Ebersberg:Brücken zur Arbeit abgebrochen

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Verein stellt die Betreuung von schwer vermittelbaren Langzeitarbeitslosen wegen ungeklärter Finanzierung ein.

Karin Kampwerth

Ebersberg - Am Ende reicht auch der längste Atem nicht aus. Seit Jahren hat der Verein "Brücke Ebersberg" um das Überleben seines Projektes "Brücken zur Arbeit" gekämpft. Darin kümmerte sich die gemeinnützige Einrichtung um Langzeitarbeitslose, die aufgrund einer Drogen- oder Alkoholkarriere sowie psychischen Erkrankungen eine besondere Betreuung benötigten. Viele von ihnen konnten dank Ein-Euro-Jobs und des Engagements von einst drei Sozialpädagogen wieder in der Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen. Nun hat der Verein die "Brücken zur Arbeit" eingestellt, weil die Finanzierungszusage vom Ebersberger Jobcenter, der ehemaligen Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung und Soziales (ABS), für 2011 ausgeblieben ist.

Der Ebersberger Verein Brücke hat Langzeitarbeitslosen mit Ein-Euro-Jobs geholfen, wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Damit ist es jetzt vorbei. (Foto: privat)

Brüchig geworden war das Fundament der Einrichtung, die es seit 16 Jahren in Ebersberg gegeben hat, mit der Einführung der Hartz IV-Gesetzgebung 2005. Seither waren die Klientenzahlen stetig reduziert worden, Zusagen für die Betreuung gab es immer nur noch für ein Jahr. Von einst 75 Langzeitarbeitslosen blieben zuletzt 25 Plätze übrig. Dazu geführt hat auch die Ausweitung der Hartz IV-Behörde auf verschiedene Bildungsträger wie die "Junge Arbeit" aus Rosenheim, die sich um unter 25-jährige schwer vermittelbare Arbeitslose kümmert, oder die Aktivierungshilfe mit dem Augenmerk auf Menschen, die laut Jobcenter-Chef Christian Salberg nicht einmal praktikumsfähig seien.

Salberg bedauert, dass sich die "Brücken zur Arbeit" aus dem Angebot verabschieden. "Die Betroffenen werden deshalb aber nicht auf der Strecke bleiben", verspricht der Behördenleiter, der zugleich Verständnis für die Entscheidung von "Brücke"-Chef Ernst Weinzierl äußert. Bislang habe er von der Agentur für Arbeit noch keine Mittelzuweisung für das laufende Jahr erhalten. Angekündigt sei das für Februar. Erst dann ist Salberg in der Lage, seinen Haushalt aufzustellen. Mit einer erheblichen Kürzung im Bereich der Ein-Euro-Jobs sei aber zu rechnen. Für die "Brücken zur Arbeit" hätte das in jedem Fall wohl bedeutet, die Klientenzahlen nochmals zu reduzieren.

Eine Ungewissheit, mit der die Einrichtung nicht länger leben konnte. Für die vorhandenen Klienten hätte der gemeinnützige Verein finanziell in Vorleistung gehen müssen. "Das war für uns indiskutabel", sagt Weinzierl, der seine Enttäuschung nur schwer verbergen kann. Was ihn umtreibt, ist die Sorge um jene, die trotz aller Bemühungen des Jobcenters durch das Netz fallen. Zum Beispiel Analphabeten, die mit dem Ausfüllen von Anträgen allein gelassen würden. Oder Menschen, die nichts zum Essen haben und mit einem Gutschein ausgerechnet in den Laden geschickt werden, wo sie Hausverbot haben. Aber im Jobcenter werde Arbeitspolitik betrieben. "Für uns war das Sozialarbeit", so Weinzierl.

Bedauern über das Aus für die "Brücken zur Arbeit" herrscht auch im Ebersberger Rathaus. Dort hat sich Stadtarchivarin Antje Berberich um "Brücke"-Klienten gekümmert. Manchen sei es unmöglich gewesen, mit anderen Menschen Kontakt aufzunehmen. Im Archiv erhielten sie eine sinnvolle Beschäftigung. "Sie gewannen an Mut und Selbstbewusstsein", sagt Antje Berberich. Von den 30 Ein-Euro-Jobbern, die sie im Rathaus beschäftigt hat, würden zwölf inzwischen einer geregelten Arbeit nachgehen. "Das ist ein nicht zu unterschätzendes Ergebnis", so Berberich.(Kommentar)

© SZ vom 01.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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