Ebersberg:Kunst zum Mitnehmen

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Zwischen gemalten Bäumen und echten Blättern präsentiert Petra Knopf eine Stahlskulptur ihres Mannes Heinrich Knopf. Darin eingeschweißt ist ein geheimer Gegenstand - Freud hätte seine Freude gehabt. (Foto: Heinrich Knopf/oh)

Petra Knopf betreibt im Münchner Glockenbachviertel eine Galerie. Den Gästen gefallen ihre Ausstellungen - doch das allein macht die Aßlingerin nicht glücklich

Von Jan Schwenkenbecher

Zum Glück gibt es die meterlange LED-Kette. Durch Hofeinfahrt, Hinterhof und eine Stahltreppe hinab führt sie in die versteckte Galerie. Am Anfang der Kette, auf den Straßen des Münchner Glockenbachviertels, parken die Autos. Am Ende der Kette parkt die Kunst.

Weil die Ausstellungen dort meist nicht lange dauern, heißt die Galerie von Petra Knopf nämlich "Kurzparkzone". Seit fünfeinhalb Jahren betreibt die 53-Jährige aus Aßling den Laden in München. Sechs, sieben Mal im Jahr stellt sie dort "etablierte Künstler und talentierte Newcomer" aus. Immer nur wenige Tage, meist von Freitag bis Sonntag, gelegentlich auch an einem "langen Donnerstag", so Knopf. Das ist so, weil zu den Öffnungszeiten immer auch die Künstler selbst vor Ort sind, den Gästen ihre Werke erklären, darüber diskutieren oder streiten.

Eher etabliert als unbekannt sind die beiden Künstler, die zuletzt ihre Werke in der Kurzparkzone präsentierten. Unter dem Titel "Spiel mit den Naturen" stellten der Moosacher Maler Stefan Heide und der Bildhauer Heinrich Knopf, der Ehemann der Galeristin, aus. An den Wänden hingen Bilder von Heide, die alle den Wald zeigten, durch Perspektive und Farben aber ganz unterschiedliche Stimmungen erzeugten. Am Boden lag Laub. Im Raum, auf kleinen Tischen, lagen Stahlskulpturen von Knopf, vieleckig geformte Körper, die alle ein Geheimnis bargen: Der Künstler hat in jedes Objekt einen Gegenstand eingeschweißt. Welchen, das verrät er nicht. Damit es spannend bleibe. Allerdings gibt es zu jeder Füllung einen kleinen Text. Zum Beispiel: "Wenn zwei das Gleiche haben, so ist es doch nicht dasselbe". "Das kann dann ein Hinweis auf den Inhalt sein", erklärte Knopf und ergänzte schelmisch grinsend: "oder auch nicht".

Weniger geheimnisumwoben: die Preise der Kunstwerke. Sie waren auf einer Liste ausgezeichnet, der größte und teuerste Körper kostete 4400 Euro. Auch die Bilder waren nicht nur zum Gucken, sondern auch zum Mitnehmen. Stefan Heide und Heinrich Knopf sind schließlich professionelle Künstler, beide bestreiten mit der Kunst ihren Lebensunterhalt. "Ich stelle hier nur Profis aus", sagt Petra Knopf. Sie selbst malt zwar auch, aber nur als Hobby. Sie ist Galeristin.

Dabei lernte die Aßlingerin zunächst etwas ganz anderes, Knopf ist ausgebildete Physiotherapeutin. Elf Jahre lang betrieb sie im Erdgeschoss desselben Hauses ihre eigene Praxis. Die heutige Galerie diente damals als Waschküche. Lange Zeit wohnte Knopf auch im Glockenbachviertel, dann aber kamen die Kinder und mit ihnen die Sehnsucht nach Ruhe, nach Gemütlichkeit - nach Aßling. Die Kellerräume behielt sie aber, "als Stadtdomizil, als Hobbyräume", wie Knopf sagt. Über ihren neuen Mann Heinrich Knopf fand sie schließlich zur Kunst. Und die stellte sie dann im Hobbyraum aus.

Freilich auch, um etwas Geld einzunehmen. Zwar klinge Glockenbach teurer, als es die teils feuchten Kellerräume letztlich seien, so Knopf. "Aber ich muss auch die Werbung, die Einladungskarten, den ganzen Abend und alle Fixkosten bezahlen",erklärt sie. Daher sei sie darauf angewiesen, dass die Gäste nicht nur guckten, sondern auch mal die Geldbörse zückten. Die Künstler bezahlen nichts für die Schau ihrer Werke - die Parkplätze in der Kurzparkzone sind gratis. Allerdings bekommt Knopf eine Provision, wenn ein Gast während der Ausstellung ein Kunstwerk erwirbt.

Das aber passiert zu selten. "Es kommt schon vor, dass wer was kauft", sagt Knopf, "es könnte aber öfter sein." Die Leute kämen gerne, fänden alles super und wünschten viel Glück - "aber unser Glück liegt auch darin, dass sie etwas mitnehmen", so Knopf. "Die Kunst bei uns ist nicht nur zum Anschauen da, wir sind ja kein Museum." Im Übrigen gebe es immer auch Kunstwerke zu erschwinglichen Preisen. Bei der jüngsten Ausstellung kostete die kleinste Stahlskulptur 350 Euro.

Trotzdem - oder vielleicht auch deswegen - hat Knopf nun eine andere Taktik ersonnen: Der Wein, der in der Kurzparkzone früher umsonst ausgeschenkt wurde, kostet jetzt einen Euro je Glas.

© SZ vom 23.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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