Städtischer Haushalt:Schuldenpläne der SPD lösen Widerstand aus

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Mittlerweile geht die Stadt davon aus, dass sie bis 2030 etwa neun Milliarden Euro in neue Schulen - wie das Gymnasium Trudering - stecken muss. (Foto: Angelika Bardehle)
  • Nachdem der Münchner Haushalt in Schieflage geraten ist, hat OB Reiter neue Schulden angekündigt.
  • Das Vorhaben stößt beim Bündnispartner CSU und bei Grünen und FDP auf Kritik.
  • Nun sollen Spargespräche geführt werden.

Von Dominik Hutter

Im Rathaus formiert sich Widerstand gegen Überlegungen der SPD, für die anstehenden Investitionen neue Schulden aufzunehmen. "Ich halte das für zu kurz gesprungen", erklärt Hans Podiuk, der Fraktionschef der mit den Sozialdemokraten verbündeten CSU. Auch ein Privatmann könne nicht einfach zur Bank gehen, um sich alle Wünsche erfüllen zu lassen. Zunächst müsse man Prioritäten setzen und sparen. "Wir müssen uns alles, was die Stadt freiwillig macht, genau anschauen", so Podiuk. Sollte man letztlich doch zu dem Schluss kommen, dass neue Schulden unerlässlich sind, müssten sie zumindest in einer adäquaten Höhe bleiben. "Es darf bei uns nicht in Richtung Griechenland gehen."

Der SPD stehen damit mühsame Gespräche mit dem Bündnispartner bevor. "Ich denke, dass wir an neuen Schulden nicht vorbeikommen", betont Fraktionschef Alexander Reissl. Es stehe ein "steiniger Weg" bevor. Aber wenn die Rathauskoalition auch nur ungefähr das umsetzen wolle, was sie sich vorgenommen hat, sei zusätzliches Geld notwendig. Reissls Strategie für die Verhandlungen mit der kreditunwilligen CSU: "Geduld". Immerhin werde man sicherlich nicht schon 2016 zur Bank laufen müssen, sondern erst danach.

Noch bis 2014 verfolgte die SPD eine Sparpolitik

Bei der Rathaus-Opposition herrscht Erstaunen, wie schnell die Sozialdemokraten den Hebel in Richtung Schuldenaufnahme umlegen wollen. Es ist noch nicht lange her, dass ein Sparpaket nach dem anderen den Stadtrat passierte - sechs waren es insgesamt, bis die frühere rot-grüne Koalition 2014 das sogenannte Haushaltssicherungskonzept auf Eis legte. Wäre dies nicht geschehen, hätten die städtischen Referate noch bis 2018 millionenschwere Einsparungen bei Personal und Sachkosten umsetzen müssen. Aber die Finanzlage galt damals als gut, der Schuldenstand war (wie übrigens auch derzeit noch) auf Talfahrt.

SZ-Grafik (Foto: N/A)

"Es ist vorschnell, jetzt gleich zum Thema Neuverschuldung überzugehen", kritisiert Grünen-Fraktionschef Florian Roth. Zuerst müssten alle von Schwarz-Rot gewünschten Projekte überprüft werden. Erst wenn das Geld für Unverzichtbares nicht mehr ausreiche, seien neue Kredite vertretbar. Offenkundig sei "ein bissl Hektik im Rathaus ausgebrochen". Michael Mattar, der Fraktionschef von FDP, Hut und Piraten, hält die Ankündigung neuer Schulden für ein "völlig falsches Zeichen". Wer gleich zu Beginn einer Debatte so agiere, baue jeden Druck ab, vernünftige Sparvorschläge zu finden. Mattar hält ein solches Vorgehen für "geradezu gefährlich". Es gelte, ein Umdenken zu erreichen.

Die Parteien sind sich uneins, wo gespart werden soll

CSU und SPD wollen sich nächste Woche im Rathaus zu ersten Spargesprächen treffen. Podiuk geht davon aus, dass beide Partner Einschränkungen bei ihren Vorhaben hinnehmen müssen. Für tabu hält der CSU-Politiker den Wohnungsbau und die Investitionen für Schulen. Zudem wolle man in dieser Amtsperiode zumindest den ersten Spatenstich für einen weiteren Tunnel am Mittleren Ring sehen. Außerdem brauche München einen starken Nahverkehr. Das "Allernotwendigste" bei der U-Bahn müsse daher vorangetrieben werden. Allerdings könnten möglicherweise einige Bau- und Sanierungsvorhaben verschoben werden. Podiuk nennt als Beispiele das Stadtmuseum, den Gasteig, das Volkstheater sowie das kostspielige Investitionsprogramm für die Feuerwehr.

Mattar hingegen hält auch die Schulbauoffensive für überprüfenswert. Es gelte, die in München üblichen und oftmals sehr hohen Baustandards kritisch anzuschauen, mahnt der FDP-Politiker. Wenn es gelinge, auch nur zehn Prozent der Kosten einzusparen, komme man angesichts der Größe des Pakets auf rund 900 Millionen Euro. U-Bahn- und Tunnelprojekte hätten in der Spardebatte dagegen keine Priorität. Diese Kosten fielen erst nach 2020 an, "das bringt uns in den nächsten Jahren keine Luft". Auf den Prüfstand müsse aber etwa das 30 Millionen Euro teure Förderprogramm für Elektroautos. Eine solche Subvention sei nicht Aufgabe einer Kommune, sie stamme "aus einer Zeit, in der man gar nicht wusste, wohin mit dem Geld". Und die erst kürzlich im Stadtrat beschlossene Öko-Mustersiedlung in der Prinz-Eugen-Kaserne könne ebenso gut von Privaten finanziert werden. "Ich bin überzeugt, dass es da Nachfrage gibt." Mattar will am Mittwoch in der Vollversammlung des Stadtrats erreichen, dass sämtliche Beschlüsse über neue Projekte in die Phase nach der Spardebatte vertagt werden.

Die Grünen wollen vor allem auf neue Autotunnel verzichten. "Wir haben im Verkehrsbereich andere Prioritäten", sagt Roth. Nachdenken müsse man aber auch über den städtischen Zuschuss für den zweiten S-Bahn-Tunnel, der eigentlich keine gute Lösung sei, sowie über die geplante Innenstadtlinie U 9. Zudem sei das städtische Personalreferat entbehrlich.

© SZ vom 17.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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