Ausstellung:Vorwurf der Verzerrung

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Evamaria Volland vom DGB-Kreisverband Ebersberg auf einer Veranstaltung im Grafinger "Sirtl". (Foto: Christian Endt)

Ebersberger Gewerkschaftsbund konkretisiert seine Kritik

Von Thorsten Rienth, Grafing

Wenn man so will, hat der Kreisverband des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) gerade ein Stück Ebersberger Kulturgeschichte mitgeschrieben. Dass ein Verband jemals zu einer offiziellen Gegenrede einer Ausstellung eingeladen hätte, daran können sich im Landkreis jedenfalls nicht einmal altgediente Kulturschaffende erinnern. Seit Montagabend ist das anders. Da reservierte der DGB das Nebenzimmer im Grafinger "Sirtl", um, wie gleich das Münchner Regionssekretariat schrieb, "kritische Anmerkungen und wichtige Ergänzungen" kundzutun.

"Wir kritisieren den Tenor der Ausstellung", begrüßte die DGB-Kreisvorsitzende Evamaria Volland. Sie stelle die Revolutionäre zu kritisch dar, die rechtsnationalen Freikorps zu unkritisch. Dabei bediene sie reichlich antikommunistische Vorurteile. Die drei Referenten Günter Baumgartner (DGB-Aktivgruppe) sowie Georg Wiesmaier und Andreas Salomon (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) sollten die These untermauern - und taten dies mit unterschiedlicher Schärfe.

Salomon etwa sprach Kurator Schäfer sinngemäß die Fähigkeit ab, eine ausgewogene Ausstellung konzipieren zu können. "Unwissenheit gepaart mit grenzenloser Naivität", unterstellte Salomon. Sein zentrales Beispiel: Die "viel zu nüchterne" Darstellung des Mordes am Kolbermoorer Volksratsvorsitzenden Georg Schuhmann und dessen 18-jährigem Sekretär Alois Lahn. "In der Ausstellung ist lapidar von einer Ermordung die Rede", sagte Salomon. Dabei seien die beiden - mit Unterstützung von Grafinger Freikorps-Mitgliedern - frühmorgens aus ihren Betten gezerrt, misshandelt und dann erschossen worden. "Die Ausstellung sagt zum Beispiel nichts davon, dass das am 4. Mai 1919 passierte, also zu einem Zeitpunkt, an dem die Räterepublik längst niedergeschlagen war."

Seinem Podiumskollegen Baumgartner zufolge zieht sich diese Tendenz durch die gesamte Ausstellung. Sie stütze sich ganz überwiegend auf Quellen aus dem rechten Spektrum, kritisierte er. "Dadurch wird ein Teil der damaligen Welt ausgeblendet. Man kann eben auch die Unwahrheit erzählen, in dem man Sachen weglässt." Als Beispiel führte er existierende - aber unberücksichtigte Quellen - etwa vom Grafinger SPD-Gründer Martin Pletzer an. "Es ist ja nicht so, dass es da nichts gibt."

Wiesmaiers Referat zielte auf inhaltliche Fehler der Ausstellung ab, etwa bei der Darstellung des Revolutionärs Eugen Leviné. "1919 ging er nach München, wo (...) er auch den Münchner Geiselmord (im Luitpold-Gymnasium, d.Red.) mit anordnete", zitierte Wiesmaier eine Passage aus dem Ausstellungstext. Dem entgegen hielt er den Auszug eines staatsanwaltlichen Schreibens. "Warum schreibt ein Münchner Staatsanwalt bereits am 4. Juni 1919, dass es keinerlei Beweise für diesen Vorwurf gibt - aber das eine Grafinger Ausstellung im Jahr 2019 einfach so als Faktum hinstellt?"

Derweil scheint sich eine erst am Rande der Stadtratssitzung am Dienstag wieder zu hörende Nachricht als Gerücht herauszustellen. Dass der Linken-Kreisvorstand Anzeige wegen Volksverhetzung getätigt hätte, ist laut Marlene Ottinger (Linke-Kreisvorsitzende und Grafinger BfG-Stadträtin) falsch.

© SZ vom 17.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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