Schwieriger Weg zurück nach Baldham:"Ich liege auf der Hängematte und checke ständig die Nachrichten"

Lesezeit: 3 min

Die Umgebung ist traumhaft, die Perspektiven sind ungewiss: Eduard Fahmüller in Malapascua. (Foto: Privat)

Weil es kaum noch Airlines gibt, die Europa anfliegen, sitzt Eduard Fahmüller auf den Philippinen fest - genauso wie 250 andere Deutsche. Vor allem die unklare Nachrichtenlage verunsichert die Gestrandeten

Interview von Franziska Langhammer

Wer Malapascua googelt, bekommt automatisch Fernweh: Die kleine philippinische Insel ist umgeben von türkis schimmerndem Wasser, strahlend weißen Sandstränden und üppig wuchernden Palmen. Ende Februar brach Eduard Fahmüller, Inhaber eines Einrichtungsladens ins Baldham, dorthin auf, um sich ein paar Wochen Erholung bei einem Tauchurlaub zu gönnen. Damals war die Corona-Krise noch nicht abzusehen. Seit ein paar Tagen sind nun alle Rückflüge nach Deutschland ersatzlos gestrichen, und Fahmüller sitzt fest. Die SZ erreicht ihn per Skype.

SZ: Wo erwischen wir Sie denn?

Eduard Fahmüller: Ich war gerade beim Abendessen. In Kürze herrscht hier allerdings Ausgangssperre, keine Restaurants haben mehr geöffnet, und der Markt ist zu. Da muss ich mir das Essen dann über Abholung organisieren.

Wie war Ihr Aufenthalt auf Malapascua bisher?

Bis vor anderthalb Wochen war es wirklich Urlaub, superschön. Doch seit 14 Tagen herrscht gähnende Leere. Normalerweise sind hier neben den 5500 Einheimischen auch etwa 5000 Touristen unterwegs. Die sind alle abgereist, wir sind nur noch zu 15. Wegen der Corona-Krise mussten auch alle Tauchbasen schließen, weil nicht mehr als fünf Menschen auf einem Boot erlaubt sind. Malapascua lebt normalerweise vom Tauchtourismus. Deswegen ist alles momentan recht geisterhaft.

Wie haben Sie erfahren, dass Ihr Rückflug gestrichen wurde?

Geplant war, dass ich am 22. März wieder zurück fliege von Cebu City. Mit einem kleinen Boot wäre ich zur Insel Cebu übergesetzt und hätte dort nochmal drei Stunden mit dem Taxi zum Flughafen gebraucht. Ich hatte über die Airline Emirates gebucht und sogar noch upgegradet auf eigene Kosten. Am 21. habe ich abends eingecheckt und saß quasi guter Dinge auf meinem gepackten Koffer. Nur zufällig habe ich dann von einem Freund erfahren, dass Emirates ab Dubai gar nicht mehr fliegt. Das war vier Stunden nach meinem Check-In. Von den Emirates selber bin ich übrigens bis heute nicht darüber informiert worden.

War es nicht abzusehen, dass der Flug gestrichen würde?

Nein, ich hatte ja 22 Stunden vor Abflug eingecheckt! Und wir haben ja, seit sich die Situation in Deutschland zugespitzt hat, täglich die Nachrichten verfolgt. Uns hat aber niemand informiert.

Was passierte dann?

Ich hab in Frankfurt angerufen, bei der Business Hotline von Emirates. Die Frau dort hat mir bestätigt, dass es den Flug gar nicht gibt. Das sei zwar schon beschlossen von der Airline, aber eben noch nicht im System.

Was wurde Ihnen geraten?

Mir wurde versichert, dass alles geregelt würde. Aber ich solle auf jeden Fall erst einmal den Flug von Cebu nicht antreten, damit ich nicht im Transit-Bereich in Dubai strande wie viele andere Touristen. Zudem solle ich mich mit der deutschen Botschaft in Verbindung setzen, was anderes könne sie mir nicht anbieten.

Haben Sie schon einen Heimflug in Aussicht?

Das ist ein Riesenproblem hier für alle: Es gibt keine klaren Infos. Über Whatsapp haben wir uns zu einer Community von auf den Philippinen Gestrandeten zusammen gefunden, über 250 Leute. Viele kaufen sich Flüge, bezahlen diese und erfahren im Nachhinein, dass die gar nicht fliegen. Und viele Fluggesellschaften sind noch nicht mal bereit, dieses Geld dann wieder zurückzuerstatten. Einem Freund von mir, der hartnäckig immer wieder nachfragte, wurden pauschal 260 Euro von Singapore Airlines angeboten, als Entschädigung.

Wie sieht denn die Unterstützung von Seiten der deutschen Regierung aus?

Man muss sich jeden Tag neu beim Honorarkonsulat in Manila registrieren. Zwischen der Deutschen Botschaft und dem Honorarkonsulat herrscht ein großes Kommunikationsproblem. Die Informationen ändern sich zum Teil alle halbe Stunde.

Wie ist die Stimmung bei den anderen Gestrandeten?

In der Whatsapp-Gruppe ist von Geblödel bis völliger Panik alles dabei. Oft schwingt große Wut mit, vor allem auf die Airlines, die noch Profit aus der Situation schlagen wollen und teilweise 6000 Euro für einen One-Way-Flug verlangen - ohne zu wissen, ob es den wirklich gibt! Aber wir alle haben dasselbe Problem: Es gibt keine klaren Infos. Die Österreicher wurden schon zurückgeholt, die Polen sind mittlerweile zuhause gelandet, nur die Deutschen kriegen es irgendwie nicht hin.

Und wie ist die Stimmung auf der Insel?

Die hat sich massiv verändert. Die Menschen leben hier von einem Euro am Tag, und der fehlt ihnen jetzt, nachdem kaum mehr Touristen da sind. Ich habe mit Philippinos geredet, die keine Möglichkeit haben, ihren Kindern Milch zu kaufen. Die Leute können sich das Essen nicht mehr leisten, es wächst hier wenig auf der Insel. Die Regierung hat zwei Kilo Reis an alle verteilt, aber das war es dann auch erstmal. Ich habe Sorge, dass die Stimmung bald kippt. Die Auflagen, die es jetzt schon gibt, werden teils mit drastischen Mitteln geahndet. Gestern etwa haben vier Leute hier noch am Strand gefeiert, die wurden gleich von der Polizei eingeknastet. Die Philippinos sagen: Jeder Taifun ist was Herrliches im Gegensatz zu dieser Krise.

Was machen Sie momentan den lieben langen Tag?

Ich liege auf der Hängematte und checke ständig die Nachrichten. Was mich jetzt zuhause erwartet, ist auch nicht der Traum: Ich habe ein Geschäft in Baldham, das gerade brach liegt. Darum kümmern von hier aus geht schlecht, mir sind die Hände gebunden.

Wie geht's weiter?

Heute gab es zum ersten Mal gute Nachrichten: Am Freitag sollen erst einmal Familien mit Kindern, ältere und kranke Menschen zurückgeholt werden. Ich hoffe, am Wochenende endlich auch einen Rückflug zu bekommen.

© SZ vom 27.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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