Ebersberg:Musikalisches Gipfeltreffen

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Bravourös: De Francesco-Trio und Landesjazzensemble

Von Claus Regnault, Ebersberg

Das Festival EBE Jazz 19 erreichte im Konzert des Landesjazzensembles Bayern und - nach der Pause - des Joey De Francesco-Trios noch einmal einen absoluten Höhepunkt. Hier traf die Crème de la Crème des bayerisch-europäischen Jazz auf die entfesselte Wildheit des amerikanischen Ur-Jazz.

Das Landesjazzensemble ist durchaus illuster besetzt. Die sechs Musiker, Claus Reichstaller (Trompete), der Schweizer Jost Häfner (Tenorsaxofon), Paulo Morello (Gitarre), Tizian Jost (Piano), Henning Sieverts (Bass) und Bastian Schütte (Drums) bilden - ob Professor oder nicht - ein Meisterteam, jeder der Gruppe ist wirklich Meister seines Instruments. Ihr Ensemble-Spiel zeichnet sich durch demokratisch-freundliche Zugewandtheit aus, mit der Folge, dass sich auch das Publikum einbezogen fühlt.

Jeder der sechs steuerte eine eigene Komposition bei, jeweils eingeführt von Jost als Moderator, der jeden Kollegen die Geschichte seiner Komposition erzählen ließ. So sprach Sieverts etwa über einen "Night Flight" nach Südamerika, Häfner erzählte, wie er im "Bar-talk with Bela" die Reaktion vorbeigehender Passanten auf seine im Autoradio laut gestellte Bartok-Musik kompositorisch aufgezeichnet hat. Die Musiksprache des Sextetts basiert auf Neo-Bop mit südamerikanischer Note, so beispielsweise im Bossa-Titel "Let's vamos" von Paulo Morello. Es ist "Gesellschaftsjazz" im besten Sinne, wie man an der guten Laune des Pausenpublikums anmerken erkennen konnte.

Welch ein Kontrast, fast ein Schock die Performance des De Francesco-Trios mit dem Chef an Orgel, Sax und Trompete, Troy Roberts (Saxofon und Akustik-Bass) und dem uns schon vertrauten Billy Hart (Drums). Alle drei sind Meister der Entfesselung, Kraft und Wildheit dieser Urmusik. Nach zauderndem Beginn - bis Hart endlich seinen Platz an den Drums eingenommen hatte - brach ein musikalischer Feuersturm los, der zunächst den Musikern mehr Spaß zu machen schien als dem Publikum. Sie jedenfalls lachten sich gegenseitig zu, und nach und nach geriet auch das Publikum in sich steigernden Jubel.

Was sind das aber auch für Musiker: De Francesco nicht nur eminent virtuos, sondern die Klangregister seines vielsprachigen Instruments farbig auskostend, aus seinen Fingern funkensprühend und dazwischen - den Tumult beruhigend - einen bluesigen Trompeten-Gesang anstimmend. Zur Beruhigung trug auch der so einfallsreiche Troy Roberts bei, der wunderbar durchdachte und empfundene Improvisationslinien auf dem Sax beisteuerte und mit seinem Bass das musikalische Geschehen fundamental grundierte. Und, als ultimativer Herrscher über Donner und Blitz, Billy Hart, der seine große Schlagkunst, unsere Erinnerung an sein Spiel noch überbietend, zu ultimativer Rhythmus-Explosion steigerte.

Alles in allem ein Abend, der uns erfahren ließ, was Jazz auch ist: ein Ausdruck enthemmter, unbändiger Lebensfreude. Herzlichen Dank an die Veranstalter.

© SZ vom 21.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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