DEL-Playoffs:Ernstlich veralbert

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„Das war nicht Playoff-like“: Münchens Verteidiger Keith Aulie (rechts), 1,98 Meter groß, im Zweikampf mit Bremerhavens Jordan Owens, 1,83 Meter. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Nach dem 3:4 im ersten Viertelfinalspiel gegen Bremerhaven hadert Münchens Trainer Don Jackson mit den Unparteiischen und mangelnder Präsenz seines Teams.

Von Christian Bernhard, München

In der Münchner Olympia-Eishalle gab es am Mittwochabend wirklich viel zu sehen. Mitten in der heißesten Phase starrten - oder versuchten es zumindest - aber alle nur auf eine Hand. Auf jene von Dominik Kahun. Der Nationalspieler des EHC Red Bull München war bei der überraschenden 3:4-Niederlage nach Verlängerung beim Playoff-Viertelfinal-Auftakt gegen Bremerhaven der quirligste Münchner, zusammen mit seinen Reihenkollegen Frank Mauer, der zweimal traf, und Mads Christensen sorgte der 22-Jährige für die meiste Gefahr auf dem Eis.

Als spät am Abend die Entscheidung fiel, war Kahun aber nicht mehr dabei. Nach einem Stockschlag von Christopher Rumble auf seine rechte Hand war der Angreifer drei Minuten vor Ende der regulären Spielzeit vom Team-Arzt und Physiotherapeuten lange auf der Bank untersucht und mit kühlenden Eispacks versorgt worden, ehe er in der Kabine verschwand. Der EHC teilte am Donnerstag mit, dass Kahuns Einsatz im zweiten Spiel der Best-of-seven-Serie am Freitag in Bremerhaven (19.30 Uhr) fraglich sei und die Entscheidung darüber erst am Spieltag falle. Das lässt zumindest erahnen, dass es sich nicht wie zunächst befürchtet um einen Mittelhandbruch handelt. Für Kahun wäre eine schwerere Verletzung zum aktuellen Zeitpunkt doppelt bitter, denn vor dem Spiel hatte die Nachricht die Runde gemacht, er werde in Kürze einen Zweijahresvertrag bei den Chicago Blackhawks in der NHL unterschreiben.

Münchens Trainer Don Jackson referierte nach Spielschluss lange über die Szene - und verriet, dass selbst so ein erfahrener Mann wie er daraus etwas gelernt habe. Als die Schiedsrichter sich auf der Münchner Bank erkundigten, ob sich Kahun verletzt habe - in diesem Fall hätte Rumble fünf Minuten plus eine Spieldauerstrafe wegen eines Fouls mit Verletzungsfolge bekommen - antwortete der Teamarzt, dass er das ohne eine Röntgenaufnahme nicht feststellen könne. "Er war ehrlich", sagte Jackson. In Zukunft aber werde der Arzt solche Fragen mit: Ja, der Spieler hat sich verletzt, beantworten, erklärte Jackson. "Das mag albern klingen, aber so ist es nun mal." Überhaupt, fand der mit sieben Titeln erfolgreichste DEL-Trainer der Geschichte, solle in solchen Fällen generell eine große Strafe ausgesprochen werde, da mit Fouls dieser Art eine Verletzung des Gegenspielers in Kauf genommen werde.

"Die Strafe gegen Danny aus den Birken war ein kompletter Witz", sagt Jackson

Die Diskussion um Rumbles Stockschlag war die lauteste, aber bei weitem nicht die einzige des Abends. Jackson bezeichnete die Strafe gegen Torhüter Danny aus den Birken, der im Schlussdrittel wegen absichtlichen Verschiebens seines Tores zwei Minuten bekommen hatte, als "kompletten Witz". Die Strafzeit führte zum 2:2-Ausgleich der Bremerhavener durch Rumble (51.). Kurze Zeit später protestierten die Münchner vehement, weil ein Stockschlag gegen Daryl Boyle nicht geahndet worden war. Der Verteidiger sprach von einer "schlimmen Fehlentscheidung", schließlich hätten die Schiedsrichter mit dem Pfiff gegen aus den Birken das Momentum gedreht. "Sie sollten sich das Video anschauen und daraus lernen", forderte der Nationalspieler. Jackson betonte aber auch, dass die Niederlage nicht nur an den Entscheidungen der Schiedsrichter gelegen habe. Bei zwei Gegentoren hätte seine Mannschaft körperlich besser dagegen halten können, erklärte er. "Da haben die Jungs nicht Playoff-like reagiert."

Definitiv in Playoff-Form war Gäste-Torhüter Tomas Pöpperle. Der Tscheche wehrte 45 Schüsse ab und hielt sein Team speziell im äußerst dominanten Münchner Startdrittel im Spiel. "Er war unglaublich und unser Gamewinner Nummer eins", sagte Nicolas B. Jensen, dessen von Florian Kettemer abgefälschter Schuss in der vierten Minute der Verlängerung zur Entscheidung über die Torlinie trudelte. Von Jackson gab es ein indirektes Lob für den Tschechen. Angesprochen auf die vielen starken Paraden Pöpperles sagte der EHC-Coach: "Yeah, aber wir hassen diese Ausrede."

Jackson und seine Spieler waren sich darüber einig, dass die Mannschaft eigentlich ein gutes Spiel abgeliefert und einzig die schlechte Chancenverwertung einen Sieg verhindert hatte. So richtig konnten sie es sich aber auch nicht erklären. Auf die Frage, was nach dem dominanten Beginn und der frühen 2:0-Führung passiert sei, antwortete Boyle: "Ich weiß es nicht. Ich glaube immer noch, dass wir ein solides Spiel gemacht haben." Stürmer Maximilian Kastner kam bei der Frage nach den Gründen für die Niederlage verbal ins Schlittern. "Keine Ahnung", sagte er. Pause. "Ist einfach..." Pause. "Ja, egal." Vor Spiel zwei, das Torhüter David Leggio aufgrund seiner vor zwei Wochen in Bremerhaven erlittenen Gehirnerschütterung ebenfalls verpassen wird, betonte Boyle in bekannter Manier, es sei nur ein Spiel von möglichen sieben gewesen: "Wenn wir weiter so spielen, wird alles gut." Vor zwei Wochen gewannen sie in Bremerhaven 5:1.

© SZ vom 16.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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