Wohnen:Hier baut die Gemeinde

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Odelzhausen gründet ein kommunales Bauunternehmen. Es soll im Neubaugebiet Höfa Nord schon von 2019 an selbst tätig werden und bezahlbaren Wohnraum schaffen. Im Gemeinderat ist die Idee umstritten

Von Horst Kramer, Odelzhausen

Der Gemeinderat von Odelzhausen hat in dieser Woche einen weitreichenden Entschluss gefasst. Zum 1. Januar des kommenden Jahres soll ein kommunales Unternehmen (KU) seine Geschäfte aufnehmen. Sein Name: "KU Bau Odelzhausen". Sein Zweck: Wohnraum schaffen auf Grundstücken, die der Gemeinde gehören.

Ähnlich wie die Gemeinde Haimhausen, die vor zwei Jahren ein Kommunalunternehmen Liegenschaften Haimhausen - Anstalt des öffentlichen Rechts gründete und als erstes Projekt ein Mehrfamilienhaus neben dem Rathaus realisierte. Auch in Odelzhausen gibt es einen aktuellen Anlass: das Neubaugebiet Höfa Nord. Dort verfügt die Kommune über eigenen Grund auf dem sie in Eigenregie bauen will, gleiches wäre auch für die kürzlich beschlossene Ausweisung von Bauland im Ortsteil Ebertshausen möglich.

Bürgermeister Markus Trinkl (parteilos) erläuterte: "Eine der großen künftigen Aufgaben der Gemeinde wird die Schaffung von geeigneten und bezahlbarem Wohnraum für Familien, Bedürftige oder auch für Angestellte der Gemeinde sein." Viele Menschen könnten sich Mietwohnungen auf einem "überhitzten Wohnungsmarkt" gar nicht mehr leisten. Mit einem kommunalen Unternehmen könne man dieser Entwicklung in gewissen Maße gegensteuern, sagt Trinkl, und Wohnungen zu bezahlbaren Preisen anbieten. Unter anderem, weil ein Unternehmen - auch wenn es in kommunaler Hand ist - nicht an die Ausschreibungsrichtlinien der EU für öffentliche Auftraggeber gebunden ist.

Für Bauaufträge liegt der Schwellenwert derzeit bei rund 5,5 Millionen Euro, bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen schon bei 221 000 Euro. Auftragsvolumen, die oberhalb dieser Werte liegen, müssen von öffentlichen Auftraggebern EU-weit ausgeschrieben werden. "Beim Bau unseres neuen Kindergartens in Höfa hatten wir Glück und konnten die Aufträge an Firmen aus der Region geben", erläuterte der Bürgermeister. Im Gegensatz zu den Baumaßnahmen am neuen Schulzentrum. Dort würde es zu Terminverzögerungen kommen, weil nicht alle Unternehmen über kurze Wege verfügten, wie Trinkl andeutete. Die "KU Bau Odelzhausen" wäre jedoch nicht an diese Ausschreibungsrichtlinien gebunden, sie könnte Kriterien für die Vergabe von Aufträgen berücksichtigen, die nicht allein auf dem günstigsten Preis beruhen.

Trinkl nannte einen weiteren Grund, warum ein gemeindeeigener Bauentwickler von Bedeutung ist: "Wir müssen auch an unsere Angestellten denken." Zum Beispiel an Erzieherinnen oder Erzieher für den neuen Kindergarten. "Ohne bezahlbare Mieten kriegen wir niemand hierher", erklärtTrinkl weiter.

Der Plan für ein eigenes Bauunternehmen wurde über Monate im Bau- und Entwicklungsausschuss der Kommune diskutiert. Der Münchner Fachanwalt Gregor J. Schneider hatte eine Satzung für das Unternehmen ausgearbeitet, das Landratsamt hat das Neun-Seiten-Werk schon abgesegnet, berichtete der Rathauschef.

Bei einigen der nicht in diesen Prozess involvierten Ortsvertreter sorgte die Konstruktion indes für Fragen. So zum Beispiel bei Bruni Kiemer (FW), die wissen wollte, ob die "KU Bau" selbständig entscheiden kann, ob und wo sie Grundstücke kauft und Gebäude errichtet.

Trinkl stellte klar: "Das Unternehmen wird ausschließlich auf gemeindlichen Flächen tätig." Als Käufer auf einem ohnehin überteuerten Markt aufzutreten, mache keinen Sinn. Er fügte hinzu: "Nur, wenn der Gemeinderat beschließt, dass auf einem unserer Grundstücke gebaut werden soll, dann wird das Unternehmen tätig. Die Gemeinde kauft Grundstücke und überträgt sie dann auf das Unternehmen." Der Ortssprechers Taxas, Edgar Hiller, störte sich an einer Regelung, nach der sich ein Vorstand ein Darlehen genehmigen lassen kann. Trinkl wiegelte ab: "Gehaltsvorschüsse kann es immer mal geben." Willi Wegele (FW) machte sich Sorgen, dass der Gemeinderat nicht genügend Einfluss auf die Entscheidungen des KU-Bau-Vorstands haben würde; insbesondere, weil der Vorstand über Ausgaben bis zu 100 000 Euro ohne Rücksprache mit dem Gemeinderat entscheiden kann. Finanzfachmann Michael Kiemer (CSU) wies darauf hin, dass derlei Bestimmungen im Geschäftsleben absolut üblich seien. Roderich Zauscher (BGO) betonte: "Die Kontrolle liegt immer bei der Gemeinde."

Tatsächlich wird der Vorstand der "KU Bau Odelzhausen" von einem vierköpfigen Verwaltungsbeirat überwacht, unter dem Vorsitz des Bürgermeisters, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft soll die Bücher prüfen. Über die Zusammensetzung des Beirats gab es einige Diskussionen. Trinkl hatte als Mitglieder seine Stellvertreter Hans Heitmair (CSU) und Wolfgang Steininger (FW) sowie das Bauausschussmitglied Ursula Kohn (BGO) und den SPD-Vertreter Klaus Rößle vorgeschlagen: "So ist jede Fraktion vertreten." Johanna Winkler (FW) brachte Bruni Kiemer als zusätzliche Beirätin ins Spiel, eine Bauingenieurin mit mehr als zwanzig Jahren Berufserfahrung. "Sie hat wohl die meiste Erfahrung in der Baubranche im gesamten Gemeinderat", hob Winkler hervor.

Trinkl ließ über seinen Vorschlag abstimmen. Alle Ratsmitglieder bis auf Winkler stimmten schließlich mit "Ja", auch Kiemer. Kiemer und Winkler stimmten grundsätzlich gegen die Gründung der "BU Bau Odelzhausen", der Rest dafür. Das Unternehmen wird mit einem Grundkapital von 100 000 Euro ausgestattet. Eine Ausschreibung für die Besetzung des Vorstands soll zeitnah erfolgen. Der Verwaltungsbeirat soll bis zur Kommunalwahl im Frühjahr 2020 im Amt bleiben und danach neu besetzt werden. Ob bis dahin schon ein Bauvorhaben abgeschlossen ist, hält allerdings auch Trinkl für fraglich.

© SZ vom 06.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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