Bauarbeiten auf der B 304:Lang ersehnt

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Weil in Kirchseeon die Bundesstraße einen Flüsterasphalt bekommt, müssen einige Geschäfte unfreiwillig Betriebsferien machen. Für eine ruhigere Zukunft nehmen sie das aber gerne hin

Von Katharina Blum, Kirchseeon

Es dröhnt, bebt, stinkt - die Kirchseeoner kennen das schon aus den vergangenen Jahren, das ist ihr Alltag entlang der Bundesstraße B 304, die mitten durch ihre Ortschaft führt. Doch in den nächsten Wochen wird, zumindest nach Feierabend, wenn die Bauarbeiter aus ihren Baggern geklettert sind und die Fräse beiseite gelegt haben, in der für Autos gesperrten Straße für eine kurze Weile die so lang ersehnte stille Nacht einkehren.

"Es ist sehr schade nicht mitzuerleben, wenn es mal ganz ruhig ist", sagt Sonja Naumann. Denn sie macht sich in dieser Zeit aus dem Staub, ihre Firma macht Betriebsferien, weil während der Vollsperrung in der ersten Septemberwoche "das Geschäft nicht laufen kann", wie Sonja Naumann sagt, die mit ihrem Mann Gerhard Elektro Naumann an der Münchner Straße betreibt. Doch es geht nicht anders. "Wir können nicht beliefert werden, keine Kunden besuchen, und die Müllabfuhr kommt auch nicht mehr." Und trotzdem sagt Sonja Naumann wie auch viele anderen Geschäftsinhaber entlang der Bundesstraße: "Wir sind froh und dankbar." Denn schließlich gehe in Erfüllung, was man den Anwohnern bereits 2009 versprochen habe.

In den Sommerferien wird nämlich nicht nur der kombinierte Geh- und Radweg zwischen Kohlenbrennerweg und Waldbahn entlang der Durchgangsstraße verlängert, auf diesem Teilstück bekommt die Straße auch einen Flüsterasphalt. Damit soll der Lärm gedämpft werden, der die Anwohner so plagt, wenn etwa nachts die Lastwagen vom Spannleitenberg hinab sausen und ungebremst mit 80, 90 Kilometer durch den Ort donnern. Auch Sonja Naumann kennt das, sie hat an der Münchner Straße nicht nur ihren Geschäftsbetrieb, sondern lebt mit ihrer Familie auch dort. Dass sich Autofahrer und Anwohner deshalb seit Mittwoch auf Sperrungen und Umleitungen einstellen müssen, nimmt sie gerne hin. "Wo gehobelt wird, fallen Späne. Da müssen wir gemeinsam durch."

Wiedersehen im September: Der Feinkostladen Pröbstl an der Parkstraße wird verlängerte Ferien machen. (Foto: Christian Endt)

Ähnlich sieht es auch Hendrica Hörl von Blumen Hörl, die seit mehr als 60 Jahren ihr Zuhause an der Waldbahn 8 über dem Geschäft hat. "Es gibt eine Umfahrung, wir sind ja nicht von der Außenwelt abgeschlossen." Finanzielle Einbußen befürchtet sie nicht durch die Baustelle. Seit vergangenem Herbst konzentrieren sich die Hörls und Tochter Julia Hostlowsky auf Event- und Hochzeitsfloristik, "und per E-Mail kann man uns natürlich immer erreichen". Und außerdem: "Wenn wir einen ruhigen Belag wollen, dann geht es nicht anders. Einfach Simsalabim gibt es eben nicht."

Bis Freitag, 29. August, müssen die Autofahrer und Anwohner eine halbseitige Sperrung von der Rotbuchenstraße bis zur Münchner Straße hinnehmen. Zudem gilt seit Mittwoch die weiträumige Umfahrungsroute. Die Verkehrsteilnehmer in Fahrtrichtung München werden von Ebersberg über Schwaberwegen - Anzing - Neufarn - Purfing - Wolfesing umgeleitet. "Für uns ist das gar nicht recht viel anders. In der Rushhour von Montag bis Freitag staut es sich ja auch", sagt Sonja Naumann. Die Komplettsperrung wurde inzwischen auf Samstag, 30. August, vorverlegt. Der Verkehr in Richtung Wasserburg wird dann über eine südliche Umleitungsstrecke von Oberpframmern - Glonn - Bruck - Grafing geführt.

Vom 30. August an wird die Bundesstraße in Kirchseeon dann komplett gesperrt: Autofahrer und Anwohner müssen sich auf Staus einstellen. (Foto: Christian Endt)

Im Juli hatte Bürgermeister Udo Ockel (CSU) im Gemeinderat zudem einen Vorschlag gemacht, wie man die Folgen dieser Sperrung für die Kirchseeoner abmildern kann: eine Umleitung durch die Ortschaften im Süden. Denn der weite Umweg werde den wenigsten Autofahrern gefallen, einige Ortskundige werden versuchen, andere Wege suchen, um abzukürzen, eher durch Riedering und Ilching fahren statt über Schwaberwegen oder Glonn.

Normalerweise ist die Durchfahrt durch die Ortschaften wegen des Schulweges in der Früh gesperrt, doch die Bauarbeiten finden während der Ferien statt. Allerdings will man die kurze Umleitung über die Dörfer auf jeden Fall in geregelte Bahnen lenken. Über den Bypass durch die Dörfer zeigten sich die potenziell betroffenen Anwohner sind nicht unbedingt begeistert. "Wenn da dann jeden Tag 40 oder 50 Autos mehr fahren, das wäre schon tragbar - aber nicht 400 oder 500", sagte die Zweite Bürgermeisterin Barbara Burgmayr-Weigt (CSU), die in Ilching wohnt. Die Überlegung gibt es immer noch, heißt es jetzt aus dem Rathaus, man werde beobachten und nach Bedarf entscheiden.

"Irgendwie werden die Kunden den Weg schon zu uns finden, die Anwohner müssen das ja auch. Außerdem hat man uns versprochen, dass das klappt", sagt eine Mitarbeiterin von BMW Wagner. Die Filiale des Autohauses an der Münchner Straße 80bleibe deshalb während der Zeit wie gewohnt geöffnet. Die Baustelle und die Staus beobachten kann auch Caroline Pröbstl von der Pröbstl-Gruppe. Auch ihr Feinkostladen an der Parkstraße 16 wird anders als das Autogeschäft nicht ganz freiwillig verlängerte Ferien machen, während der Catering-Betrieb aber weitergeht. Nicht schlimm sei das, sagt sie. Auch hier ist man dankbar, auch wenn der Laden nur wegen der Baustelle vorübergehend dicht macht. "Danach wird es ja umso schöner. Da kann man zwei Monate auch ein bisschen Ärger herunterschlucken."

© SZ vom 31.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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