Hilfsangebot:Ebersberg finanziert das Erdinger Frauenhaus weiter

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Der Landkreis Ebersberg beteiligt sich auch in den kommenden vier Jahren. Der Kreistag will aber prüfen, ob man künftig eigene Wege gehen sollte.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Der Landkreis Ebersberg wird auch in den kommenden vier Jahren das Frauenhaus im Nachbarlandkreis Erding mitfinanzieren. Das hat der Kreisausschuss am Montag beschlossen. Das Gremium will in dieser Zeit aber prüfen lassen, ob Ebersberg anschließend eventuell eigene Wege geht und selbst eine Einrichtung betreibt, in der misshandelte Frauen und deren Kinder Zuflucht finden können. Am Vorgehen des Erdinger Landrats, das nun zum Trägerwechsel beim Frauenhaus geführt hat, äußerten mehrere Kreisräte Kritik. "Äußerst unglücklich", nannte es etwa Alexander Müller, stellvertretender Vorsitzender der CSU/FDP-Fraktion.

Der Erdinger Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) hatte im Februar 2017 im Alleingang und aus Kostengründen dem bisherigen Betreiber des Frauenhauses, dem Sozialdienst katholischer Frauen, gekündigt. Zuvor war der Landkreis Freising aus der Kooperation mit Erding und Ebersberg beim Betrieb von zwei Frauenhäusern in der Region ausgestiegen. Im März wird nun die Trägerschaft der Einrichtung im Landkreis Erding auf das BRK übergehen.

Diese Entwicklungen machten auch eine neue Vereinbarung zwischen den Landkreisen Erding und Ebersberg notwendig - weil diese dem Landkreis Ebersberg so spät zugegangen war, musste sie im Kreisausschuss und nicht im eigentlich zuständigen Sozialausschuss behandelt werden, um einen reibungslosen Übergang am 1. März gewährleisten zu können.

Schon allein das finde er seltsam, merkte SPD-Fraktionschef Albert Hingerl an - schließlich sei der Betreibervertrag des Landkreises Erding mit dem BRK bereits im September unterschrieben worden, wie entsprechende Veröffentlichungen zeigten: "Das zeigt, dass man uns nicht ernst nimmt, das ist nicht in Ordnung, das ärgert uns."

Generell äußerten Vertreter aller Fraktionen die Erwartung, dass der Landkreis Ebersberg als Partner stärker mit in Entscheidungen der Erdinger eingebunden wird, dies will Landrat Robert Niedergesäß (CSU) seinem Erdinger Kollegen auch in einem Schreiben deutlich machen.

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Grundsätzlich billigten alle Vertreter im Ausschuss die neue Vereinbarung. Sie sieht vor, dass sich beide Landkreise den jährlichen Zuschuss für das Frauenhaus von maximal 85 000 Euro teilen, jeder übernimmt 50 Prozent. Somit wird der Landkreis Ebersberg also eher weniger zahlen als in den Vorjahren, laut den Zahlen der Verwaltung fielen bisher zwischen 43 000 und knapp 84 000 Euro jährlich allein für Ebersberg an.

Einig waren sich die Vertreter im Ausschuss auch, dass man es dennoch nicht zwangsläufig für immer bei dieser Lösung bewenden lassen will. Grünen-Fraktionschefin Waltraud Gruber erinnerte an ein Gutachten aus dem Sozialministerium, wonach es zum einen ohnehin zu wenige Plätze in Frauenhäusern gibt und es zum anderen für betroffene Frauen im Ballungsraum München extrem schwierig ist, nach dem Frauenhausaufenthalt eine neue Wohnung zu finden. Ein übergreifendes Konzept sei hier notwendig.

Auch Alexander Müller (FDP) sagte, eine möglichst langfristige Lösung sei nötig, die dürfe auch am Geld nicht scheitern. Thomas Huber (CSU) sprach sich ebenfalls dafür aus, genau zu prüfen, ob mit der Zusammenarbeit mit Erding der Bedarf auch wirklich gedeckt werden könne. Elisabeth Platzer (SPD) sagte, die Einrichtung im Landkreis Erding sei schwierig zu erreichen, viele Frauen gingen lieber nach Rosenheim oder München.

Daher solle man prüfen, ob künftig ein eigenes Frauenhaus im Landkreis Ebersberg betrieben werden könne. Martin Wagner (CSU) und Christian Eckert (Bayernpartei) wiesen darauf hin, dass die räumliche Nähe zum Wohnort für viele Frauen gar keinen Vorteil darstelle, sie bevorzugten die Anonymität und eine räumliche Distanz zum gewalttätigen Partner. Alle diese Fragen sollen im März diskutiert werden, wenn das Thema im Sozialausschuss erneut auf die Tagesordnung kommt, dann wird auch ein entsprechender Antrag der Grünen behandelt.

Wie viele Frauen im Landkreis von häuslicher Gewalt betroffen sind, ist schwer zu sagen. Im Jahr 2017 wurden bei der Polizei Poing laut stellvertretendem Dienststellenleiter Manfred Winter 202 Vorgänge angezeigt, in Ebersberg waren es laut Sepp Christandl, dem zuständigen Sachbearbeiter, 135 Fälle. Nicht selten erleidet aber eine Frau mehrmals Gewalt von ihrem Partner - diese Fälle tauchen in der Statistik dann jeweils einzeln auf.

Nach Angaben Christandls ist die Zahl der Anzeigen gestiegen, 2015 etwa waren es in Ebersberg noch 94. Dies liege auch daran, dass die Frauen inzwischen eher bereit seien, Anzeige zu erstatten und Hilfsangebote anzunehmen. Über die Möglichkeit, in einem Frauenhaus Schutz zu suchen, informieren die Fachleute beider Polizeiinspektionen die betroffenen Frauen, auch Kontakte zu anderen Hilfsangeboten würden vermittelt, sagen Winter und Christandl.

© SZ vom 07.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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