Ebersberg:Freunde sollt ihr sein

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Der Ebersberger Abgeordnete Ewald Schurer (re.) gratuliert Stefan Kisters, Winni Schütze und Richard Stangl (v. li.) zum 50-jährigen Bestehen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Aus Frust über das Wembley-Tor gründete eine Handvoll Ebersberger vor 50 Jahren den privaten Fußballverein 1. FC HVS. Zum Jubiläum sind die Kicker besonders auf völkerverbindende Kontakte stolz.

Von Karin Kampwerth, Ebersberg

Geht es um Fußball und Emotionen, dann kommt kein Kommentator an der schicksalhaften 101. Minute der Fußballweltmeisterschaft 1966 im Londoner Wembley-Stadion vorbei. Der Ball knallte an die Latte, prallte ab, tickte für den Bruchteil einer Sekunde auf der Torlinie auf, um dann in den Strafraum abzudrehen. Tor! Für England. 3:2.

Die umstrittene Entscheidung, die letztlich zu einer 2:4-Niederlage der deutschen Nationalmannschaft und zu einem regelrechten Wembley-Trauma führte, hatte der russische Linienrichter zu verantworten, der später sogar einräumte, nicht richtig gesehen zu haben, ob nun der Ball wirklich vollständig hinter der Torlinie war. Gewissheit brachte erst in den 1990er Jahren eine von Ingenieuren der Universität Oxford erarbeitete Studie, die zu zum Schluss kam, der Ball habe die vollständige Überschreitung der Linie um sechs Zentimeter verfehlt.

Der Ebersberger Winni Schütze hätte diese Studie nicht gebraucht. 13 Jahre war der Bub damals und so traurig über die verpasste Chance, dass er beschloss, eine eigene Fußballmeisterschaft auszutragen, wo es mit rechten Dingen zugeht. Dafür stiftete der Bub auch einen Pokal.

Mitgliedsbeitrag: Zehn Pfennige im Monat

Er stammte aus einer Wundertüte und war aus Plastik und steht an diesem Montag auf dem Gartentisch von Rita Grampp und Franziska Herbst zwischen Sektgläsern. Denn dort, wo jetzt die Steuerkanzlei der beiden Frauen beheimatet ist, gründete Schütze mit seinen Freunden Josef Portenlänger, Richard Stangl, Georg Birkmaier und Alexander Binsteiner ihren privaten Fußballclub.

Der Name: 1. FC Heinrich-Vogl-Straße, abgekürzt HVS. "Als Mitgliedsbeitrag wurden zehn Pfennig im Monat festgesetzt", erinnert sich Winni Schütze, der den blauen Plastikkelch nun 50 Jahre lang in Ehren gehalten hat. Auch an das erste urkundlich erwähnte Spiel des Vereins kann sich Schütze erinnern. "Es ging 24 zu 24 aus." Am 5. August vor 50 Jahren dann kam es zum ersehnten Endspiel auf dem Trainingsplatz des Ebersberger Sportplatzes. Der HVS gewann den Pokal gegen eine Auswahl an Buben aus der Gegend rund um den Marienplatz, wie Schütze berichtet.

Der Verein ist inzwischen eine Institution in Ebersberg, Nachwuchssorgen mussten sich die Gründer nie machen. Zum Jubiläum war zum Beispiel Stefan Kisters erschienen, der einen besonderen Bezug zum Verein hat - er wurde im Gründungsjahr geboren. Zu den einst aktiven Kickern gehörte auch der Ebersberger Bundestagsabgeordnete Ewald Schurer.

Treffunkt am Sonntag um zehn

Die Kicker des HVS sind aber auch ohne ihren Abgeordneten aus Berlin durchaus politisch unterwegs. So pflegten die Sportler zu den ausländischen Studenten der einst in Ebersberg und Grafing beheimateten Goethe-Institute sportliche wie freundschaftliche Kontakte. Dass Sport verbindet, stellen die Fußaller auch aktuell unter Beweis. Der HVS war einer der ersten Vereine im Landkreis, der Asylbewerbern die Möglichkeit gab, auf dem Fußballplatz Kontakt zu Einheimischen zu bekommen.

"Seit Mai 2014 bis hinein in unsere Tage treffen sich sonntags um zehn Uhr Fußballer des HVS und Asylbewerber auf dem Bolzplatz der evangelischen Kirche zum freundschaftlichen Spiel", schreibt Winni Schütze in der Gründungsgeschichte des Vereins. Ein gutes Omen. "Die Freundschaften, die vor 50 Jahren geschlossen wurden, haben bis zum heutigen Tag gehalten", so Schütze weiter. "Freundschaften, die ohne die Gründung des HVS nie entstanden wären."

© SZ vom 03.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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