Ausstellung in Ebersberg:Vergessen und lachen

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Karikaturen von Peter Gaymann widmen sich dem schweren Thema Demenz - kann das gelingen?

Von Johanna Feckl, Ebersberg

Mit einer Prise Humor geht vieles im Leben leichter von der Hand. Ja, selbst dann, wenn einem so gar nicht nach Lachen zumute ist. Wenn etwa ein lieber Mensch an Demenz erkrankt. Nun möchte so manch einer vielleicht erwidern: Da verliert jemand sein Gedächtnis, durchläuft möglicherweise eine Wesensveränderung, und erkennt einen irgendwann nicht mehr wieder als die Person, die man ist - und da soll man auch noch lachen? Ja! Es muss freilich kein schallendes Gelächter sein, aber ein Schmunzeln, hi und da ein Lachen, das ist nicht verkehrt. Wieso das so ist, das zeigt eine Ausstellung "Demensch - Humor trotz(t) Demenz" des Cartoonisten und Autoren Peter Gaymann, die derzeit in der Ebersberger Altstadtpassage zu sehen ist.

16 Karikaturen zum Thema Demenz mit kurzen fachlichen Erläuterungen sind derzeit in den Schaukästen am Einkaufszentrum zu sehen. Anlass sind die diesjährigen "Senioren-Thementage": Noch bis 13. Oktober veranstalten das Katholische Kreisbildungswerk, das Caritaszentrum, das Team Demografie des Landratsamts sowie das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zahlreiche Events rund um das Thema Älterwerden - und eines davon ist eben die Ausstellung mit den Karikaturen von Peter Gaymann.

Was gehört sich, was nicht? Die Karikaturen von Peter Gaymann zum Thema Demenz laden zu einem Perspektivenwechsel ein, der den Umgang mit dieser schweren Krankheit erleichtern soll. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Für den Künstler ist die humoristische Annäherung an die Krankheit kein Neuland. Schon 2013 hat er mit dem Gerontologen Thomas Klie das Projekt "Demensch" ins Leben gerufen. Seitdem erscheint in jedem Jahr ein Postkartenkalender mit Motiven rund um das Thema Demenz. 2015 erschien dazu sogar ein Buch. Immer wieder touren die "Demensch"-Zeichnungen durchs Land. Die 16 Bilder in Ebersberg hängen eigentlich in den Gängen eines Partnerhauses der Ebersberger Caritas - eine Leihgabe für die Dauer der Senioren-Thementage. Aber: Klappt die humoristische Herangehensweise an die Krankheit tatsächlich?

Es funktioniert sogar hervorragend! Gleich die erste Zeichnung zeigt eine Seniorin an einer Türschwelle, wie sie eine Frau in dem Haus fragt "Entschuldigung, wohn' ich hier?" - die Frau schickt die Seniorin zwei Haustüren weiter. Der dazugehörige Text verstärkt das Bild: Demenz geht uns alle etwas an. Bis zum Jahr 2050 werden vermutlich drei Millionen Menschen daran erkrankt sein, wie der Text eines anderen Bildes verrät. Beinahe jeder wird einen Betroffenen im Familien- oder Bekanntenkreis haben, zum Beispiel jemanden aus der Nachbarschaft. Offen mit der Krankheit umzugehen, hilfsbereit zu sein, ohne ein großes Ding daraus zu machen, das ermöglicht den Betroffenen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben - die Frau aus der Karikatur verhält sich vorbildlich.

Einige der Zeichnungen sind nun in der Ebersberger Altstadtpassage ausgestellt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Eine andere Zeichnung zeigt einen Senioren, wie er "Juchu"-rufend eine Rutsche hinunter zu seinem freudestrahlenden Enkel rutscht, während die erwachsene Tochter des Opas beschämt daneben steht, schließlich gehört sich Rutschen nur für Kinder. Es ist das Lieblingsbild der Ausstellung von Bettina Seufert. Sie ist die stellvertretende Caritas-Kreisgeschäftsführerin und leitet im Ebersberger Zentrum den Bereich Leben im Alter. Am Dienstag, 12. Oktober, wird sie eine kostenlose Führung durch die Ausstellung geben. "Die Karikatur drückt genau das Positive aus, das eine Demenz auch mit sich bringen kann." Sie spricht von einer Brille, die Erwachsene für gewöhnlich tragen, eine gesellschaftliche Brille: Dies gehört sich, das aber nicht. Demente Menschen trügen diese Brille nicht mehr, genauso wenig wie Kinder - und was soll so schlimm daran sein? Der Senior in der Zeichnung habe sichtlich Spaß am Rutschen, darum gehe es. Da sollte es egal sein, was die Gesellschaft denkt, so Seufert. So legen diese Karikaturen einen Perspektivwechsel nahe, mit dem alle Beteiligten besser mit dieser schweren Krankheit umgehen können. "Menschen mit Demenz gehören in die Mitte der Gesellschaft" sagt der Text zu dem Bild mit dem rutschenden Opa. Genauso mittendrin wie der Ort der Ausstellung: im Zentrum der Kreisstadt. Dort, wo jeder in seinem Alltag diese besonderen Zeichnungen sehen kann.

Zu sehen ist die Ausstellung bis 15. Oktober in den Schaukästen der Ebersberger Altstadtpassage. Am Dienstag, 12. Oktober, bietet Bettina Seufert von 10 bis 11 Uhr eine kostenlose Führung an, Anmeldung bis Sonntag, 10. Oktober, per E-Mail an info@kbw-ebersberg oder unter (08092) 850790.

© SZ vom 09.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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