Freiwilligendienste:Spitz auf Knopf

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Beim Kreisjugendring ist man auf FSJler angewiesen, nun ist die Stelle in Gefahr. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Zwar hat die Bundesregierung die Kürzungen bei den Freiwilligendiensten zurückgenommen und die Finanzierung nun bis Ende 2024 zugesagt. Allerdings richtet sich ein "Freiwilliges Soziales Jahr" nach dem Schul- und nicht dem Kalenderjahr: Beim Ebersberger Kreisjugendring ist von 2025 an die Stelle bedroht.

Von Thorsten Rienth, Ebersberg

Zwölf Monate freiwillig in Vollzeit in einer Kultureinrichtung? "So bekommst du einen Einblick in das Arbeitsfeld Kultur, sammelst vorberufliche Erfahrung und stärkst deine Persönlichkeit", so beginnt die Ausschreibung für die am 1. September beginnende FSJ-Stelle beim Ebersberger Kreisjugendring (KJR). "Neben der praktischen Arbeit nimmst du an 25 Bildungstagen teil. Auf den vier übers Jahr verteilt stattfindenden Seminaren mit künstlerischen Workshops sowie auf weiteren frei wählbaren Bildungstagen lernst du vieles über Kulturarbeit, kannst dich beruflich orientieren und persönlich weiterentwickeln."

Im dritten Jahr in Folge bietet der KJR eine einjährige Freiwilligendienststelle im Bereich "Bildung und Kultur" an. Dutzende Schnittstellen mit lokalen Einrichtungen wie "8er Rat", "Bunt statt Braun", Frauennotruf, Helferkreise, aber auch zu diversen Bundesprogrammen inklusive. Entwickeln sich die Dinge aber ungut, ist mit zwölf Monaten Freiwilligendienst erstmal Schluss.

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Ob unentbehrliche Unterstützung in der Klinik oder Ansprechpartner auf Augenhöhe für Kinder: Werden die Sparpläne der Bundesregierung umgesetzt, müssten auch im Landkreis Ebersberg viele Einrichtungen auf wertvolle Mitarbeiter verzichten.

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Natürlich, das ganz große Problem, nämlich überhaupt keine FSJ-Gelder, ist seit dem "Ampel"-Kompromiss zum Bundeshaushalt 2024 erstmal gelöst. Die ursprünglich geplanten Kürzungen für die Freiwilligendienste wurden wieder zurückgenommen.

Aber etwas ganz Entscheidendes fehlt nach wie vor: "Es gibt - anders als in den Vorjahren - heuer keine Verpflichtungsermächtigung", erklärt Katrin Althoetmar vom Münchner "Spielmobile". Der eingetragene Verein fungiert als bayernweiter Koordinator für die Freiwilligendienste in der Sparte Kultur und Bildung. Aus dem zuständigen Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend heißt es: Förderzusagen könnten nicht erfolgen, solange politisch keine Haushaltsmittel eingeplant sind. Es ist ein bisschen wie im sprichwörtlichen Bild mit der Katze, die sich in den eigenen Schwanz beißt.

Es gibt künftig keine Garantie, dass die FSJ-Stelle bis zum Ende finanziert wird

Die Ermächtigung hängt damit zusammen, dass die Freiwilligenjahre stets im September beginnen, der Staatshaushalt aber im Januar. "Damit die Einrichtungen planen konnten, waren die Fördermittel immer mit einer Verpflichtungsermächtigung versehen", sagt Althoetmar. Diese entspricht der Zusicherung, dass die verbleibenden acht FSJ-Monate des jeweils neuen Jahres dann aus dem Etat des Folgejahres übernommen werden.

Ebersbergs KJR-Geschäftsführer Philipp Spiegelsberger will nicht auf die Freiwilligen verzichten. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Und jetzt? "Wir hängen zwischen den sprichwörtlichen Stühlen", sagt Ebersbergs KJR-Geschäftsführer Philipp Spiegelsberger. "Wir können ja schlecht eine zwölfmonatige Stelle ausschreiben und dann beim Kennenlerngespräch sagen: 'Achtung, überlegt euch doch sicherheitshalber ab dem Januar einen Plan B., danach gibt es leider vielleicht keine Finanzierung mehr.'" Darüber hinaus sei auch die Zeitachse ein problematisches Thema. "Hinter einem FSJ steckt einiges an Koordinationsarbeit und verbindlichen Absprachen mit anderen Beteiligten, Planungssicherheit ist da richtig wichtig."

Leonie Gillhuber aus Moosach kam über eine FSJ-Stelle auf den Geschmack für Sozialberufe, heute studiert sie in Augsburg Soziale Arbeit. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ortswechsel nach Augsburg zu Leonie Gillhuber aus Moosach. Die heute 20-Jährige hatte vor zwei Jahren die KJR-FSJ-Stelle besetzt. "Ich war damals gerade mit dem Abi fertig und wusste nicht so richtig, was ich tun sollte", erzählt sie. Dann begann ihr Freiwilligenjahr. "Ich hab' wahnsinnig viel gelernt über Jugendarbeit und wie man sie professionell auf die Beine stellt", erzählt sie. "Bei Demokratie-Förderungs-Workshops mitgearbeitet, Verwaltungsaufgaben wie die Zuschussvergabe übernommen, bin Projektleiterin vom Jugendkulturpreis gewesen, war bei den Vorstandssitzungen dabei - das war alles supernah an der Praxis", zählt sie auf. In Hinblick auf Sozialthemen hat es bei Leonie Gillhuber gefunkt: Seit Herbst studiert sie in Augsburg Soziale Arbeit - und sitzt nun ehrenamtlich im KJR-Vorstand.

"Auf solche Berichte künftig verzichten, nur weil es dieses Jahr keine Verpflichtungsermächtigung gibt?", fragt KJR-Geschäftsführer Spiegelsberger. "Das wäre doch der Wahnsinn!" Aber es geht ihm nicht nur um die Bildungserfahrung von künftigen FSJlern. "Die frischen Perspektiven der jungen Leute gerade auch auf unsere Arbeit tun uns auch hier im KJR richtig gut - und damit auch wieder den Organisationen im Landkreis, die in der Jugendarbeit tätig sind."

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