Aus dem Gericht:Angriff mit Schwert bleibt straffrei

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Berufungsverhandlung um Schlägerei in Grafing endet mit Einstellung des Verfahrens.

Christina Seipel

Wenn mehrere Beteiligte in eine Schlägerei verwickelt sind, verschwimmen zuweilen die Grenzen zwischen Täter und Opfer. Das zeigte ein Fall, der nun vor dem Landgericht München noch einmal aufgerollt wurde. Hier hatte ein junger Mann aus dem südlichen Landkreis erfahren müssen, wie man durch scheinbar wohlwollendes Einschreiten selbst ins Visier der Justiz gerät. Wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung an einem 56-jährigen Mann aus Grafing hatte das Amtsgericht Ebersberg ihn im Oktober 2012 zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten auf Bewährung verurteilt. Dies wollte der heute 24-Jährige nicht akzeptieren und legte Berufung ein.

Der Staatsanwalt bewertete den wieder aufgenommenen Fall als "heikel" und warnte den Angeklagten davor, seine befreundeten Mittäter erneut auf dünnes Eis zu führen. Zumal das Amtsgericht Ebersberg strafmildernde Umstände bereits in seinem Urteil berücksichtigt und das niedrigste Strafmaß für gefährliche Körperverletzung über ihn ausgesprochen habe.

Am 25. Oktober 2011 waren der Angeklagte und seine beiden Freunde auf dem Weg zu einem Lokal in Grafing, wo sie den Sieg ihrer Eishockeymannschaft feiern wollten. Doch die positive Stimmung kippte um. Kurz vor 21 Uhr sollen die noch von einem Besuch am Oktoberfest stark alkoholisierten jungen Männer in ihrem Übermut am Marktplatz randaliert und eine Werbesäule beschädigt haben. Ein Anwohner, der sich durch den Lärm gestört fühlte, habe die Gruppe ermahnt aufzuhören. Daraufhin eskalierte die Situation.

Aus einem Impuls heraus sei der Betreuer in einer Behinderteneinrichtung zu den jungen Männern hinaus gelaufen. "Ich wollte Präsenz zeigen", sagte der 56-Jährige vor Gericht aus. Zu seiner Verteidigung hatte er einen Gummiknüppel dabei. Der heute 26-jährige Freund des Angeklagten gab an, dass er sich durch den Prügel bedroht gefühlt habe. "Ich dachte, er wollte uns damit eins überziehen", erklärte der KFZ-Mechatroniker im Berufungsverfahren. Dies nahm er zum Anlass, um auf den Mann einzuschlagen. Der 24-jährige Angeklagte habe daraufhin nach eigenen Aussagen deeskalierend eingreifen wollen. "Ich wollte doch niemanden verletzen", erklärte der Schreiner. Um die Kontrahenten voneinander zu trennen, habe er den 56-jährigen Mann an den Schultern gepackt: "Dann haben wir uns gedreht."

Der 56-Jährige und sein Sohn schilderten die Ereignisse anders. Demnach habe der Angeklagte den Grafinger mehrfach ins Gesicht geschlagen. Als er sah, wie jemand seinen Vater angriff, wollte der heute 20-jährige Sohn mit einem etwa 180 Zentimeter langen Dekorationsschwert zu Hilfe eilen. Doch statt der Hand des vermeintlichen Angreifers, traf er dessen Kopf.

"Auf einmal war überall Blut", so der Angeklagte. Obwohl er aufgrund seiner Verletzung eine Woche im Krankenhaus verbringen musste, hatte er keine zivilrechtlichen Strafmaßnahmen geltend gemacht. Stattdessen wurde er selbst verurteilt. Das Recht ist auf der Seite des Sohns. Denn, wer sich angegriffen fühlt, habe ein Recht sich zu verteidigen, erklärte der Staatsanwalt. Zur Not auch mit Waffengewalt. Durch undurchdachtes Verhalten habe sicher jeder der Betroffenen seinen Beitrag am Tatabend geleistet. Dennoch musste der Angeklagte einsehen, dass er aus rechtlicher Sicht keine Chance hatte. Er befolgte den Rat des Staatsanwalts und nahm die Berufung zurück. Das Verfahren wurde eingestellt.

© SZ vom 05.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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