Diskussion um Rauchverbot:Boaznbesitzer versus Edelwirt

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Die Vielfältigkeit des Problems um das Rauchverbot spiegelt sich auch in Münchens Kneipen wider.

Florian Fuchs

Reinhard Kneissl steht hinter der Theke des "Bier-Stüberls" im Glockenbach, zieht an seiner Zigarette, schenkt noch ein Helles nach und fürchtet um seinen Arbeitsplatz. "Wenn das Rauchverbot kommt, können kleine Boazn wie wir dicht machen", sagt Kneissl.

Ein Volksbegehren will nun das völlige Rauchverbot in Münchner Kneipen. Die Wirte befürworten in der Mehrheit einen Kompromiss. (Foto: Foto: AP)

Cyrus Yazdi steht ein paar Meter weiter hinter der Bar seines rauchfreien "Frenzy", holt zwei Weingläser aus dem Regal und sagt: "Niemand muss schließen, die Leute werden trotzdem ausgehen. Dann rauchen sie halt draußen. Ich unterstütze ein Verbot."

Seit Donnerstag liegen auch in München die Unterschriftenlisten für das Volksbegehren aus, das ein generelles Rauchverbot fordert, überall, ohne Ausnahme: in Gaststätten, Kneipen, Bars, Diskotheken und auch in Festzelten. Bis Freitagmittag haben sich schon mehr als 9000 Leute eingetragen.

Die Wirte wollen einen Kompromiss

Doch im Glockenbachviertel, zwischen Müller-, Fraunhofer- und Pestalozzistraße, sind nur wenige so eindeutiger Meinung wie Frenzy-Chef Yazdi. Den Wirten, Bedienungen und Gästen steht mehrheitlich der Sinn nach Kompromiss, sie unterstützen die jetzige Regelung: In kleinen Kneipen und in Nebenräumen soll es weiterhin erlaubt sein zu rauchen.

So sehen es auch die Leute im Bierstüberl. "So kann jeder selbst entscheiden, wo er hingehen will", sagt Kneissl, und dann bringt er es, das Lieblingsargument aller Gegner eines strikten Rauchverbots: "Jeder muss doch seine Freiheit haben." Der Wirt zahlt die Pacht, also solle der Wirt auch anschaffen dürfen, fordert der Schankkellner. So versteht Kneissl die Freiheit für die Wirte. Er sehe ja ein, dass der Rauch manche Leute stört, sagt er. "Aber dann können die doch in Nichtraucher-Kneipen gehen, und die anderen kommen zu uns." So stellt sich Kneissl die Freiheit für die Gäste vor.

Marko Krenkel pflichtet Kneissl bei. Er entscheidet sich eindeutig für Raucherkneipen. Vor die Tür zu gehen, um sich eine Zigarette anzustecken, kommt für ihn nicht in Frage: "Ich bin kein Hund, ich gehe zweimal die Woche weg, da will ich Bier und Schnaps trinken und dabei rauchen." Krenkel gehört zu den Stammgästen, aus denen sich die Kundschaft im Bier-Stüberl laut Kneissl zu 99 Prozent zusammensetzt. "98 Prozent davon sind Raucher", sagt der Schankkellner, "ohne die müssen wir schließen."

Elisabeth Weidhofer hockt am Eck der Theke, trinkt Wasser und rührt keine Zigaretten an - sie vertritt hier eindeutig die Minderheit. Mit generellem Nichtraucherschutz braucht man ihr trotzdem nicht kommen, sie ist mit Qualm und Tabak aufgewachsen, ihre Eltern hatten eine Gaststätte: "Es muss solche und solche Wirtschaften geben, ansonsten dürfte man auch keinen Alkohol mehr trinken."

"So wie jetzt ist es optimal"

Lisa Lindner hat ihre Kindheit ebenfalls in der Gaststätte ihrer Eltern verbracht, kommt aber zu einem ganz anderen Schluss: Die Bedienung des Restaurants "Forum" steht auf der Seite von Frenzy-Chef Yazdi, sie wird für das Volksbegehren unterschreiben.

"Als bei meinen Eltern noch geraucht werden durfte, hatte meine Mutter schlimmen Husten, das ist jetzt deutlich besser. Und die Gäste sind trotzdem noch da", sagt Lindner und erzählt, dass sie auch selbst keine brennenden Augen und kein Kratzen mehr im Hals kennt, seit sie nicht mehr umgeben von dichten Rauchschwaden bedienen muss. "Mit Alkohol schädigt man nur seine eigene Leber, mit dem Rauch schädigt man auch andere."

Argumente für und Argumente gegen das Rauchverbot also. "Da wird der eine den anderen kaum überzeugen können", ist sich Jischko Lang sicher. Der Chef vom "Cafe King" plädiert deshalb auch für den Kompromiss: In Kneipen und Nebenräumen sollen die Gäste rauchen dürfen, in Restaurants sei der Nichtraucherschutz sinnvoll. Sein Cafe King ist quasi der gelebte Kompromiss, hinten befindet sich der Raucherbereich, vorne ist das Qualmen verboten.

Bei einem generellen Verbot befürchtet Lang Ärger mit den Anwohnern. "Da haben wir dann wieder ein Lärmproblem und kein Rauchproblem. So wie jetzt ist es optimal, da bekommt jeder, was er will." Auch wenn, das gibt Lang zu, die Rauchschwaden manchmal in den Nichtraucherraum ziehen. Um das zu vermeiden, bräuchte er eine Lüftung, wie sie das Forum seit fünf Jahren hat: Hochmodern, leistungsfähig, und von einem großen Tabakwarenunternehmen gesponsert - aber im Forum darf ja sowieso nicht mehr geraucht werden.

© SZ vom 21.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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