Dritte Liga:Kinder-Karussell

Lesezeit: 3 min

Schritt nach vorne: Lenn Jastremski hat sich bei bei den kleinen Bayern in den Fokus gespielt. Angelo Stiller (hinten) wird den Klub im Sommer verlassen. (Foto: Neis / Eibner/Imago Images)

Bayern-II-Trainer Holger Seitz nimmt die jüngsten Personalrochaden im Kader gelassen. So hätten wieder andere die Chance auf den nächsten Karriereschritt. Aber nicht alle kommen mit dem Tempo mit.

Von Stefan Galler, München

Nicht jeder Fußballcoach ist mit vollständiger Machtfülle ausgestattet und kann ganz alleine darüber entscheiden, welche Spieler kommen und welche gehen. Das gilt allenfalls für ein paar Trainer in England, aber dort sind sie ja auch oft Manager mit sämtlichen Kompetenzen. Das andere Extrem sind diejenigen, die bei der Personalplanung gar nicht mitreden dürfen wie zuletzt André Villas-Boas bei Olympique Marseille. Der reichte seine Kündigung ein, weil er von Transfers morgens im Internet erfuhr. Derlei Eitelkeiten dürfen bei einem Ausbilder in einem großen Klub keine Rolle spielen. Und so zeigt sich Holger Seitz, Trainer des FC Bayern München II und designierter Leiter des "Campus" genannten Nachwuchszentrums im Münchner Norden, mit den jüngsten Personalrochaden zufrieden.

Klar ist, dass Mittelfeldspieler Leon Dajaku (nun Union Berlin) und Verteidiger Chris Richards (TSG Hoffenheim) zwei Lücken im Gefüge des Teams hinterlassen haben, die es zu füllen gilt. Seitz hält beide für "optimal vorbereitet und körperlich in der Lage, sich in der ersten Liga durchzusetzen". Er sieht in den Weggängen auch eine Chance: "Damit ist es nun wieder für andere Spieler möglich, ihre nächsten Karriereschritte zu machen."

Angeblich wird die Kaufoption beim Portugiesen Tiago Dantas nicht gezogen. Hansi Flick dementiert eher zaghaft

Das gelte etwa für die ganz jungen, beispielsweise Torben Rhein, 18, und Armindo Sieb, 17, die in den verbleibenden Saisonspielen mit ersten Bewährungschancen rechnen können, wie Seitz andeutet. Bei anderen wie den beiden 18 Jahre alten A-Junioren Christopher Scott und Jamie Lawrence soll sich der positive Trend fortsetzen. Auch solche, die bislang noch nicht glänzen konnten, wie der 21-jährige Niedersachse Nicolas Kühn, der aus der Ajax-Akademie kam und in der Vorrunde mit vielen Blessuren zu kämpfen hatte, rücken mehr in den Fokus. Eines jedenfalls stehe fest: "Bei uns geht es ganz klar nach dem Leistungsprinzip. Die Trainingsleistungen entscheiden darüber, wer wie viele Einsatzzeiten bekommt."

So hat es der 20-jährige portugiesische Mittelfeldspieler Tiago Dantas bislang nicht geschafft, die Verantwortlichen nachhaltig zu beeindrucken. Zuletzt hatte es Gerüchte gegeben, die mit seinem Klub Benfica ausgehandelte Kaufoption über 7,5 Millionen Euro werde nicht gezogen. Cheftrainer Hansi Flick dementiert das - allerdings eher zaghaft, indem er betonte, Dantas gebe stets sein Bestes. Der Juniorennationalspieler, der in seinem Vertag mit Benfica eine Ausstiegsklausel von 88 Millionen Euro stehen hat, kam in Bayerns U23 erst auf sieben Einsätze. "Auch für ihn gilt, dass er sich dem Konkurrenzkampf bei uns stellen muss", sagt Seitz. Und der ist auf der Position im zentralen Mittelfeld hart: Neben Scott gibt es da auch noch Routinier Timo Kern und den aufstrebenden Maximilian Zaiser.

Fiete Arp wollte in der U23 durchstarten - und sitzt nun oft auf der Bank

Letzterer hat in den vergangenen Wochen eine beeindruckende Entwicklung genommen. Und damit auch seinen Übungsleiter überzeugt: "Anfangs war es schwierig für ihn, auf ausreichend Spielzeiten zu kommen. Aber er hat nie gejammert, sondern immer nach Verbesserungsmöglichkeiten gesucht und danach gehandelt." Zaiser ist nicht der einzige große Gewinner dieser Saison. Auch Stürmer Lenn Jastremski, 20, der im Sommer aus Wolfsburg geholt wurde, hat sich enorm entwickelt und sorgt sogar dafür, dass Fiete Arp, 21, der den Umweg über die U23 gehen wollte, um bei den Profis doch noch den Durchbruch zu schaffen, oft nur auf der Bank sitzt. "Das beschäftigt Fiete, alles andere wäre ja auch nicht normal. Er wird dranbleiben", sagt Seitz, der Jastremski vor allem für seine Präsenz auf dem Platz lobt: "Er ist sehr umtriebig, zieht Gegenspieler auf sich, schafft Räume und strahlt selbst Torgefahr aus."

In Dimitri Oberlin, 23, der ablösefrei vom FC Basel kam, hat der Fußballlehrer ganz vorne nun eine weitere Alternative. Campus-Leiter Jochen Sauer kennt ihn aus gemeinsamen Zeiten bei RB Salzburg und hält große Stücke auf ihn. Dazu kommt Rückkehrer Sarpreet Singh, 21, der beim 1. FC Nürnberg nicht wie erhofft zum Stammspieler avancierte, was beim FC Bayern auf Unverständnis stieß. Man beendete das Leihgeschäft vorzeitig. Der Neuseeländer soll nun wieder in der zweiten Mannschaft der Bayern Spielpraxis sammeln.

Angelo Stillers Abschied im Sommer bedauert der Trainer

Die Saison wird noch einmal richtig Fahrt aufnehmen, und auch wenn die Bayern-Amateure noch einige Nachholspiele zu bestreiten haben, ist die Situation angesichts von nur drei Punkten Vorsprung auf die Abstiegsplätze für den Meister der Vorsaison keineswegs komfortabel. "Die Liga ist sehr gefährlich, weil sie so ausgeglichen ist. Wir müssen wach bleiben", sagt Seitz, der aber überzeugt ist, dass "die Tendenz in die richtige Richtung" geht - trotz der 0:1-Niederlage am Sonntag gegen Uerdingen. Dazu tragen auch seine drei Stabilisatoren bei, die erfahrenen Kern, Nicolas Feldhahn und Maximilian Welzmüller, der vor kurzem aus einer längeren Verletzung zurückkam. "Sie füllen ihre Rolle aus, wie ich es mir vorstelle", sagt Seitz.

Eine Personalie gibt es dann doch noch, die dem Talentförderer nicht so gut gefällt: Der gebürtige Münchner Angelo Stiller, 19, unterschreibt keinen Profivertrag, sondern folgt im Sommer seinem Förderer Sebastian Hoeneß nach Hoffenheim. "Dass uns Angelo Stiller im Sommer nach Hoffenheim verlassen wird, haben wir zu akzeptieren. Es ist seine Entscheidung. Dass ich es persönlich sehr bedauere, ist kein Geheimnis. Ich denke, der FC Bayern ist einfach sein Verein."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: