EHC Klostersee:Kalt erwischt

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So richtig glatt gegangen ist es mit der neuen Kältemaschine im Grafinger Eisstadion nicht. Der Betrieb der Anlage kommt die Ebersberger Bürgerenergie deutlich teurer zu stehen als beim Kauf kalkuliert. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die von der Bürgerenergie im Landkreis Ebersberg eG (BEG) betriebene Kältemaschine im Grafinger Eisstadion ist weit weniger effizient als erhofft. Welche Auswirkungen das auf die Rendite hat, bleibt offen - denn eine Stellungnahme der Genossenschaft gibt es bislang noch nicht

Von Thorsten Rienth, Grafing

Kein Investment in New York, Shanghai oder Dubai sollte sie sein. Sondern eines gleich neben der Haustür. Noch dazu ökologisch-nachhaltig und mit Unterstützung des lokalen Breitensports. Doch nach drei Jahren Betrieb stellt sich nun heraus, dass die von der Bürgerenergie im Landkreis Ebersberg eG (BEG) betriebene Kältemaschine im Grafinger Eisstadion weit weniger effizient arbeitet als ursprünglich angenommen.

Bei dem Genossenschaftsmodell gehe es um die "Finanzierung zur Energieeinsparung mittels neuester Technologie", hatte die BEG zum Projektstart vor etwa vier Jahren geworben. Zwischen 30 und 50 Prozent solle sich der Energieaufwand der modernen Ammoniakanlage im Vergleich zur alten Kälteanlage des Grafinger Eisstadions reduzieren. Und dabei rund 40 Tonnen CO₂ jährlich einsparen. Die Unterhalts- und Wartungskosten würden von 45 000 auf 25 000 Euro im Jahr sinken. Die aus all dem resultierenden jährlichen bis zu 3,25 Prozent Zinsen stellten ein attraktives Investment dar, resümierte die BEG. Die Anteile waren ziemlich schnell gezeichnet.

Zumindest aus Perspektive des Eisstadionbetreibers EHC Klostersee - er kauft der BEG die Kälteleistung ab - treffen die einst guten Aussichten nicht zu. "Nun, nach drei Jahren Betrieb haben sich die erhofften Effekte nicht eingestellt und die Kosten sind (...) gestiegen", zog das Grafinger Rathaus in seiner Beschlussvorlage für den Sportausschuss am Dienstagabend eine recht ernüchternde Bilanz.

Zum jetzigen Jahreszeitpunkt sollen die Kosten für die Kälteerzeugung bei rund 138 000 Euro liegen. Anstatt der angepeilten knappen Halbierung gibt es also mindestens eine Verdreifachung. 113 386 Euro will der EHC für die Eisaufbereitung bislang mehr bezahlt haben als erwartet.

Anders als das Ergebnis ist der Kassensturz selbst keine Überraschung. BEG, Stadt und Landkreis sowie der EHC Klostersee hatten sich im Jahr 2014 auf die Vorgehensweise geeinigt: Nach drei Jahren Betrieb würde man sich die Zahlen anschauen. Dann rede man nochmals übers Geld - und gegebenenfalls über eine Anpassung des Betriebskostenzuschusses. Den zahlen Stadt und Landkreis dem EHC, weil auch zahlreiche Jugendmannschaften das Stadion nutzen.

Natürlich stellt sich vor dieser Zeitachse nun die unangenehme Frage, warum das deutliche Defizit nicht schon viel früher öffentlich geworden war? Bei einem Turnus von drei Jahren hätte die Neuberechnung schon zum 1. Januar 2018 erfolgen müssen. Womöglich hätte man schon damals reagieren können. Dass die Kosten bereits im ersten Betriebsjahr mit rund 58 000 Euro mehr als das Doppelte über dem Ansatz (25 000 Euro) gelegen hatten, müsste jedenfalls spätestens im Jahr 2016 bekannt gewesen sein.

"Es gibt bei solchen Anlagen immer eine Anlaufkurve, der Betrieb ist echt komplex", erklärte EHC-Vorstand Michael Schunda. Stellschrauben für eine deutliche Optimierung würde es wohl geben. "Doch dazu müsste man an die Steuerung rankommen." Auch dies ist deutlich komplexer als zu vermuten wäre: Der Generalunternehmer des Systems sei insolvent, sickerte mittlerweile durch.

Warum mit Schunda der Kunde der Anlage und nicht der Betreiber BEG zu Wort kommen musste? Die BEG kam gar nicht erst in die Sitzung. BEG-Geschäftsführer Kurt Scholz war am Mittwoch auch auf mehreren Nummern telefonisch für die SZ nicht zu erreichen.

So bleibt bislang nur der Verweis auf eine Aussage, die ihm in der Beschlussvorlage zur Sitzung zugeschrieben wird: Das Problem seien "Projektierungsmängel bei der Einstellung der Anlage". Die BEG wolle mit dem Projektierer der Anlage - dies ist nicht der Generalunternehmer - "nochmals Kontakt aufzunehmen".

Offen bleibt vorerst auch, ob die gestiegenen Kosten der Kälteanlage auf die Rendite der Genossenschaft Auswirkungen haben. In Stadtratskreisen wird dies verneint. Der EHC Klostersee zahle für die Kälte ja keinen Fixbetrag, sondern die tatsächlich jedes Jahr anfallenden Kosten. Bestätigen oder dementieren kann die Schlussfolgerung allerdings wohl nur die BEG.

Der Grafinger Sportausschuss weigerte sich jedenfalls einstimmig, die zwischenzeitlich angestrebte Erhöhung des städtischen Betriebskostenzuschusses um 40 000 Euro auf 130 000 Euro zu erhöhen. Erst einmal solle sich die BEG an die Optimierung der Steuerung machen - und darlegen, warum Prognose- und Ist-Werte derart weit auseinander lägen.

Für die 111 386 Euro, die der EHC Klostersee bereits an die BEG überwies, springt die Stadt allerdings ein. Bislang war es Usus, dass der Landkreis die Hälfte davon übernimmt.

© SZ vom 18.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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