Energiewende in Zorneding:Gealterte Innovation

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Arbeitskreis diskutiert über Zukunft der ersten Bürger-PV-Anlage

Von Andreas Junkmann, Zorneding

Vor fast genau 20 Jahren haben vier Zornedinger Bürger großen Weitblick bewiesen und sich an ein Thema herangewagt, das damals noch an Science-Fiction grenzte: die Erzeugung von Strom mittels einer Solaranlage auf dem Dach. Um dieses innovative Projekt zu unterstützen, hatte die Gemeinde der Gruppe eine Fläche auf der Pöringer Grundschule zur Verfügung gestellt, wo wenig später die erste Bürger-Photovoltaikanlage im Ortsgebiet entstanden ist. Damals wurde von beiden Seiten vereinbart, dass der Gestattungsvertrag Ende 2022 ausläuft und bis Ende dieses Jahres eine Entscheidung darüber fallen muss, wie es mit dem einstigen Prestigeobjekt weitergeht.

Diese Frage beschäftigte nun die Mitglieder des Zornedinger Arbeitskreises Energiewende in ihrer jüngsten Sitzung am Dienstagabend. Mehrere Varianten standen im Raum, die Klimaschutzmanagerin Elisabeth Buchmann dem Gremium vorstellte. Demnach könnten die vier Solarpaneele, die eine Gesamtleistung von 13,8 Kilowatt-Peak (kWp) erbringen, als erste Option einfach von den jetzigen Eigentümer weiterbetrieben werden. Der Gestattungsvertrag würde sich dabei um weitere fünf Jahre verlängern - eine Lösung, die der Gemeinde zwar Arbeit ersparen würde, für die Betreiber aber ein gewisses Risiko birgt. Denn laut Buchmann lasse sich mit der Anlage nurmehr eine deutlich reduzierte Einspeisevergütung von etwa vier Cent pro Kilowattstunde erzielen. Das sei nur solange wirtschaftlich, bis Instandhaltungskosten entstehen - was bei einer 20 Jahre alten PV-Anlage wahrscheinlich nicht mehr lange auf sich warten lässt.

Als weitere Option nannte die Klimaschutzmanagerin, die Anlage einfach ersatzlos abzubauen. "So wie ich Sie kenne, ist das aber nur eine theoretische Möglichkeit", sagte Buchmann in die Runde - wohlwissend, dass die Gemeinde bestrebt ist, die Energiewende am Ort voranzutreiben. Deshalb sei auch denkbar, den vier Bürgern die Solaranlage abzukaufen und entweder sofort für den Eigenverbrauch zu nutzen oder durch eine modernere Konstruktion zu ersetzen. Vor 20 Jahren ist vertraglich geregelt worden, dass eine mögliche Ablöse 250 Euro pro kWp beträgt, insgesamt wären also 3500 Euro fällig. "Die Anlage funktioniert immer noch sehr gut", sagte Buchmann. Es könne den Bürgern deshalb womöglich etwas schwer vermittelbar sein, wenn man sie abbaue und durch eine neue Anlage ersetze.

Das sah offenbar auch Helmut Obermaier (Grüne) so, der sich für den Eigenbetrieb durch die Gemeinde aussprach. "Die Anlage reicht aus, um den kompletten Tagesverbrauch der Schule zu decken", sagte er. Zudem verwies Obermaier darauf, dass die Solarzellen auf dem Dach für die Schülerinnen und Schüler gleich ein anschauliches Lehrbeispiel seien, wie Energiewende ganz konkret funktioniere. Er würde sich aber auch darüber freuen, wenn die Konstruktion noch weiter ausgebaut werden würde, wie Elisabeth Buchmann zuvor ins Spiel gebracht hatte. Das allerdings würde die Gemeinde einem Rechenbeispiel der Klimaschutzmanagerin zufolge rund 41 000 Euro kosten.

Doch sonderlich spendabel zeigten sich die Gemeinderäte in dieser Sitzung ohnehin nicht, wie eine längere Debatte über die vertraglich geregelte Ablöse zeigte. Siad-Matthias Abdin-Bey (FDP), Jutta Sirotek und CSU-Kollege Robert Strobl kritisierten den aus ihrer Sicht zu hohen Betrag von 250 Euro pro kWp. "Ich tue mir schwer, eine alte Anlage für diesen Preis zu kaufen", sagte Letzterer. Strobl plädierte dafür, nochmals das Gespräch mit den Eigentümern zu suchen und über die weitere Vorgehensweise zu diskutieren. Dem stimmte auch Ausschussmitglied Wolfgang Poschenrieder zu. Hans-Werner Franke vom Energie-Forum Zorneding hielt dagegen, man solle nicht nur auf den wirtschaftlichen Aspekt schauen, sondern vor allem die mögliche CO₂-Einsparung im Auge behalten.

Bald war klar, dass es an diesem Abend keine endgültige Entscheidung über den Fortbestand der PV-Anlage geben wird. Auf Vorschlag von Bürgermeister Piet Mayr (CSU) hin, sprach sich das Gremium bei drei Gegenstimmen dafür aus, den vier Eigentümern entgegen der ursprünglich vereinbarten Summe lediglich eine Ablöse von 100 Euro pro kWp als Verhandlungsbasis anzubieten. Auf die Frage was passiert, sollten die Besitzer der Solaranlage diesen Vorschlag ablehnen, hatte trotz länglicher Diskussion am Ende niemand eine Antwort.

© SZ vom 28.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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