Die Toten Hosen in München:Kerzengerader Rock

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Wie früher: Die "Toten Hosen" schaffen Club-Atmosphäre in der sterilen Olympiahalle.

Franz Kotteder

"Wir sind zurück wie neu geboren", lautet die zentrale Textzeile im ersten Lied der neuen Platte und auch des Konzerts: Klar, das ist programmatisch zu verstehen. Die Toten Hosen spielen nach vier Jahren wieder in der Münchner Olympiahalle, und es ist eigentlich alles so wie früher. Die Herrschaften im Publikum, die früher schon dabei waren, sind vielleicht etwas grauer geworden, auch die Burschen auf der Bühne wirken gesetzter, und am T-Shirt-Stand gibt es anscheinend mehr Tour-Leibchen in Kindergrößen als früher, weil Mama und Papa den Kleinen daheim was mitbringen müssen, wenn die den Samstagabend mit dem Babysitter verbringen dürfen.

Überreste der einstigen Punk-Attitüde: Campino auf der Bühne. (Foto: Foto: Rumpf)

Aber sonst? Das Licht geht aus, vom Band läuft "Blitzkrieg Bop" von den Ramones, die Hosen kommen auf die Bühne, und schon geht's los. Es ist immer wieder faszinierend und eine der großen Qualitäten dieser Band, wie sie es schafft, von Beginn an die Atmosphäre eines kleinen Clubs in die große, sterile Olympiahalle zu zaubern.

Viele Nummern vom neuen Album "In aller Stille" (das alles andere als still ist) sind dabei und einige weniger bekannte Stücke wie "Mädchen aus Rottweil" oder "Auswärtsspiel", aber das Publikum ist auch da textsicher. Was Sänger Campino mal wieder die Möglichkeit gibt, mit seinen angeblichen Texthängern zu kokettieren. Das sind dann die Überreste der einstigen Punk-Attitüde: einfach mal machen, ohne jeden Anspruch auf Perfektion.

Freilich: Nach etwa 1500Konzerten ist davon zwangsläufig nichts mehr zu merken, und anders würde es in einer großen Halle auch gar nicht funktionieren. So schnurrt das Konzert ab wie eine gut geölte Maschine, und wenn Campino die Publikumsreaktionen kommentiert mit den Worten: "Das ist ja schon fast grönemeyerhaft hier in der Halle!", dann ist das zwar ironisch gemeint, aber durchaus zutreffend.

Ist das schlimm? Aber nein, im Gegenteil. Die Toten Hosen kommen so frisch daher wie eh und je, spielen kerzengeraden Rock, verzichten fast ganz auf die langsamen Nummern und bilden zwei Stunden lang tatsächlich eine kompakte Einheit als Band - was früher in Konzerten nur partiell so gewesen ist, weil halt doch vieles auf Campino als Hauptperson zugeschnitten war. So bleibt eigentlich nichts zu wünschen übrig, und als Fazit kann man festhalten: Die Toten Hosen sind nach wie vor eine grandiose Live-Band, und ein Konzert mit ihnen ist praktisch immer ein Abend mit gepflegter Unterhaltung in familiärer Atmosphäre. Schön!

© SZ vom 29.12.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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