Auferstanden aus der Ruine:Mit besonderem Blick für das Kleine

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Ein Feuer zerstört auf Gut Sonnhausen ein altes Bauernhaus. Nun ist in mühevoller Arbeit das denkmalgeschützte Gebäude wieder errichtet

Von Johanna Feckl, Glonn

Der Zauber steckt immer im Detail. Das wusste schon Theodor Fontane. Und das weiß man auch auf Gut Sonnenhausen bei Glonn: Ein Besuch des alten Bauernhauses, etwas abgelegen vom übrigen Hof-Ensemble, erweckt zumindest diesen Anschein. Hier war jemand mit akribischem und gleichermaßen hervorragendem Blick für die kleinen Dinge am Werk, nämlich Georg Schweisfurth, Geschäftsführer des Bio-Seminarhotels, und die Architekten Stefan Mohr und Helgo von Meier. Und so kommt es, dass dort, wo nach einem Brand im August 2016 zu großen Teilen nur noch Schutt und Asche lagen, heute ein Veranstaltungsraum und Appartements zum Übernachten stehen, die keine Wünsche mehr offen lassen. Im Rahmen der "Architektouren" kann sich nun jeder Interessierte selbst überzeugen.

"Wir waren alle völlig fassungslos und schockiert", sagt Alexandra Baeten. Die Leiterin der Bereiche Gastronomie, Verkauf und Marketing auf Gut Sonnenhausen meint diesen einen Freitag im August vor drei Jahren, als ein Feuer den Stall des alten Bauernhauses völlig zerstörte. "Zum Glück wurde niemand verletzt", sagt Baeten. Und es gibt noch einen Aspekt, bei dem Baeten von Glück spricht: Zum Glück gab es diese Brandschutzwand zwischen Stall und Wohntrakt! Dieser und dem Einsatz von 180 Feuerwehrkräften ist es zu verdanken, dass die Flammen vom Stall nicht auf das anschließende Wohnhaus übergriffen - vom Dachstuhl abgesehen. Weshalb das Feuer ausbrach, ist nur zum Teil geklärt. "Laut Brandermittler hat in einem Strohballen im Stall wohl etwas heißes gesteckt - ein Nagel oder eine Glasscherbe, die zuvor in der Sonne lag", so Baeten.

Früher, als Georg Schweisfurths Kinder klein waren, hat er selbst mit seiner Familie in den Räumen neben dem Stall gewohnt. Vielleicht hat ihn der Brand deshalb so mitgenommen. Lange habe ihr Chef überlegt und mit unzähligen Leuten gesprochen, was nun mit dem alten Bauernhaus passieren soll, so Alexandra Baeten. Aber eines war schnell klar: "So konnte das ja nicht stehen bleiben, das war eine klaffende Wunde", sagt Stefan Mohr, einer der Architekten. Bevor die konkreten Arbeiten am Wiederaufbau beginnen konnten, dauerte es aber noch eine Weile. Da der gesamte Hof unter Denkmalschutz steht, waren viele Gespräche mit der Denkmalpflege notwendig um Möglichkeiten zu justieren, wie der Aufbau überhaupt aussehen könnte. Im Herbst 2017 ging die Planung dann in den Bau über. Ein Jahr später war alles fertig.

An einem heißen Vormittag im Juni steht Alexandra Baeten nun im Schatten der drei Walnussbäume vor dem alten Bauernhaus. Sie sieht sich um, deutet mit ihrer rechten Hand mal hier, mal dorthin. So ziemlich alles sehe jetzt anders aus als noch drei Jahre zuvor. "Ein Mordsaufwand", sagt sie und lacht. Rund um das Haus wurde viel Erde abgetragen, die einst hügelige Fläche ist jetzt fast ebenmäßig. Dort, wo mittlerweile ein üppiger Bio-Garten wächst, war einmal ein Reitplatz. Und selbst die Walnussbäume schlugen ihre Wurzeln vor dem Brand an anderer Stelle.

Baeten tritt ein paar Schritte nach vorne und betritt den "Farmer's Club" - frei übersetzt heißt das so viel wie "Bauernvereinshaus". Hier irgendwo brach vor knapp drei Jahren das Feuer aus. Jetzt breitet sich hier ein großzügiger Raum mit Bar, Tischen, Stühlen, einem Flügel und Blick in eine offene Küche aus, alles umrahmt von demselben hellen Fichtenholz in Decke und Boden. Einmal im Monat findet seit Mai im Farmer's Club die "Mittwochsmusik" statt, eine Veranstaltungsreihe, die bislang ein paar hundert Meter weiter in Herrmannsdorf bei Glonn stattgefunden hat - das nächste Mal übrigens am 24. Juli. Und wenn nicht musiziert wird, dann werden hier Hochzeiten oder Geburtstage gefeiert.

Wer sich etwas Zeit nimmt, sieht in diesem Raum einen roten Faden, der sich von hier aus elegant und unaufdringlich durch die gesamte Innenausstattung weiter spinnt: die Liebe zum Detail. Da sind zum Beispiel die acht dunkelbraunen Holztische, ehemalige Schulbänke. Man hätte sie einfach so in den Farmer's Club stellen können. Cool! Alte Schulbänke! Hübsche Idee! Aber auf Gut Sonnenhausen reicht das nicht aus. Zu nah würde man sich an den Tischen gegenübersitzen. Unangenehm wäre das beim Gespräch, erklärt Baeten. Also haben Georg Schweißfurth und das Architektenteam beschlossen, etwa zehn Zentimeter breite Holzlatten in jeden der Tische einzubauen und sie so zu verbreitern.

Und es geht weiter: der Badezimmerspiegel in Zimmer Nummer drei der Appartements im Wohntrakt, vom Alter gezeichnet mit diesen typischen kleinen Rostflecken. Nicht schmuddelig, sondern passend zu Bauernhausstil in diesem Bereich. Oder bei den neun modernen Suiten, direkt oberhalb des Farmer's Club, der Boden, der sich in einem Guss bis in das Badezimmer hindurchzieht. Nur der Bereich um die Toilette und Dusche ist gefliest. Oder das Muster der Zimmertüren, das dem der originalen Haustüre außen an der Ostseite nachempfunden ist. Wie ein Stück Zuhause beim Betreten eines jeden der Appartements. Die Details ließen sich immer weiter fortsetzen. Und am Ende ergibt sich ein schönes Ganzes.

Besichtigung des alten Bauernhauses am Sonntag, 30. Juni, von 13.30 Uhr bis 19.30 Uhr. Führungen zu jeder vollen Stunde, Treffpunkt vor dem Gebäude. Und auf Kinder wartet etwas besonderes: Eine fotografische Schnitzeljagd, bei der es am Ende einen kleinen Preis zu gewinnen gibt.

© SZ vom 28.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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