Umstrittenes Projekt:Bürgerentscheid zu Windpark im Ebersberger Forst kommt

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Landrat Robert Niedergesäß (rechts) hat nichts gegen Windräder, will aber wissen, ob die Bürger es auch so sehen. (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Der Umweltausschuss des Kreistages votiert mit knapper Mehrheit dafür, die Landkreisbürger über den Bau der fünf Rotoren abstimmen zu lassen.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Der seit neun Jahren geplante Windpark im Ebersberger Forst nimmt konkretere Formen an. Der Umweltausschuss des Kreistages sprach sich einstimmig für den Bau der fünf Windräder aus und verständigte sich auf ein Vorgehen, wie man dies trotz der Vorgaben des Landschaftsschutzgebiets umsetzen will. Ob dies aber je geschieht, ist zumindest offen. Denn mit knapper Mehrheit votierte der Ausschuss auch dafür, in einem landkreisweiten Bürgerentscheid über das Projekt abstimmen zu lassen. Dies soll spätestens zusammen mit der kommenden Bundestagswahl im Herbst 2021 stattfinden. Der Kreistag muss dieses Vorgehen in seiner Sitzung am Montag noch endgültig beschließen, angesichts der Mehrheiten dürfte dies aber reine Formsache sein.

Das Landschaftsschutzgebiet soll erhalten werden

Seitens der Verwaltung war man sichtlich um Vollständigkeit bemüht. Denn bevor die Ausschussmitglieder überhaupt mit der Diskussion begannen, gab es mehr als eine Stunde lang diverse Stellungnahmen zu hören - teilweise mit hohem Wiedererkennungswert. Zunächst referierte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) ausführlich die Geschichte des Projekts. Er nahm auch Bezug auf das jüngste Gutachten, wonach eine sogenannte Zonierung des Landschaftsschutzgebietes aufgrund des Naturschutzes nicht möglich sei, da der Forst überall in etwa von den gleichen Tieren und Pflanzen besiedelt ist. Da die Vorgaben des Landschaftsschutzgebietes aber auch "Eigenart der Landschaft" und den Naherholungswert einbeziehen, sei vielleicht hier eine Öffnung möglich. Was am Ende auch so beschlossen wurde, bei zwei Gegenstimmen votierte das Gremium dafür, "die Rechtsform eines Landschaftsschutzgebietes möglichst aufrecht zu erhalten".

Auch, dass nicht mehr als fünf Windräder gebaut werden sollten, und sich der Landkreis dies vom Freistaat als Eigentümer des Forstes vertraglich zusichern lassen solle, war weitgehend unstrittig. Bei einer Gegenstimme - jener von Vincent Kalnin (Linke), der für mehr Windräder plädierte - wurde dies beschlossen. Zudem bestimmte das Gremium Flächen, die von Windrädern frei gehalten werden sollen.

Warum es überhaupt keine Windräder im Forst geben sollte, erläuterte Friederike Paster. Die Juristin im Landratsamt stellte erneut die Position der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) vor. Diese warnt vor Gefahren für die Vögel und Fledermäuse im Speziellen und für das Ökosystem Forst im Allgemeinen. In eine ähnliche Richtung, aber deutlich emotionaler, argumentierte Kerstin Mertens von der Schutzgemeinschaft Ebersberger Forst, sie sprach von "Industriegiganten", die auch die Eigenarten der Landschaft und die Naherholungsfunktion beeinträchtigten. Für Unmut im Publikum und bei den Gremienmitgliedern sorgte Catrin Dietl von "Landschaftsschutz Ebersberger Land" - eine Gruppe Purfinger, die am Ortsrand mit Blick auf den noch windradfreien Forst leben. Es sei unmöglich, die Zahl der Windräder auf fünf zu begrenzen, so Dietl, und schon diese seien sehr schädlich. Es folgte eine Generalabrechnung mit der Windkraft, von Feuergefahr über Mikroklima bis Grundwasserverschmutzung durch Fundamente war alles dabei. Der Landrat sah sich schließlich genötigt die Referentin um ein rasches Ende ihres Vortrages zu ersuchen und zu widersprechen: "Die Aussage, die Zahl sei nicht begrenzbar, ist falsch."

Die CSU hält eine Ablehnung für nicht unwahrscheinlich

Gegenrede kam auch vom Klimaschutzmanager des Landkreises, Hans Gröbmayr. Er stellte erneut die Eckpunkte des Meilensteinplans Energiewende vor, der ohne die fünf Windräder nicht umzusetzen sei - die gerade einmal 0,3 Promille der Forstfläche beanspruchen würden. Er warnte zudem davor, ein so komplexes Thema in einem Bürgerentscheid abzuhandeln: "Wenn das kommt, werden die Bilder dazu von Angst geprägt sein - dem haben wir nichts entgegenzusetzen."

Eine Einschätzung, die zumindest einige in der CSU teilen. So forderte Martin Lechner, einen zusätzlichen Punkt in den Beschluss aufzunehmen: die "worst-case-Betrachtung". Der Landkreis solle die Energiewende schon jetzt so planen, als ob der Bürgerentscheid verloren sei. Denn es sei zu erwarten, dass eher "die hingehen, die dagegen sind". Dieser Punkt wurde einstimmig mit aufgenommen.

Die SPD hatte den Punkt Bürgerentscheid zunächst per Geschäftsordnungsantrag absetzen wollen, weil nicht geklärt sei, ob ein solcher überhaupt rechtens sei. Laut Verwaltung habe man das aber inzwischen mit der Regierung von Oberbayern abgeklärt. Voraussetzung ist, dass sich die Frage ausschließlich auf grundstücksrechtliche Belange bezieht, da dies im Wirkungsbereich des Landkreises liege, so Niedergesäß. Die SPD zog ihren Antrag daraufhin zurück.

Nicht jedoch die Kritik am Entscheid. Bianka Poschenrieder (SPD) nannte ihn "ein Abschieben unserer Entscheidung auf die Bürger, getarnt als Basisdemokratie". Waltraud Gruber (Grüne) sagte, "wir müssen den Mut aufbringen, auch für manche unpopuläre Entscheidungen zu treffen". Ludwig Maurer (FW) nannte den Bürgerentscheid "undemokratisch, weil sich nur ein kleiner Teil der Bürger beteiligen wird". Die Kreisräte als gewählte Vertreter sollten entscheiden. Ursula Bittner (SPD) gab zu bedenken, dass viel Zeit verloren gehe, wenn man den Entscheid erst im Herbst 2021 zur Bundestagswahl mache: "Wenn schon, dann früher". Zumindest in diesem Punkt zeigte sich die CSU einverstanden.

Ganz überzeugt von der Fraktionsdisziplin schien man bei der CSU indes nicht zu sein und beantragte eine Unterbrechung zur Beratung. Danach stimmten die Christsozialen geschlossen für den Bürgerentscheid, da auch Simon Ossenstetter (FW) mit dafür stimmte, gab es eine knappe Mehrheit von acht zu sieben Stimmen.

© SZ vom 25.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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