Vaterstettener Friedengespräch:Russlands Politik wird thematisiert

Lesezeit: 2 min

Der stellvertretende SPD-Ortsvorsitzende Günter Lenz (links) mit Peter Hilkes von der LMU München. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Aggressiv und gefährlich: Welche Rolle Russlands Außenpolitik aktuell spielt, darüber sprach Referent Peter Hilkes beim 27. Vaterstettener Friedensgespräch. Allerdings blieb es eine einseitige Diskussion.

Von Thorsten Rienth, Vaterstetten

Den Zeitpunkt hätten die Organisatoren wahrlich nicht besser wählen können. Deutlich über 50 Besucher sind am Freitagabend zum 27. Vaterstettener Friedensgespräch in den "Alten Hof" gekommen. Etwa 20 Kilometer weiter saßen zur gleichen Zeit etwa 30 Staats- und Regierungschefs und hochrangige Politiker aus der ganzen Welt bei der Sicherheitskonferenz beisammen. Und so verschieden dürften die Themen auch nicht gewesen sein. "Russlands Politik zwischen Krieg und Frieden" titelte die Vaterstettener SPD. Eingeladen war Peter Hilkes von der Ludwig-Maximilians-Universität München - um über Russlands Rolle auf der Krim, in der Ukraine und in Syrien zu sprechen.

Hilkes, der an der Hochschule Lehrbeauftragter für ukrainische Landeskunde ist, sieht die Rolle Russlands zurzeit wahrlich alles andere als positiv. Dessen Außenpolitik ziele aktuell darauf ab, "die Systeme in seiner Einflusszone zu stabilisieren." Etwa mit Sondereinheiten, "den grünen Männchen", die zwei, drei Tage nach dem Ende der Olympischen Spiele im Jahr 2014 in Sotschi auf der ukrainischen Halbinsel Krim einmarschiert seien. Als Bestandteil einer asymmetrischen Kriegsführung und mit Kämpfern ohne Hoheitsabzeichen auf den Schultern.

Sowjetunion als Schlüssel zur Außen- und Sicherheitspolitik

Diese Art der Außenpolitik interpretierte der Wissenschaftler als Fortsetzung einer früheren sowjetischen Militärstrategie. Überhaupt sei die Sowjetunion der Schlüssel, um die Außen- und Sicherheitspolitik Russlands zu verstehen. "Mit deren Zusammenbruch war der Gigantismus der Sowjetunion vom einen auf den anderen Tag plötzlich weg", sagte Hilkes. Die aktuelle russische Administration versuche nun mit einer neuen Zentralgewalt an alte Zeichen anzuknüpfen. Das zeige sich nicht nur darin, dass die russische Nationalhymne inzwischen aus neuem Text auf sowjetischer Melodie bestehe. Sondern eben auch in einer recht aggressiven Außenpolitik.

Welche Doktrin denn dahinterstecke, wollte der Moderator und stellvertretende SPD-Ortsvorsitzende Günter Lenz wissen? "Es gibt da keine so klare Strategie", antwortete Hilkes. Eher könne man von einer Art Maxime sprechen. "Und die heißt, für Russland ökonomisch, ideologisch aber eben auch territorial so viel wie möglich herauszuholen." Das Eingreifen in Syrien sei dafür ein Beispiel. Aber eben auch eine Annexion der Krim.

Die Wahrheit liegt nicht irgendwo dazwischen

Es waren Sätze wie diese, die auf Hilkes argumentative Stilmittel Hinweis gaben. Sowohl-als-auch-Argumentationen sind seine Sache nicht. Gehe es um die Annexion der Krim, "dann kann ich eben nicht sagen, dass die Wahrheit irgendwo dazwischen liegt". Mit dem Budapester Moratorium aus dem Jahr 1994 hatte Russland die territoriale Integrität der damaligen ukrainischen Grenzen garantiert. Im Gegenzug erhielt die Ukraine finanzielle Unterstützung und gab ihre Atomwaffen aus alten Sowjetbeständen ab.

Gleichwohl verschloss der russlandkritische Tenor Hilkes' Vortrags den Zugang zu einer differenzierteren Debatte. Die russische Perspektive, der Westen hätte einer gewählten ukrainischen Regierung die Anerkennung entzogen und damit ihrerseits Garantiepflichten verletzt, thematisierte er in seinem Vortrag beispielsweise nicht.

Eindruck der Einseitigkeit

Stattdessen war es ein Abiturient, der sagte: "Es ist ja nicht so, dass es nur den bösen Putin gibt." Er habe schon irgendwo Verständnis dafür, dass Russland sensibel auf den Umsturz in Kiew reagiere. "Immerhin ist auf der Krim die russische Schwarzmeerflotte stationiert."

Dass beim Friedensgespräch der Eindruck einer gewissen Einseitigkeit entstand, lag dennoch nicht nur an Moderator und Referent. Ursprünglich war ein breiteres Podium geplant. Er hatte eigentlich bereits die Zusage eines Vertreters des Generalkonsulats der Russischen Föderation in München erhalten, berichtete Organisator Lenz bei seiner Begrüßung. Leider habe er am Ende doch noch eine Absage erhalten. Der Kollege werde am Freitagabend dringender auf der Sicherheitskonferenz in München gebraucht, habe man ihm gesagt.

© SZ vom 15.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: