Corona im Landkreis Ebersberg:Interesse an Impfung nimmt ab

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Einen Termin im Impfzentrum Ebersberg zu bekommen, ist einfacher denn je - doch immer weniger beliebt. Das Team wünscht sich wieder mehr Bereitschaft und weniger Beschwerden. Ein Besuch bei denen, die täglich die Pandemie bekämpfen.

Von Katrin Kastenmeier

Wir nehmen unsere Aufgabe jeden Tag sehr ernst", versichert Liam Klages, Leiter des Ebersberger Impfzentrums. Aktuell sei zu den sechs Impfärzten täglich ein Team von rund 15 Personen im Einsatz, um den Ablauf so reibungslos wie möglich zu gestalten. Dieser ist simpel: Terminbuchung, Anmeldung vor Ort, ein kurzer Aufenthalt im Wartebereich, ein Abstecher in eines der Behandlungszimmer, ein Schlenker zur Abmeldung, dann schon wieder raus. Sogar ein spontanes Vorbeischauen ist seit kurzem möglich, "Walk-In Vaccination" von neun bis 17 Uhr, wie es auf der Homepage heißt. "Dieses Angebot wird gut angenommen", sagt Klages, betont aber, dass eine kurze Terminvereinbarung vorab für alle Beteiligten besser wäre, denn "aktuell gibt es meist immer sofort einen freien Slot".

Im Ebersberger Impfzentrum ist alles bestens vorbereitet. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Doch stößt dieses Engagement bei den Impflingen überhaupt auf Dankbarkeit? "Eher nein", sagt Klages - vielmehr werde die Euphorie unter den Geimpften mit jedem Monat weniger. Auch die Unzufriedenheit mit den Pandemie-Maßnahmen oder Hygienevorschriften entlade sich gerne mal im Impfzentrum, sagt dessen Leiter. "Wir sind hier oft der Blitzableiter oder die Corona-Rechtsberatung". Während zu Beginn der bundesweiten Impfkampagne nach dem Piks in den Arm sogar das ein oder andere Freudentränchen geflossen und dem Arzt kurzerhand mit Schokolade gedankt worden sei, wünscht sich das Team um Klages aktuell: wieder "mehr Bereitschaft". "Denn auch wir machen keinen Urlaub".

Der Andrang in den Kabinen wie jener von Assistent Christian Kubik und Impfärztin Sonja Kopp hält sich in Grenzen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

In Kabine zehn haben Doktor Sonja Kopp und Christian Kubik das Kommando. Hinter einer langen Plexiglasscheibe im wenige Quadratmeter großen Behandlungszimmer stehen zwei Schreibtische, ein Ventilator und eine mobile Waschstation. Die Aufgaben sind klar verteilt: Sie sticht, er kümmert sich um Organisatorisches. Patientendaten checken, Stempel in gelbe Impfbüchlein drücken, Fragen zur Zweitimpfung beantworten. Kann ich mir das Vakzin aussuchen? Gibt es den digitalen Impfausweis schon? Kubik ist 24 Jahre alt, eigentlich studiert er Psychologie, seit März unterstützt er das Ebersberger Impfzentrum als medizinischer Assistent. "Ab Tag eins war für mich klar: Ich arbeite hier an etwas Gutem, das sozial wichtig ist", sagt er. Und dass er besonders über den sozialen Austausch nach den langen Lockdown-Wochen froh ist.

Noch wird der vordere Teil des Gebäudes als Impfzentrum genutzt ... (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Zwei bis drei Mal pro Woche kommt Kubik in das ehemalige Sparkassengebäude an der Kolpingstraße, in dem seit Dezember täglich bis zu 750 Menschen geimpft werden können. Statt Bankschaltern befindet sich in der hellen und lichtdurchfluteten Halle nun ein Wartebereich. Weiße Stühle, daneben weiße Behandlungsräume, eine sterile Kulisse, ganz im Zeichen der Pandemiebekämpfung. Das Personal saust in weißen Kitteln zwischen wartenden Patienten hindurch. Noch mal kurz die Temperatur messen.

"Ein gutes Gefühl": Tobias Gröber und sein Sohn Niklas haben sich das zweite Mal impfen lassen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Auch an diesem Nachmittag läuft es eher zäh, zwar sind knapp 90 Terminbuchungen für den ganzen Tag eingetragen, die Impfwilligen würden aber wahrscheinlich erst nach 16 Uhr eintröpfeln, mutmaßt Ärztin Sonja Kopp. Gerade hat sie wieder einen Schwung Biontech verimpft, nach diesem Vakzin herrsche weiterhin die meiste Nachfrage. Auch die Gröbers haben gerade diesen Impfstoff bekommen, "Zweitimpfung nach der Astra-Aktion im Mai", wie Vater Tobias Gröber erklärt. Beim Impfmarathon am Ebersberger Volksfestplatz haben er und sein Sohn sich die erste Dosis geholt, jetzt sind sie froh, dass auch die zweite im Arm ist. "Das ist ein gutes Gefühl", sagt der 19-jährige Niklas Gröber und lobt den entspannten Ablauf vor Ort: "Keine Wartezeit, und jetzt noch die schöne Aussicht." Die beiden Männer deuten auf die Kunstwerke an der Wand gegenüber, eine Initiative des Ebersberger Kunstvereins. Das inhaltliche Spektrum der Werke ist groß, von Viren bis zu Blumen, sie setzen damit freundliche Kontraste zum Weiß der medizinischen Atmosphäre.

An der Eingangstür neben der Anmeldung kleben bunte Zettel mit gemalten Corona-Monstern und kleine Notizen von Geimpften, die sich für den unkomplizierten Besuch bedanken, denn seit kurzem dürfen auch Kinder ab zwölf Jahren ein Vakzin bekommen. Sie müssen von mindestens einem Fürsorgeberechtigten begleitet werden und eine Einverständniserklärung dabei haben. "Am Kinderimpftag waren 250 Kids da", erinnert sich Sonja Kopp. Gerade unter den 16-Jährigen sei die Freude riesig gewesen, zum einen sicherlich wegen bevorstehender Partys in den Sommerferien, aber vor allem auch wegen der PCR-Testpflicht in den Schulen und Freizeiteinrichtungen. Das vergesse man immer schnell, sagt die Ärztin.

Vergessen von der Politik fühlt sich auch Liam Klages. Das Problem: Der Vertrag des Ebersberger Impfzentrums ist bis 30. September begrenzt. Wie es danach weitergeht, wisse man aktuell noch nicht. "Wir brauchen dringend eine konkrete Aussage von oben", sagt der Leiter. Er könne das Personal ansonsten nicht halten. Auch Kopp bezweifelt, dass sich Fragen rund um weitere Nachimpfungen in den nächsten zwei Monaten klären werden. Können Hausärzte nachimpfen? Muss es eine Impfpflicht geben? Wie mobilisiert man Zweifler? "Das alles muss schnellstmöglich beantwortet werden", sagt die Ärztin.

Jetzt muss sie erst einmal neue Dosen vorbereiten, die nächsten Impflinge treffen ein. Was Kopp unbedingt noch loswerden möchte: "Je mehr geimpft wird, desto schneller können wir hier wieder aufatmen." Insofern sei der Piks vor allem eine Frage der Solidarität.

© SZ vom 28.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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