimmung erklären, dass man mit einer Ablehnung gänzlich "neu ins Verfahren gehen muss". Aber auch das änderte nichts: Schlussendlich erteilten die Gemeinderäte dem Einkaufszentrum in seiner jetzigen Form eine klare Absage. "Das ist gelaufen", sagte Planer Gottfried Frick vor dem Rathaus und schüttelte den Kopf.

Damit muss nun wieder von vorne geplant werden. Die Absage an das Großprojekt kommt zu einer Zeit, in der die Gemeinde zusätzliche Einnahmen aus Gewerbesteuer gut gebrauchen könnte: In den kommenden Jahren plant sie, Millionen in den Kita-Ausbau zu investieren. Mit einem geplanten Kredit wird die Gemeinde im Jahr 2020 voraussichtlich erstmals seit Jahrzehnten wieder rote Zahlen schreiben. "Natürlich ist es schade um die Gewerbesteuer", sagt die Zweite Bürgermeisterin Bianka Poschenrieder (SPD) am Mittwoch am Telefon. Allerdings sei der ursprüngliche Gedanke der Gemeinde - die Kaufkraft im Ort zu behalten und von außen etwas zusätzliche Kundschaft zu generieren - mit den Plänen nicht gegeben gewesen.

Mit der Entscheidung des Gemeinderats greift nun der alte Bebauungsplan, der die Wiese weiterhin als Gewerbegebiet ausweist. Damit ist der ursprüngliche Plan - den Rossmann und den Penny mit mehr Platz auf der anderen Straßenseite zu stärken - kaum noch umsetzbar. Zudem läuft der Vertrag mit Rossmann zum Jahresende aus.

"Dann hat Zorneding gar keinen Drogeriemarkt mehr", prognostiziert Gottfried Frick. Der Unternehmensberater, der das Projekt entwickelt, kritisiert, dass die Regierung von Oberbayern die beiden Umzüge in ihrer Einschätzung zu einer übermäßigen Ballung gar nicht berücksichtigt hätte. Zudem hätten zum Beginn des Verfahrens auch noch andere Läden Interesse gezeigt. In den Jahren, in der sich das Verfahren aber in die Länge zog, "hat sich die Einzelhandelslandschaft mit dem Online-Shopping verändert", sagt Frick. Und: "So etwas habe ich noch nie erlebt."

© SZ vom 22.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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