Aktion für den Klimaschutz:Werben für den Umstieg

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Beim Energie-Festival der Landkreise München und Ebersberg geht es um den dringend erforderlichen Ausbau von Radwegen. Nur dann ließen Menschen ihr Auto stehen, davon sind Fachleute überzeugt

Von Antonia Dieterle, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

"Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur falsche Kleidung." Das ist eine Weisheit, die Hans Gröbmayr nach drei Wochen "Autofasten" und knapp 1060 Kilometern auf seinem Fahrrad unterschreiben würde. Der 65 Jahre alte Geschäftsführer der Energieagentur Ebersberg-München kam "ganz schön ins Grübeln", bevor er sich dazu entschloss, bei der Aktion Stadtradeln für seinen Landkreis anzutreten und für Termine in Straubing, Neubiberg und sogar Würzburg nur auf sein E-Bike zu steigen. Im Festzelt auf der Leonhardiwiese in Höhenkirchen-Siegertsbrunn haben sich trotz des Dauerregens 50 Besucher aus den Landkreisen zum Finale der Aktion "Stadtradeln" und zur Premiere des "Ebermuc-Festivals" eingefunden. Hinter dem klangvollen Namen der Veranstaltung steckt die Energieagentur Ebersberg, die seit Ende 2017 ihre Aktivitäten in den Bereichen Klimaschutz und Energiewende gemeinsam mit dem Landkreis München versieht.

Radfahren und Klimaschutz gehen für Gröbmayr Hand in Hand. Die Besucher des Festivals, regensicher in bunte Funktionsjacken gekleidet, folgen dem Erfahrungsbericht des E-Bikers aufmerksam. Er erzählt, dass drei Wochen ohne Auto nicht nur einige Kilos purzeln ließen, sondern ihn auch verändert hätten. Der 65-Jährige, der sich genau mit der Technik und dem richtigen Einsatz des Batterieantriebs auskennt, kann nun sagen: "Das E-Bike passt jetzt auch zu mir." Das Stadtradeln hatte in den vergangenen Wochen nicht nur Gröbmayr, sondern zahlreiche Verwaltungsmitarbeiter, Stadt- und Gemeinderäte dazu motiviert, das Autos stehen zu lassen - um für den Klimaschutz und bessere Radwege zu kämpfen. Dass es gerade in dieser Hinsicht noch viel zu tun gibt in den Landkreisen, bestätigt Gröbmayr: "Wir brauchen Radwege, auf denen wir uns auch zu fahren trauen." Wichtig sei aber auch ein besseres Miteinander von Autofahrern und Ralern - und von Fahrradfahrern untereinander. Schön fände es Gröbmayr, wenn sich die Radler untereinander grüßen würden - so wie die Biker eben auch.

Als es endlich aufhört zu regnen, flitzen Besucher des Festivals auf Elektrofahrrädern über die Wiese. Mancher ist von der Geschwindigkeit des E-Bikes überrascht. Die batterieverstärkten Fahrten seien für viele Neueinsteiger ungewohnt; dies verursache eine steigende Zahl von Unfällen im Straßenverkehr, sagt Polizist Martin Schedo, der ehrenamtlich bei der Verkehrswacht Ebersberg arbeitet. Für ihn sei der Besuch des Festivals in Höhenkirchen-Siegertsbrunn deshalb umso wichtiger. Mithilfe eines Simulators stellt er typische Unfallsituation nach. Damit auch erfahrene Nutzer des E-Bikes sicherer im Straßenverkehr unterwegs sind, bietet die Verkehrswacht Fahrtrainings für Senioren an. Genauso wichtig sei die Verkehrsprävention, also bereits im Kindergartenalter das richtige Verhalten im Straßenverkehr zu lernen. Schedo erklärt, dass vor allem das Tragen des Helms für Kinder ein Muss ist, und spricht sich klar für eine gesetzliche Helmpflicht aus.

Im Festzelt ergreifen Landrat Christoph Göbel (CSU) und sein Ebersberger Kollege Robert Niedergesäß (CSU) das Wort und bekennen sich zur Notwendigkeit des Klimaschutzes. Thomas Hamacher, Energieagentur-Aufsichtsrat und Professor an der TU München, sagt, dass die Ziele des Pariser Klimaabkommens und die damit beschlossene Begrenzung der Erderwärmung auf unter zwei Grad nicht mehr realistisch seien. Neue Aufgaben, die mit der Elektromobilität und der Bereitstellung von Energie verbunden sind, seien so groß, dass man sie nicht alleine lösen könne.

Mit der Wissenschaft als Basis und der Energieagentur Ebersberg-München als Partner könne Bayern auch weiter als Industriestandort bestehen, solange man europäisch denke und lokal handle, unterstreicht Hamacher. Die Veränderung aber beginne mit kleinen Schritten, und zwar von jedem, der sein Auto auch einmal stehen lassen kann.

© SZ vom 23.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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