Amtsgericht Ebersberg:Schmerzhafte Trennung

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Ein Pärchen mischt sich in den Beziehungsstreit eines Freundes ein - mit teuren Folgen

Es gehört wohl zu den schwierigsten Momenten einer Trennung: das Austauschen und Zurückgeben der persönlichen Sachen des Partners. So mancher scheut sich vor der Konfrontation und nimmt den besten Freund als seelischen Beistand mit. So geschehen in Eglharting im Herbst vergangenen Jahres. Ein 20-Jähriger bat seinen Freund und dessen Freundin, ihn zu begleiten. Seine Ehemalige wollte ihm auf dem Parkplatz eines Schnellrestaurants Pullover und T-Shirts zurückgeben, die sie noch zuhause hatte. Die 18-Jährige hatte sich von ihm getrennt.

Das Zusammentreffen zwischen den geparkten Autos eskalierte allerdings. Statt Aussprache und Schlussstrich kam es zu Streit, Strafanzeige und Gerichtsprozess. Auf der Anklagebank im Ebersberger Amtsgericht saßen nicht die Ex oder der Ex, sondern das befreundete Paar des Verlassenen, ein 21-Jähriger und dessen 20-jährige Freundin. Laut Staatsanwaltschaft sollen die beiden die damals 18-Jährige "Hure" genannt haben. Der 21-Jährige soll sie zudem geohrfeigt, geschubst und am Hals gepackt haben.

Die beiden Angeklagten, die ohne Anwalt erschienen waren, bestritten die Vorwürfe vehement. Der Angeklagte berichtete, dass ihn der Freund gebeten habe, mitzukommen, da dessen Ex mitunter sehr aggressiv und ausfallend wäre. Als diese auf dem Parkplatz die Schützenhilfe bemerkte, habe sie ihn und seine Freundin mit abfälligen Blicken gestraft und dem Ex die Sachen gegen die Brust gedrückt, so dass dieser zurückgetaumelt sei. Daraufhin habe er sich schützend vor den Freund gestellt und beide gebeten, sich zu beruhigen. Gemeinsam sei man zum Auto der Frau gegangen, wo sie dem Ehemaligen noch einen Ring übergeben habe. Danach sei alles gut gewesen, "scheinbar", wie der Angeklagte weiter berichtet. "Aus heiterem Himmel" habe die Frau plötzlich um Hilfe geschrien.

Richter Dieter Kaltbeitzer fragte den Angeklagten, wie er sich denn die Verletzungen der Frau erklären könne. Noch am Tag des Treffens am Parkplatz hatte ein Arzt in der Kreisklinik Ebersberg und zwei Tage später der Hausarzt Prellungen an Jochbein und Hals sowie Kratzer am Oberarm diagnostiziert. Wie diese zustande gekommen seien, wisse er nicht, so der Angeklagte. Seine Freundin beteuert, die Geschädigte keinesfalls "Hure" genannt zu haben, solche Beschimpfungen seien nicht ihre Ausdrucksweise.

Der Ex, heute 21 Jahre alt, sagte als Zeuge aus und bestätigt die Version der Angeklagten. Dann ist seine Ehemalige an der Reihe. Sie sei sauer gewesen, dass der Ex das Paar mitbrachte. Der Freund habe ihr mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen, sie am Arm und am Hals gepackt und zur Seite geschubst. Alle drei hätten sie übel beschimpft. Sie hätten ihre Tasche genommen und auf der Straße ausgeleert. Sie wisse nicht, warum nicht auch ihr Ex zur Rechenschaft gezogen werde. Ein dritter Zeuge beobachtete, wie ein Mann eine Frau am Hals packte. Da er 15 bis 20 Meter entfernt stand, konnte er die Personen aber nicht erkennen, sagt er aus.

Die Jugendgerichtshilfe attestiert den Angeklagten geradlinige, unauffällige Biografien, ihrer Ansicht nach könnte man den Prozess gegen geringe Auflagen einstellen. Die Staatsanwältin plädiert jedoch auf eine Verurteilung. Den Angeklagten möchte sie wegen Beleidigung und Körperverletzung zu 90 Tagessätzen zu 60 Euro bestrafen, die Angeklagte wegen Beleidigung zu 24 Sozialstunden. Nachdem beide Angeklagte in ihrem Schlusswort noch einmal beteuern, nichts gemacht zu haben, verurteilt Richter Kaltbeitzer den 21-Jährigen nach Jugendstrafrecht zu einer Geldstrafe von 1200 Euro und die 20-Jährige zu drei Tagen Sozialdienst. Wie die Staatsanwältin sieht er die Anklageschrift bestätigt. Das Opfer habe seine Verletzungen nicht dramatisiert und den Vorfall sachlich geschildert, ein unbeteiligter Zeuge dies bestätigt. Dass sich die 19-Jährige die Verletzungen selbst zugefügt habe, hält Kaltbeitzer für ausgeschlossen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

© SZ vom 19.12.2019 / lela - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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