Hamberger Windrad:Aßling will nicht klagen

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Mangels Erfolgschancen lehnt es die Gemeinde ab, gegen den Genehmigungsbescheid des Landratsamtes für das in Hamberg bei Bruck geplante Windrad vor Gericht zu ziehen.

Von Carolin Fries, Aßling

Die Gemeinde Aßling wird nicht gegen den Genehmigungsbescheid des Landratsamts klagen, wonach die Osterkling GmbH ein Windrad in Hamberg bei Bruck errichten darf. Der Gemeinderat hat nun einstimmig einen entsprechenden Beschluss gefasst. Viel lieber freilich hätte wohl die Mehrheit des Gremiums für eine Klage gestimmt - doch Rechtsanwalt Frank Sommer schätzte die Erfolgsaussichten "nahezu auf null Prozent". Aßling würde sich vor dem Verwaltungsgerichtshof wohl "zwei schallende Watschn abholen" und bliebe zudem auf den Verfahrenskosten sitzen, weil die Rechtschutzversicherung nicht greife.

Sommer hatte den Genehmigungsbescheid des Landratsamtes im Auftrag der Gemeinde geprüft. Die Bürgerinitiative gegen das Windrad in Hamberg, in der sich etwa 200 Aßlinger Bürger zusammengeschlossen haben, hatte rechtliche Schritte der Gemeinde für den Fall einer Genehmigung durch das Landratsamt beantragt. Der Gemeinderat hatte zuletzt darauf verwiesen, dass man zunächst den Bescheid abwarten müsse. In einem Brief an den Landrat hatte man aber um eine Ablehnung des Windrads gebeten. Die 77 Seiten umfassende Genehmigung liegt der Gemeinde Aßling nun vor.

Landrat Robert Niedergesäß (CSU) hat der Gemeinde auch auf den Bittbrief geantwortet. Er wirbt um Verständnis, betont, dass es eine äußerst differenzierte Auseinandersetzung mit der Thematik gegeben habe, man aber zu dem Schluss gekommen sei, der Bitte nicht nachkommen zu können. Mehr als 40 Monate hatten die Landwirte aus Bruck auf einen Bescheid warten müssen, etliche Gutachten und Stellungnahmen waren eingeholt worden. Als Aßlings Bürgermeister Hans Fent (parteifrei) die Zeilen am Dienstagabend laut vorlas, war es mucksmäuschenstill im Sitzungsraum. Eine Handvoll Mitstreiter der Bürgerinitiative war gekommen und alle schienen sich zu fragen: Und jetzt? Doch auch Frank Sommer war an diesem Abend kein Heilsbringer für die Gemeinde.

Er sagte klipp und klar - und so, dass es auch ein Landwirt verstand: "Es ist nicht ihr Feld." Im Klartext: Ob der Nachbar Kartoffeln oder Mais anbaue - oder eben ein Windrad errichte - sei seine Sache. Der Genehmigungsbescheid wäre für Aßling nur angreifbar, wenn die Kommune Standortgemeinde wäre. Als Nachbar allerdings "schaut's düster aus", so Sommer. Eine Gemeinde könne sich nämlich lediglich auf ihre Planungshoheit und ihr Selbstverwaltungsrecht berufen - sollte es denn berührt sein.

Hätte Aßling etwa Richtung Hamberg ein Neubaugebiet geplant und die Planung wäre bereits fortgeschritten, sähe es anders aus. So aber "ist es schon schwierig, dass eine Klage überhaupt zugelassen wird". Und falls doch - es würde eine recht schnelle Verhandlung und "einsame Veranstaltung" werden. Bei der Gemeindegrenze, so Sommer, müsse der Gemeinderat eben das Denken aufhören.

"Wir hatten es uns fast gedacht", kommentierte der Zweite Bürgermeister Ernst Sporer-Fischbacher (UNL) die Aussagen Sommers. Dennoch wirkte er enttäuscht. Er richtete sich mit entschuldigenden Worten an Vertreter der BI unter den Zuhörern: "Ihr seht es selber, uns sind die Hände gebunden. Wir haben es versucht." Lediglich Waltraud Gruber hatte sich im Gemeinderat vor wenigen Wochen öffentlich zum Windrad in Hamberg bekannt - und dafür Buh-Rufe und Pfiffe der Zuhörer kassiert.

Sporer-Fischbacher gab den Antrag aus der Bürgerschaft am Dienstag zurück an selbige: Nun müssten Anlieger private Klagen prüfen. Ein Windradgegner, der "850 Meter von dem geplanten Wahnsinn entfernt" wohne, fragte, ob er denn öffentliche Belange wie den Naturschutz zum Teil einer privaten Klage machen könne. Sommer verneinte. Auch die Gemeinde könne das nicht. Lediglich die Standortgemeinde, sollte sie denn ihr Einverständnis verweigert haben, könnte derlei Ansprüche geltend machen, möglicherweise auch Naturschutzverbände. "Sie können sich nicht zum Wächter öffentlicher Belange aufschwingen." Er berichtete von vier Gemeinden, die gegen ein Windrad in der Nachbarschaft geklagt hatten - alle erfolglos. Dabei spiele es auch keine Rolle, wie nah die Anlage zur Gemeindegrenze stehe.

Peter Pfaff, ebenfalls Windradgegner, sagte, er fühle sich trotz der Einhaltung des rechtlichen Rahmens nicht gerecht behandelt. Vielmehr wie "ein Bürger dritter Klasse." Sommer verglich die Situation der individuellen Betroffenheit mit dem erhöhten Lärmschutz in Wohngebieten gegenüber dem im Außenbereich - obwohl sowohl hier als auch dort Menschen wohnen würden. "Insofern sind sie mit Sicherheit keine Bürger dritter Klasse", sagte er.

© SZ vom 15.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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