Wirtschaft:Stadt im Zugzwang

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Firmen drohen mit Wegzug, weil sie sich nicht vergrößern können: Dachau will ein neues Gewerbegebiet ausweisen.

Die Stellungnahme von Grünen-Stadtrat Thomas Kreß glich eher einem erbosten Zwischenruf: "Hier wird mit einer Salamitaktik gearbeitet." Er und Fraktionskollegin Luise Krispenz waren die einzigen im Bauausschuss, die sich gegen die Pläne eines neuen Gewerbegebiets auf 8,5 Hektar in Dachau-Ost ausgesprochen haben. Das fragliche Gelände liegt zwischen der Alten-Römer-Straße, der Siemensstraße, welche in das dort bestehende Gewerbegebiet führt, der Kopernikusstraße und der Schleißheimer Straße. Das Areal ist im aktuellen Flächennutzungsplan, der die künftige städtische Entwicklung festlegt, bereits als Gewerbegebiet dargestellt. Von der Schleißheimer Straße Richtung Osten zum Kreisverkehr ist es durch einen Grünstreifen abgetrennt. Bekanntlich wollte OBI in diese Zone hinein ein neues Kaufhaus errichten, was der Stadtrat nahezu geschlossen ablehnte.

Warum aber sind Kreß und Krispenz dagegen? Am Tag nach der langen Bauausschusssitzung am Dienstag, präzisiert der Grünen-Stadtrat seine Bedenken. Ursprünglich sei der gesamte Stadtrat damit einverstanden gewesen, dass die Flächen für eventuelle zusätzliche Gewerbegebiete in einer Diskussion mit offenem Ausgang erörtert würden. Erst danach sollte eine Entscheidung darüber fallen, ob und wo gebaut werden darf. Kreß: "Aber die CSU hat sich durchgesetzt." Deshalb ist die geplante Bürgerbeteiligung für dieses Gebiet - der erste Termin ist für Dienstag, 21. Juli, anberaumt - aus seiner Sicht eine Art Alibi-Veranstaltung. "Da findet doch nur eine Information darüber statt, was geschehen soll", sagt Kreß hörbar frustriert. Das Bündnis für Dachau stimmte für das neue Gewerbegebiet. Man will, wie Bürgermeister Kai Kühnel sagt, damit den Druck auf das Seeber-Gelände und den Grünzug wegnehmen.

Der städtische Kämmerer Thomas Ernst versteht zwar, dass man bei diesem Gebiet "unterschiedlicher Meinung" sein kann. Er sagt aber auch: "Der Beschluss am Dienstag ist nicht vom Himmel gefallen." Bereits der Finanzausschuss habe beschlossen, dort Gewerbe unterbringen zu wollen. Danach sollte ein entsprechende Entscheidung über einen Bebauungsplan fallen. Diese sei aber vertagt worden, weil der Stadtrat der Ansicht war, dass die dortigen Bürger mitberaten sollten. Wenn das Gewerbegebiet kommt, dann ist mit einem höheren Verkehrsaufkommen zu rechnen, von dem auch die Bürger auf der westlichen Seite der Alten-Römer-Straße beeinträchtigt wären. Deshalb sagt Kämmerer Ernst, dass eine neue umfassende Verkehrsplanung nötig werde, die auch die Schleißheimer Straße als eine Art Dachauer Hauptverkehrsachse zu den Autobahnen berühre.

Nun würde man denken, dass bei solchen Fragen eher das städtische Bauamt zuständig wäre. Das aber verwies auf den Kämmerer, weil es in diesem Fall vornehmlich um wirtschaftspolitische Weichenstellungen geht. Dachau hat bekanntlich nur noch wenige Gewerbeflächen. Das Seeber-Gelände in Augustenfeld ist in privater Hand. Kämmer Ernst sagt: "Da geht nicht richtig was weiter." Seit einiger Zeit üben Unternehmen in Dachau anscheinend enormen Druck auf die Stadt aus. Sie wollen erweitern. Wenn ihnen nichts angeboten wird, würden die Gedanken verstärkt "wegzuziehen", befürchtet Ernst.

Das erweiterte Gewerbegebiet rückt nun nah an die Schleißheimer Straße heran - bis zum Grünstreifen entlang der Straße, der erhalten bleiben soll. Das war eine Sorge des Bürgerinitiative in ihrer großen Sorge um den Grünzug, für dessen Erhaltung sie seit Jahren kämpft. Das Areal südlich der Schleißheimer Straße ist vom geplanten TSV-Umzug, immer wieder aufkeimenden Plänen für Gewerbestandorte der Stadt Dachau und der angrenzenden Gemeinde Karlsfeld bedroht. Für einen Teil des Areals, das als Bürgerpark genutzt werden könnte, liegt beim Landratsamt ein Antrag der Stadt auf Ausweisung eines Landschaftsschutzgebiets vor. Der Erfolg ist allerdings fraglich: Die Behörde machte bereits deutlich, dass die notwendigen Voraussetzungen dafür nicht gegeben seien. Die Bürgerbeteiligung findet am Dienstag, 21. Juli, 18.30 Uhr, im Hotel Tulip Inn Alp Style in Dachau-Ost statt. Ein Punkt ist die "Sicherung bestehender und die Schaffung neuer Arbeitsplätze".

© SZ vom 25.06.2015 / we/hz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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