Mitten in Ebersberg:Fremde Männer, fremde Federn

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Ein wunderschöner Pfau - oder eine sehr gut verkleidete Krähe? Manchmal ist das nicht leicht zu unterscheiden. (Foto: Christian Endt)

Mit den Leistungen anderer sollte man sich nicht selbst schmücken - das wusste schon der römische Dichter Phaedrus. Und was ist mit dem umgekehrten Fall? Nun ja, manche unverdiente Ehren wehrt man vielleicht lieber auch rechtzeitig ab.

Glosse von Franziska Langhammer, Ebersberg

Beinahe bestialisch mutet diese kleine Fabel an: Eine Krähe entdeckt ein paar Pfauenfedern. Sie denkt sich: "Oh, könnte mir stehen!", und steckt sich die bunten Federn in ihr eigenes, schwarzes Gefieder. Kaum dass die anderen Pfauen sie entdeckt haben, hacken sie mit ihren Schnäbeln auf das bunt gefiederte Krähentier ein, sodass dieses danach zerfetzter und ärmlicher dasteht als zuvor. Die Moral von der Geschichte, die uns der römische Dichter Phaedrus erzählt, ist die von den fremden Federn, mit denen man sich besser nicht schmücken soll.

Was aber passiert, wenn andere einen mit fremden Federn schmücken? Das hat er uns nicht überliefert, der olle Fabulierer. Eines der bekannteren Beispiele der Neuzeit etwa ereignete sich 2017 bei der Verleihung der Oscars, als sich kurzzeitig die Macher des Films "La La Land" als Gewinner feierten. "Is nich", stellte sich schnell heraus. Mit hektischen Gesten wurden auch hier schnell die fremden Federn gezogen.

Etwas weiter weg von Hollywood, aber zu nicht weniger glamourösen Ehren, kamen vor wenigen Jahren in der kleinen bayerischen Stadt Ebersberg folgende Personen: der Mensch hinter dem Posttresen, der Mensch mit der Halbglatze auf der Rolltreppe im Einkaufszentrum, der Mensch auf der Bank vor der Kirche. Ihnen allen war nur eines gemein: Sie waren Männer. Das allein reichte, um der damals knapp Zweijährigen ein fröhliches "Papa!" aus der Kehle zu locken und ihnen begeistert die Arme entgegenzustrecken. Verwundert waren alle drei, hatte man doch weder die Kleine noch deren Mutter jemals gesehen.

Noch verwunderter war man selbst, als man nun neulich in einem Baumarkt der Region unterwegs war. Zweimal innerhalb kürzester Zeit zeigten aufmerksame Mitarbeiterinnen auf den Mann eins weiter vorn in der Schlange: "Sie gehören wohl zusammen?" In den Rücken des Vordermanns hinein bestätigte man rasch zweimal, dass dies nicht der Fall ist. Sorry, lieber Unbekannter, no bad feelings. Aber manchmal wehrt man fremde Federn und unverdiente Ehren lieber ab - bevor am Schluss irgendjemand gerupft und unangenehm überrascht aus der Wäsche schaut.

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