Ausgezeichnet:Verein "Horizonte" gewinnt Fortunat-Weigel-Preis

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Sigrid Koska, Gregor Häuser, Ilke Ackstaller, Rudolf Hansen, Erwin Mehl und Felix Aschauer bei der Preisverleihung im Alten Speicher. (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Die Mitglieder kümmern sich um benachteiligte Jugendliche und fördern Projekte für mehr Demokratie.

Von Anja Blum, Ebersberg

Mit wenigen Worten zu umreißen, was der Verein "Horizonte" eigentlich macht, ist schwer, wenn nicht gar unmöglich. Denn zunächst einmal sind seine Ziele breit gefächert - laut seinem vollständigen Namen widmet sich der Verein den Themen Bildung, Erziehung und Partizipation. "Wir wollen einfach den Horizont junger Menschen erweitern", hat es der Grafinger Jugendpfleger Ibrahim Al-Kass einmal zusammengefasst, "wollen ihnen das Rüstzeug für ein facettenreiches Leben mitgeben". Außerdem übernimmt der kleine Verein gleich mehrere Rollen: Er ist eine Art Agentur, ist Koordinator, Verwalter und Veranstalter zugleich.

"Ursprünglich ging es uns darum, das Fachwissen der Jugendarbeit im Landkreis zu bündeln und dann allen möglichen Stellen zu offerieren", erklärt Erwin Mehl. "Denn es muss ja nicht jeder alleine vor sich hinwursteln und das Rad noch einmal neu erfinden." Darum hatte sich der Aßlinger Jugendpfleger bereits vor etwa fünf Jahren mit einigen Kollegen, Sozialpädagogen und Sozialarbeitern der verschiedenen Ebenen, zusammengetan, um einen Verein zu gründen.

An Geld fehlt es in der Jugendarbeit immer

Im Laufe der Gespräche sei man jedoch schnell an Grenzen gestoßen, und zwar finanzieller Natur. "In der Jugendarbeit sind die Gelder einfach immer rar", sagt Mehl. Also beschloss man, den lokalen Aktionsplan "Grass 21" für mehr Demokratie und Toleranz ins Leben zu rufen, um über diesen Fördermittel des Bundesfamilienministeriums in den Landkreis zu holen. Hauptinitiatoren waren die Stadt Grafing und die Verwaltungsgemeinschaft Aßling.

Die Bewerbung hatte Erfolg, der Plan ging auf - allerdings musste nun eine externe Koordinationsstelle, vor allem für die Kommunikation mit Berlin, geschaffen werden. Und zu diesem Zweck hoben die Verantwortlichen 2011 den schon lange anvisierten Verein aus der Taufe. Horizonte ist nun der Träger des Förderprogramms Grass 21, verwaltet dieses, verwirklicht in dessen Rahmen aber auch Kooperationen oder eigene Projekte.

"In diesem Zusammenhang sind wir wie ein Regenschirm, unter den sich andere flüchten können", erklärt Mehl. Organisationen etwa, die zwar gute Ideen hätten, aber nicht das nötige Geld, Knowhow oder Personal. Sie können sich an Horizonte wenden, der bei der Umsetzung hilft, das Geld fließt dann nach einem erfolgreichen Antrag über Grass 21.

So haben die Akteure in den vergangenen vier Jahren schon vieles auf die Beine gestellt - Fachtagungen, Konzerte gegen Rechts, eine Anne-Frank-Ausstellung oder die "Demokratie-(er)leben-Tage" in Grafing mit Sport- und Kulturangeboten. Aber auch kleinere Aktionen kommen nicht zu kurz, dafür gibt es spezielle Fonds.

Allerdings soll hier nicht der Eindruck entstehen, der Trägerverein könne bei dem Förderprogramm nach Belieben schalten und walten: "Wir müssen uns mit unseren Projekten bewerben wie jeder andere Verein", betont Felix Aschauer, Jugendpfleger in Anzing, und Hauptansprechpartner für Grass 21 bei Horizonte. Die Entscheidung, welche Ideen verwirklicht würden, liege generell beim Begleitausschuss, einem 25-köpfigen Gremium aus Gemeinderäten, Bürgermeistern, Schulleitern und Sozialpädagogen.

Im Fokus stehen benachteiligte Jugendliche

Grass 21 ist also derzeit die Hauptaufgabe des Vereins Horizonte, jedoch sollte der nicht auf dieses Programm reduziert werden. Denn die etwa 40 Mitglieder, zumeist im Bereich der Jugendarbeit Tätige, engagieren sich darüber hinaus im ganzen Landkreis. Der Grundgedanke sei, so Mehl, Bildungsangebote dort zu machen, wo sie am dringendsten gebraucht würden. "In unserem Fokus stehen Jugendliche, die Handicaps haben oder denen solche drohen - aus welchem Grund auch immer."

Insofern arbeiteten die Horizonte-Mitglieder zumeist mit Mittelschulen sowie mit dem Jugendamt oder anderen Trägern zusammen. Sie übernehmen zum Beispiel Erziehungsbeistandschaften, betreuen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge oder bilden Jugendliche zu Streitschlichtern aus. "Anti-Mobbing, Bewerbungstrainings - unsere Bandbreite ist schon ziemlich groß." Zumal der Verein bei Bedarf nicht nur auf eigene Mitglieder zurückgreife, sondern auch an andere kompetente Stellen verweise. "Es geht hier einfach um schnelle und gezielte Hilfe", erklärt Mehl,

Dass so manches Projekt des Vereins mit Bundesfördergeldern finanziert werden kann, bedeutet nicht, dass das Horizonte-Team keine Verwendung für das Preisgeld in Höhe von 1000 Euro hat. "Wir sind ein armer Haufen - und über Grass 21 lässt sich auch nicht alles bestreiten", so Mehl. Das mobile Internet-Café im roten Bus zum Beispiel stehe aufgrund der hohen Kosten immer wieder auf der Kippe. Und bei den Schulen sei das Geld auch immer knapp. Wie sparsam der Verein sein muss, erkennt man auch daran, dass er aus Kostengründen noch keine eigene Website hat. Damit aber könnte dem Rätselraten, was Horizonte eigentlich macht, rasch ein Ende bereitet werden.

© SZ vom 11.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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