Wie Kommunen für sich werben:"Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte"

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Während die Präsentation des Landkreises Dachau in einem sechsminütigen Imagefilm gerade Premiere feiert, lehnen Kreisstadt und Karlsfeld derartige Produktionen ab. Bewegte Bilder liegen zwar im Trend, sind aber zu teuer

Von Jacqueline Lang, Dachau

Bewegte Bilder liegen im Trend. Nicht nur Firmen, auch immer mehr Kommunen investieren deshalb seit ein paar Jahren in qualitativ hochwertig produzierte Imagefilme, um für sich Werbung zu machen. Erst vor einer Woche hat der neue Film des Landkreises Dachau auf der Familienmesse seine Premiere gefeiert und auch das Kulturamt der Stadt Dachau würde sich solch einen Film wünschen. Ein Antrag für einen "touristischen Clip" war allerdings vom Kulturausschuss Mitte Oktober mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Der Grund für die Entscheidung: Die Produktion eines solchen Imagefilms hätte Schätzungen zufolge zwischen 20 000 und 25 000 Euro gekostet. Zu viel für einen bereits überstrapazierten Haushalt, findet Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD), der wie ein Großteil der Stadträte gegen den Antrag gestimmt hat. Natürlich sei solch ein Film grundsätzlich eine gute Idee, erklärt Hartmann, aber eben "nicht überlebensnotwendig". Eine kostengünstigere Produktion hält der Oberbürgermeister deshalb trotz seiner grundsätzlichen Befürwortung nicht für eine Alternative. Einige solcher vergleichsweise billig produzierten Filme gebe es ja bereits. Wenn man sich deshalb jetzt entscheide, Geld für einen Film auszugeben, dann müsse man entweder in Qualität investieren oder das Projekt eben auf einen späteren Zeitpunkt verschieben, so Hartmann.

Eine Gruppe, die im Imagefilm die KZ-Gedenkstätte betritt, zeigt die Vielseitigkeit und das bewegte Leben in Dachau und Umgebung. Screenshot: Niels P. Jørgensen (Foto: N/A)

Verstehen kann diese Entscheidung auch Kulturamtsleiter Tobias Schneider. Bei der aktuellen Haushaltslage sei es nachvollziehbar, dass sein Antrag abgelehnt worden sei. "Davon geht die Welt nicht unter", sagt Schneider. Sicherlich wäre ein solcher Film schön gewesen für den Auftritt der Stadt Dachau in den sozialen Medien, sowie zur Vorführung auf Messen, aber das Projekt sei ja grundsätzlich abgelehnt, sondern eben nur zurückgestellt worden. Bis dafür Geld zur Verfügung stehe, werde man sich mit kurzen, weniger aufwendig produzierten Clips behelfen. Diese könne man dann auch mit relativ wenig Aufwand produzieren, sagt Schneider. Denn eines sei klar: Ganz ohne bewegte Bilder gehe es in der heutigen Zeit nicht mehr.

Was die Qualität eines richtigen Imagefilms anbelangt, sieht Schneider es allerdings ähnlich wie der Oberbürgermeister: In den vergangenen 15 Jahren hätten sich die Sehgewohnheiten immer schneller verändert, alles werde schnelllebiger. Deshalb sei es umso wichtiger, ein Projekt nur dann umzusetzen, wenn es qualitativ so hochwertig sei, dass sichergestellt werden könne, dass es auch noch in etwa fünf bis zehn Jahren einigermaßen aktuell sei. Schneider wirbt deshalb auch für einen drei- bis fünfminütigen touristischen Imagefilm, kein allumfassendes Stadtporträt. Es müsse ein Film sein, der in erster Linie für Touristen gemacht sei, nicht einer, der Firmen nach Dachau locke, die sich hier ansiedeln möchten.

Menschen wie das junge Mädchen präsentieren den Skaterpark in Markt Indersdorf. Screenshot: Niels P. Jørgensen (Foto: N/A)

Im März diesen Jahres war das neben den enormen Kosten eines der Hauptargumente gegen einen Imagefilm für die Gemeinde Karlsfeld gewesen. Freie Gewerbeflächen gebe es in Karlsfeld nicht. Im Gegenteil: Die Firmen, die da seien, würden gern expandieren, könnten aber nicht, weil der Platz fehle, argumentierte Wirtschaftsförderer Peter Freis damals. Einwohner hätte die Gemeinde schon jetzt mehr als genug und auch ohne explizite Werbung würden es mehr werden, so Freis. Adrian Heim vom Bündnis für Karlsfeld war zudem der Meinung, dass man sich solch einen Film nur einmal anschaue und danach nie wieder. Holger Linde (CSU), der für einen Imagefilm war, betonte indes, man wolle das "Wir-Gefühl stärken". Die Gemeindeverwaltung sollte deshalb prüfen, ob ein solcher Film möglicherweise auch kostengünstiger zu haben sein könnte, etwa in Kooperation mit einer Hochschule. Die Ergebnisse dieser Prüfung und mögliche Angebote würden in der Sitzung des Hauptausschusses an diesem Dienstag vorgestellt, teilte Bürgermeister Stefan Kolbe auf Nachfrage mit. Ganz vom Tisch ist ein Imagefilm für die Gemeinde Karlsfeld daher noch nicht.

Wie das aussehen könnte, diese visuelle Darstellung eines Wir-Gefühls, hat das Dachauer Landratsamt vorgemacht: Eine Drohne fliegt über das Dachauer Land, zu sehen sind in dem sechsminütigen Clip unter anderem die Basilika auf dem Petersberg, das Dachauer Volksfest, der Biergarten der Schlosswirtschaft Mariabrunn. Der Film, der den Titel trägt "Wir sind das bewegte Leben", soll "das Besondere des Landkreises abseits allgemein bekannter Klischees einfangen", heißt es zur Erklärung in der Projektbeschreibung. Dazu gehören aus Sicht der Auftraggeber, dem Landratsamt und gemeinsam mit dem Verein Dachau Agil, vor allem die Menschen, die im Landkreis leben. Zwischen den Landschaftsfrequenzen sind deshalb immer wieder Gesichter zu sehen: von Fußballtrainern, Feuerwehrmännern, Trachtlern, Künstlern, Dachauern eben.

Impressionen aus dem neuen Imagefilm des Landkreises: Eine Luftaufnahme wie aus einem Bilderbuch. Screenshot: Niels P. Jørgensen (Foto: N/A)

Statt einem Kommentar aus dem Off oder einem Grußwort von Landrat Stefan Löwl gibt es lediglich einige Fakten: Wie viele Einwohner es im Landkreis gibt, wie viele Vereine, Schlösser und Freibäder. Alle Zahlen werden stichpunktartig eingeblendet. Landratsamtssprecher Wolfgang Reichelt gibt zu, dass einige dieser Zahlen schon in ein paar Jahren überholt sein könnten. Man habe trotzdem versucht, bei der Ausschreibung für das Konzept des Films darauf zu achten, dass etwas Zeitloses entstehe. "An der Schönheit unseres Landkreises wird sich ja wahrscheinlich so schnell nichts ändern", davon ist Reichelt überzeugt. Die rund 30 000 Euro, die der Film gekostet habe, seien deshalb natürlich viel Geld, aber für die Repräsentation nach außen ihr Geld wert, wenn das Ergebnis stimme - und das tue es. Man sei sehr zufrieden mit dem Ergebnis, sagt er. "Ein Bild sagt mehr als tausend Worte."

Dass es ganz so einfach doch nicht ist, zeigt ein anderes Beispiel: Den ebenfalls in diesem Jahr erschienenen Film "Dachauer Liad" von der Dahoam in Dachau GmbH, der sich sogar beim diesjährigen Imagefilmwettbewerb der Metropolregion München beworben hatte. Vielen Dachauern gefiel der Film, weil er ein gleichermaßen traditionelles und modernes Dachau zeigt. Andere indes fanden die Art, wie die Zeitgeschichtsarbeit rund um das ehemalige Konzentrationslager in dem Film eingebettet ist, mehr als unglücklich. Trotz aktueller Aufnahmen kommt der dreiminütige Clip deshalb für die Stadt nicht als offizieller Imagefilm in Frage - und so muss Dachau bis auf weiteres ohne auskommen.

© SZ vom 04.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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